Schwerter-Zylus 03 - Schwerter im Nebel
ungewöhnlich mutigen Mann, der stets den Rat seines ränkeschmiedenden Onkels befolgt – so sklavisch, wie angeblich die Leute auf die ausgelegten Waren der Gierigen reagieren ... Holt euch den! Was mich angeht ... nein!«
»Dann verschwinde, du Feigling!« erwiderte Sheelba düster.
Ningauble seufzte nur und sagte entschuldigend: »Es war vorgesehen, daß du einen Begleiter haben solltest, einen Kameraden im Krieg gegen das Böse – den Grauen Mausling. Aber leider ist er zu seiner Verabredung mit meinem Kollegen zu früh erschienen und hat sich in den Laden der Gierigen locken lassen und steckt jetzt sicher schon bis zum Hals in ihrer Falle, wenn es nicht schon zu spät ist. Du siehst also, daß uns dein Wohlergehen nicht gleichgültig ist und daß wir dich nicht allein belasten wollten. Wenn du jedoch immer noch fest entschlossen bist, mein lieber Sohn ...«
Fafhrd stieß eine Laut aus, der Ningaubles Seufzer in nichts nachstand. »Na gut«, sagte er mürrisch und nahm die Niederlage hin. »Ich tu's. Irgend jemand muß den kleinen grauen Narren aus dem leuchtenden Feuer – oder glitzernden Wasser ziehen, das ihn angelockt hat. Aber wie stelle ich das an?« Er hielt Ningauble den Finger unter die Nase. »Und nenn mich nicht wieder deinen lieben Sohn!«
Ningauble schwieg. Dann sagte er nur: »Benutze deinen Menschenverstand.«
Sheelba bemerkte: »Nimm dich vor der Schwarzen Wand in acht.«
Ningauble sagte zu Fafhrd: »Moment, ich habe ein Geschenk für dich«, und hielt ihm ein zerfetztes, etwa ein Meter langes Stoffband hin, das im Tuch seines langen Ärmels eingeklemmt war, so daß die Hand, die die Gabe hielt, nicht zu sehen war. Fafhrd nahm den Fetzen, knüllte ihn zusammen und steckte ihn in seinen Beutel.
»Behandle ihn gut«, sagte Ningauble warnend. »Das ist der Mantel der Unsichtbarkeit, der bei bestimmten Zaubereien getragen wird. Du darfst ihn erst dicht vor dem Basar der Gierigen anlegen. Er hat zwei kleine Schwächen: Er macht dich nicht völlig unsichtbar, wenn du es mit einem Meisterzauberer zu tun bekommst, der deine Gegenwart spürt und gewisse Maßnahmen ergreift. Auch solltest du darauf achten, daß du nicht blutest, während du den Mantel trägst, denn er läßt das Blut sichtbar werden ...«
»Ich habe auch ein Geschenk«, sagte Sheelba und zog aus seiner schwarzen Kapuzenöffnung ein Gebilde, das in der Dunkelheit bleichlich schimmerte wie ...
Wie ein Spinngewebe.
Sheelba bewegte es, als wollte er eine Spinne herausschütteln.
»Die Binde aller Realität«, sagte er und streckte Fafhrd seine Gabe entgegen. »Sie zeigt dir die Dinge, wie sie wirklich sind. Du darfst sie erst anlegen, wenn du den Basar betrittst. Auf keinen Fall, wenn dir dein Leben lieb ist, darfst du sie gleich vors Auge heben!«
Fafhrd nahm das Gebilde vorsichtig entgegen, und ein Schauder lief ihm über den Rücken. Er war durchaus gewillt, die Weisungen des schweigsamen Zauberers zu befolgen. Im Augenblick hatte er wirklich wenig Lust festzustellen, wie Sheelba der Augenlose wirklich aussah.
Inzwischen las der Graue Mausling in dem interessanten Buch des ganzen Haufens – in einer Zusammenfassung verborgenen Wissens, verfaßt in einer Schrift aus astrologischen und geomantischen Zeichen, deren Bedeutung ihm förmlich entgegensprang.
Um seine Augen ein wenig auszuruhen – und um das Buch nicht zu schnell zu lesen –, starrte er durch ein neunfach gewundenes Sehrohr auf eine Szene, die eigentlich nur den höchsten Himmel des Universums darstellen konnte, einen Himmel, in dem Engel schimmernd wie Fliegen herumhuschten und in dem sich einige wenige auserwählte Helden von ihrem großen Aufstieg ausruhten und kritisch auf die ameisenhafte Geschäftigkeit der Götter unter ihnen hinabschauten.
Um sich nun wiederum davon zu erholen, warf er einen Blick auf den scharlachroten Käfig, in dem das schönste, schlankste, dunkeläugigste Mädchen von allen saß.
Sie hockte dort auf den Fersen, und ihr Oberkörper war ein wenig zurückgeneigt. Sie trug eine rote Samttunika und hatte einen goldenen Haarschopf, der dicht und schmiegsam über ihr Gesicht fiel und es bis zu den geschürzten Lippen bedeckte. Mit den schlanken Fingern einer Hand teilte sie den seidig goldenen Vorhang und starrte spielerisch den Mausling an, während die Finger der anderen Hand in langsamem, gewichtigem Rhythmus ein paar goldene Kastagnetten bewegten, die dann und wann jedoch in ein plötzliches Stakkato ausbrachen.
Der Mausling
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