Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
Vom Netzwerk:
roh gezimmerten Bänke fallen und winkten den eifrigen Wirt herbei. »Mylords«, begrüßte dieser sie mit einer tiefen Verbeugung. »Einen Krug Met auf den neuen König?« Harold riss die Augen auf. »Den neuen König?«, fragte er verwirrt. »Ach, die hohen Herren wollen mich auf den Arm nehmen«, gluckste der Mann, in dessen rosigem Gesicht eine dicke Säufernase prangte. »Ihr wollt mich wohl glauben machen, dass Ihr nicht wisst, dass unser neuer König, Richard Löwenherz, jeden Tag in London erwartet wird.« Er lächelte schlau – das Schweigen der Gäste als Zustimmung deutend.
    »Kann ich Euch etwas Lammeintopf auftragen?«, fragte er schließlich an Guy gewandt, dessen Gesicht nicht ganz so verdattert wirkte, wie das seines jungen Begleiters. Die Nachricht vom Tod des alten Plantagenet hatte die entlegeneren Winkel des Königreiches noch nicht erreicht. »Ja, seid so gut.« Guy nickte versonnen und warf Harold, der sich mit der Linken die Stirn rieb, einen fragenden Blick zu. »Nein«, antwortete dieser, ohne dass der andere die Frage aussprechen musste, nachdem sich der Rücken des Gastwirtes entfernt hatte. »Der Brief ist an König Henry adressiert.« Mit zitternden Fingern kramte er das kostbare Schriftstück hervor und betrachtete es einen Augenblick lang fassungslos. »Es scheint, als hätte mein Vater auf das falsche Pferd gesetzt.«
     
     
    London, White Tower, August 1189
     
    Die süßen Töne der Laute verhallten im andächtigen Schweigen der im Kreis um den Barden versammelten Zuhörer. Der schlanke junge Mann, dessen langes, dunkelbraunes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengenommen war, hatte während des Vortragens die Augen geschlossen, die er jetzt langsam wieder öffnete, um in die Runde zu blicken. »Das war wunderbar, Blondel«, seufzte eine blasse Dame, auf deren Schoß ein rotwangiges Kleinkind eingeschlummert war. »Wie findet Ihr nur all die traurigen Melodien?« Sie hob die sanften braunen Augen zu dem Barden, der sich daraufhin galant vor ihr verneigte und ihr ein scheues Lächeln schenkte. »Lady Alys«, hub er mit einer weichen Tenorstimme an. »Nichts entzückt mich mehr, als Euch Freude bereiten zu können.« Ein leises Kichern ging durch die Reihen der Hofdamen, und so mancher Page, der für das leibliche Wohl der Königin und ihrer Begleiterinnen sorgte, musste sich ein Grinsen verkneifen. Zu viele Gerüchte rankten sich um den hübschen Sänger, der in der Vergangenheit selten von Prinz Richards Seite gewichen war, wenn dieser mal wieder den Drang verspürt hatte, sich unter das Volk zu mischen.
    »Genug!« Energisch klatschte Aliénor von Aquitanien in ihrem steiflehnigen Stuhl in die Hände und fügte etwas sanfter hinzu: »Ich danke Euch, Blondel. Ihr dürft Euch zurückziehen.« Gönnerhaft hielt sie ihm die übermäßig beringte Hand hin, auf die er einen kaum spürbaren Kuss hauchte, bevor er sich mit einem Lächeln auf den Lippen von den Damen verabschiedete. »Jetzt!« Schmerzhaft bohrte sich Sophies Ellenbogen in Catherines eng geschnürte Seite, sodass diese einen Augenblick nach Luft rang. »Los, sag es ihr!« Die grauen Augen des schlanken Mädchens funkelten vor Ungeduld, und Catherine blickte die Freundin angsterfüllt an – das Herz vor Aufregung bis zum Halse hämmernd. Nachdem sie einen Augenblick gewartet hatte, bis sich ihr Herzschlag beruhigte, nahm sie jedoch allen Mut zusammen, erhob sich von dem dick gepolsterten Hocker, auf dem sie gesessen hatte, und trat zögernd vor die Königin, vor der sie in einen tiefen Knicks sank. »Majestät.« Demütig schlug sie die Augen nieder, nicht sicher, wie sie den Vorfall, der sie immer noch zutiefst beschämte, so schildern konnte, dass die anderen Damen ihr nicht die Schuld geben würden. Wenn doch nur ihre Mutter hier wäre! Doch diese war auf Burg Sarum in Salisbury zurückgeblieben, um noch einige Dinge für die Königin zu regeln. »Steh auf, Kind.« Aliénor lächelte ihr ermunternd zu – die schönen, geschwungenen Brauen fragend in die Höhe gezogen. Ihr dichtes, lockiges Haar hatte trotz ihres hohen Alters immer noch die Farbe von Honig, und ihre Züge ließen erahnen, was für eine außergewöhnliche Schönheit sie in ihrer Jugend gewesen sein musste.
    »Was bedrückt dich?«, fragte sie und nickte geistesabwesend einem Pagen zu, der ihr den leeren Kelch abnahm, um ihn erneut mit dem schweren, süßen Rotwein zu füllen, den die Damen dem etwas derberen Met vorzogen. »Majestät«, begann Catherine

Weitere Kostenlose Bücher