Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar
Augenblick erschienen vier behelmte und gepanzerte Ratten in zwei Felsentorbogen. Der Mausling schwenkte sein blutiges Schwert und den schimmernden Dolch und hastete durch einen leeren Durchgang, sprintete mit twitterndem Schrei durch den breiten Hauptgang zu dem marmornen Torbogen, den er vorhin bemerkt hatte, und die weiße Treppe hinab.
Die übliche Nische auf halber Höhe der Treppe enthielt diesmal nur drei Abteile, die jeweils mit einer silberbeschlagenen Elfenbeintür verschlossen waren. In der mittleren Kabine verschwand eben eine Ratte mit weißen Stiefeln und einem gewaltigen weißen Kapuzenmantel. In der weißbehandschuhten Rechten trug sie einen Elfenbeinstab mit einem großen Saphir an der Spitze.
Ohne zu zögern, hastete der Mausling hinter der Ratte her. Er stieß sie in die Kabine und verschloß mit fliegenden Fingern die Elfenbeintür hinter sich.
Das Opfer des Mauslings erholte sich schnell, richtete sich unwillig auf, fuchtelte mit seinem Stab herum und fragte durch seine diamantenbesetzte weiße Maske: »Wer wagt es, Ratsherrn Grig des Inneren Kreises der Dreizehn zu stören, Mißgeburt.« Er lispelte fürchterlich.
Während sich der Mausling klarmachte, daß es sich um die weiße Ratte handeln mußte, die er an Bord der Squid auf Hisvins Schulter gesehen hatte, brachte ihm ein kurzer Rundblick die Erkenntnis, daß diese Toilette keinen schlichten Korb enthielt, sondern einen hohen silbernen Toilettensitz, durch den das Rauschen von Meerwasser zu hören war. Das schien eine der Wassertoiletten zu sein, von denen Svivomilo gesprochen hatte.
Der Mausling ließ Skalpell fallen, warf Grigs Kapuze zurück, zog der Ratte die Maske vom Kopf, beugte den sich wehrenden Ratsherrn über die Silberbrille der Toilette und schnitt der Ratte mit Katzenklaue die Kehle durch, so daß das Blut in das bewegte Wasser abströmte. Sobald sich Grig nicht mehr bewegte, zog der Mausling ihm den Mantel aus und achtete darauf, daß die Kleidungsstücke nicht befleckt wurden.
In diesem Augenblick hörte er die schweren Schritte mehrerer Personen, die die Treppe herabkamen. In aller Hast versteckte der Mausling Schwert, Elfenbeinstab und Maske hinter dem Toilettensitz, hievte die Leiche hoch, so daß sie auf der Brille saß, stellte sich auf den silbernen Kreis und starrte auf die verschlossene Tür. Dann begann er zu beten – zu dem ersten Gott, der ihm in den Sinn kam.
Gewellte und mit Widerhaken versehene braune Pikenklingen schimmerten über den Türen. Die Kabinette links und rechts wurden inspiziert. Nach kurzem Schweigen, das vielleicht damit angefüllt war, daß jemand unter der Tür hindurchblickte und die weißen Stiefel entdeckte, ertönte ein leises Klopfen, und eine Stimme fragte respektvoll: »Verzeihung, Euer Ehren, aber haben Sie kürzlich eine Gestalt gesehen, die in Umhang und Maske aus feinstem grauen Fell gekleidet und mit einem Rapier und einem Dolch bewaffnet war?«
Der Mausling versuchte seine Stimme ruhig und würdevoll klingen zu lassen. »Ich habe nichts gesehen«, lispelte er. »Etwa vor sechzig Atemzügen ist jemand hastig die Treppe heruntergekommen.«
»Unterwürfigen Dank, Euer Ehren«, erwiderte der Mann, und die Schritte verklangen hastig nach unten.
Der Mausling stieß einen leisen Seufzer aus. Dann machte er sich hastig an die Arbeit, denn er hatte einiges vor, leider vieles sehr unangenehm. Er wischte Skalpell und Katzenklaue ab und steckte sie wieder in die Scheide. Dann untersuchte er den Umhang und die Maske seines Opfers, ohne viel Blut darauf zu entdecken, und legte sie beiseite. Er sah, daß sich der Mantel vorn mit Elfenbeinknöpfen verschließen ließ. Dann zog er Grig die weichen Stiefel aus und probierte sie an. Obwohl die Weichheit des Leders ihm half, paßten sie so gut wie gar nicht. Die Sohle bedeckte kaum mehr als die Fläche unter seinen Zehen.
Aber das würde ihn wenigstens daran erinnern, den Rattenschritt beizubehalten. Er probierte auch Grigs lange weiße Handschuhe an, die womöglich noch schlechter paßten. Er konnte sie tragen. Seine eigenen Stiefel und sonstigen Kleidungsstücke verstaute er sicher über seinem grauen Gürtel.
Nun zog er Grig völlig aus und ließ die Kleidungsstücke nacheinander in das Wasser fallen. Er behielt nur einen rasiermesserscharfen Dolch zurück, eine Anzahl kleiner Pergamentrollen, Grigs Unterhemd und eine doppelt verschlossene Börse mit Goldstücken. Auf einer Seite war ein Rattenkopf zu sehen, umgeben von einer
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