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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Frühlingsluft.
    Mit einem zurückhaltenden Schmunzeln erwiderte Catherine den Gruß ihres Vaters, der wie die anderen Earls, Herzöge und Barone inzwischen am oberen Ende der langen Tafel Platz genommen hatte, während sie selbst – gemeinsam mit den anderen Hofdamen und geringeren Adeligen – näher an der Flügeltür saß. Diese öffnete sich und eine wahre Heerschar von Bediensteten schwebte herein, um die langen, auf Hochglanz polierten Tische mit allerlei Köstlichkeiten zu überladen, sodass diese sich unter der Last zu biegen schienen. Fette Kapaune wechselten sich mit zarter, in Honig-Feigensoße gebackener Fasanenbrust ab, die durch Hirschkeulen, Wildschweinbraten, Hasenrücken und eine wahre Flut an Beilagen ergänzt wurde. So weit das Auge reichte, reihten sich Schüsseln, Schalen und Platten aneinander, auf denen sich die raffiniertesten Gerichte türmten. Knusprig gebratener Thunfisch wetteiferte mit Garnelen, Tintenfisch und Süßwasserkarpfen um die Aufmerksamkeit der Männer und Frauen, die sich unter Austausch von Höflichkeiten über das Mahl hermachten. Hungrig angelte Catherine sich einen der handtellergroßen, in Olivenöl ausgebackenen Fladen, den sie mit einem kleinen Stückchen Hasenbraten füllte, bevor sie einen Bissen zum Mund führte. Dann nickte sie dem frischgesichtigen Pagen zu, der ihren Trinkkelch mit wunderbar saurem Cidre füllte, und konzentrierte sich auf das Schauspiel des königlichen Balztanzes am Kopfende der Halle.
    »Sie ist unglaublich schön«, raunte ihr eine der älteren Hofdamen ins Ohr und unwillkürlich beugte sich Catherine ein wenig zurück, um dem unangenehmen Mundgeruch ihrer Nachbarin zu entgehen. Seit sie in Barcelona an Bord gegangen waren, hatten einige der Edeldamen die tägliche Körperpflege vernachlässigt, was sich nun in stumpfen Zähnen und schwarzen Rändern unter den zu langen Fingernägeln manifestierte. Um dieser Gefahr zu entgehen, hatte Catherine seit ihrem Aufbruch noch gewissenhafter als sonst darauf geachtet, die wundervollen, dunkelblonden Locken täglich zu bürsten und mit dem heißen Eisen in Form zu bringen und vor dem Zubettgehen den Mund mit einer Essenz aus Essig und Minze zu spülen. Zwar hatte Aliénor kurz auf der größten der Baleareninseln Anker werfen lassen. Doch nur wenige der weiblichen Reisenden hatten die Gelegenheit genutzt, an Land zu gehen und sich auf einem der vielen kleinen Märkte mit Kräutern oder Schönheitsmitteln einzudecken. Obgleich Catherines bescheidene Mittel nur für einige Stücke Seife und einen Kohlestift ausgereicht hatten, erstrahlten sie und ihre Herrin bei der Ankunft in Messina dank dem Erwerb dieser Kleinigkeiten doch in größtmöglicher Schönheit. Mit einem höflichen Lächeln auf den Lippen nickte sie zustimmend und ließ den Blick zurück zu Berengaria von Navarra schweifen, die mit einem klingenden Lachen den Kopf in den Nacken warf, und ihrem zukünftigen Gemahl einen bezaubernden Augenaufschlag schenkte.
    Bald schon ermüdete sie das gekünstelte Schauspiel, und sie suchte zum wiederholten Mal den Raum nach Harold of Huntingdon ab. Zwar war sein Herr, der widerliche Earl of Essex, zugegen. Aber von Harold fehlte jede Spur. Die Freude, die Catherine beim Anblick ihres Vaters erfüllt hatte, verwandelte sich langsam, aber sicher in bittere Enttäuschung, da sie dem Augenblick des Wiedersehens mit Harold während der gesamten Überfahrt entgegengefiebert hatte. Unbewusst strich sie sich mit der Hand über die sorgsam gelegten Locken und nagte an der Unterlippe. Immer wieder hatte sie sich die Worte zurechtgelegt, mit denen sie ihn begrüßen und gleichzeitig unverfänglich ermutigen wollte, ihr den Hof zu machen; hatte kokette Augenaufschläge und Knickse vor dem Spiegel ihrer Herrin geübt. Aber wie es aussah, war diese Mühe vergebens gewesen. Warum bediente ein anderer junger Mann den Earl of Essex? Ein Stich der Furcht fuhr ihr ins Mark. Was, wenn ihm etwas zugestoßen war? Entgegen aller Abscheu, die sie Harolds Dienstherrn gegenüber empfand, suchte sie das harte Gesicht des Earls nach Zeichen ab, die ihre Ängste bestätigten. Doch sobald dieser ihr den Blick zuwandte, senkte sie hastig den Kopf. Mit einem Mal appetitlos stocherte sie in dem aufgeweichten Brot herum, das allmählich in der Bratensoße zerfiel.

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    Während sich die zum Brautschmaus geladenen Gäste in Richards Palast amüsierten, traten Philipp von Frankreich in einem bescheidenen Stadthaus nahe dem Hafen von

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