Schwerter und Rosen
gedrückt wurde, während über ihnen Männer Befehle brüllten und Ruder aus den Halterungen rissen. Wie ein Spielball der Elemente tanzte die Nussschale auf den gischtweißen Kämmen. Und im selben Augenblick, in dem ein Krachen das Blut in Catherines Adern gefrieren ließ, tauchten die Seeleute die Blätter in das tosende Wasser und ruderten sich die Seele aus dem Leib. Entgegen dem Befehl schob das junge Mädchen neugierig den Kopf über den Rand der Jolle. Doch was sie erblickte, als einer der gewaltigen Brecher den Blick auf das offene Meer freigab, ließ sie mit einem erstickten Schrei zurück unter die Bank gleiten.
Bereits weit hinter ihnen, versank das schlanke Schiff, auf dem sie die Reise angetreten hatten, mit unglaublicher Geschwindigkeit in den gurgelnden Fluten. Da nicht alle Männer die Flucht in die Boote geschafft hatten, versuchten sich die Übriggebliebenen mit einem todesmutigen Sprung in die Tiefe zu retten. Aber nachdem die meisten von ihnen nicht die Geistesgegenwart besessen hatten, die schweren Rüstungen abzulegen, zog sie das Eisen erbarmungslos in die Tiefe. » Madre de Dios «, hauchte Berengaria und vergrub das Gesicht in den Händen, um den Gräueln, die um das winzige Schiffchen herum tobten, nicht ins Gesicht blicken zu müssen. Nachdem sie ein weiteres Mal den Kopf gehoben hatte, nur um ihn sofort wieder schutzsuchend in ihrem Schoß zu vergraben, tat Catherine es ihr gleich und betete. Nach einem scheinbar endlosen Kampf mit den wütenden Elementen ließ das wilde Schaukeln schließlich nach. Und bevor Catherine verstand, dass sie in Sicherheit waren, wurde die Jolle bereits von mehreren Dutzend Händen an den Strand gezogen. Gerade wollte sie erleichtert den Fuß auf den aufgeweichten Sand setzen, als sie eine herrische Stimme zusammenfahren ließ. »Werft die Waffen nieder! Ihr seid unsere Gefangenen!«
Vor den Stadttoren Akkons, Ende April 1191
» Uns wird in alten Erzählungen viel Wunderbares berichtet: Von berühmten Helden, großer Mühsal, von glücklichen Tagen und Festen, von Tränen und Klagen und vom Kampf tapferer Männer könnt ihr jetzt Erstaunliches erfahren.
Es wuchs im Burgundenland ein junges Edelfräulein heran, so schön wie keine andere auf der Welt. Kriemhild hieß sie. Später wurde sie eine schöne Frau, um derentwillen viele Krieger ihr Leben verlieren sollten.«
Während Ansbert die ersten Seiten des Epos, die Arnfried von Hilgartsberg ihm nach langem Drängen überlassen hatte, überflog, bewegten sich seine Lippen synchron zu der Lektüre, die seine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Der schlanke Körper des blonden Chronisten schien der Spannung der Erzählung zu folgen, da er sich – jedes Mal, wenn Ansbert einen neuen Abschnitt erreichte – noch weiter über das Werk beugte, als wolle er in die sich sofort dramatisch zuspitzende Handlung eintauchen. Verkrampft umklammerten seine Finger die scharfkantigen Ränder des hauchdünnen Ziegenleders, und sein nervös auf den Boden tippender Fuß schien den eleganten Versen einen spürbaren Rhythmus geben zu wollen. »Es ist wundervoll«, sagte er schließlich, als er das Pergament mit tränenfeuchten Augen in den Schoß sinken ließ und den an einem kraftraubenden Fieber erkrankten Arnfried anblickte, der trotz seiner Schwäche vor Freude errötete. »Findet Ihr?«, fragte dieser bescheiden und setzte sich mühsam auf der schmalen Pritsche auf. Sein ausgemergeltes Gesicht glühte vor Stolz, und in den fieberglänzenden Augen lag kaum verhohlener Schöpfungsdrang. »Ja.« Ansbert nickte. »Ich nehme alles zurück, was ich jemals über deutsche Dichtung gesagt habe«, gab er beschämt zu, da die Schönheit und Brillanz der Sprache des jungen Ritters der lateinischen Literatur in nichts nachstanden.
»Ich habe ihm auch schon gesagt, dass er nicht so bescheiden sein soll«, dröhnte Fulko von Filnek, der sich mit einer Schüssel Suppe in gebückter Haltung durch den Eingang zwängte. Die stämmige Gestalt des Ritters wirkte von der flimmernden Hitze niedergedrückt. Auch die ansonsten tiefe, sonore Stimme schien an Umfang verloren zu haben und zu einem kratzigen Abbild ihrer selbst verblasst. Das dünne Haar klebte halbmondartig in seiner hohen Stirn, die an diesem Tag von Ungeduld und Unwillen zerfurcht war. Wie Fulko waren auch Ansbert und Arnfried von Hilgartsberg in die Nähe des stinkenden, unter der erbarmungslosen Sonne backenden Lazarettzeltes umgesiedelt worden, um Platz
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