Schwertgesang
Lächeln. »Ich bin hier, um Euch die Sakramente zu spenden«, sagte Willibald. »Das nehme ich gerne an«, gab Æthelflaed ernst zurück, dann sah sie zu mir empor, und einen Augenblick lang stand Verzweiflung in ihrer Miene. »Wirst du auf mich warten?«, fragte sie. »Auf Euch warten?«, fragte ich verwirrt. »Hier draußen«, erklärte sie, »und der gute Pater Willibald kann drinnen mit mir beten.«
»Natürlich«, sagte ich.
Sie lächelte zum Dank und führte Willibald in den Palas, während ich zum Wall ging und auf den niedrigen Damm aus Erde stieg, sodass ich über die sonnenwarme Holzpalisade auf den tief unter mir liegenden Hothlege schauen konnte. Das Drachenschiff, dessen geschnitzter Kopf nun abgenommen worden war, ruderte in die Mündung des Wasserlaufs, und ich beobachtete, wie Männer das Schiff losmachten, das zur Bewachung über dem Hothlege festgemacht war. Die schwere Kette, die vom Bug zu dem einsamen Baum auf der ZweiBäumeInsel führte, ließen sie unberührt. Die Mannschaft löste die Kette am Heck, die an dem kräftigen Pfosten auf dem schlammigen Ufer der Insel Caninga befestigt war, und ließ sie an einem langen Tau ins Wasser hinab. Die Kette sank auf den Grund, während das Schiff an der Bugkette herumschwang und so auf der hereinkommenden Flut eine Durchfahrt frei machte. Das neu ankommende Schiff wurde vorbeigerudert, dann zog die Mannschaft des Wachschiffs das Tau wieder an, um die Kette hochzuholen und das Schiff wieder als Sperre über dem Wasserlauf festzumachen. Auf dem Wachschiff befanden sich wenigstens vierzig Männer, und sie waren nicht nur dazu da, um an Tauen und Ketten zu zerren. Die Flanken des Schiffs waren mit zusätzlichen Planken aus schweren Bohlen erhöht worden, sodass sie viel weiter emporgezogen waren als die jedes angreifenden Schiffes. Dieses Wachschiff anzugreifen wäre wie gegen die Palisaden einer Festung anzugehen. Das Drachenschiff glitt den Hothlege hinauf und an den Schiffen vorbei, die hoch auf die Schlickufer hinaufgezogen waren und von Männern gerade mit Haaren und Teer abgedichtet wurden. Der Rauch von den Feuern unter den Teerkesseln zog den Abhang hinauf, und darüber kreisten Möwen, die den warmen Nachmittag mit ihren rauen Schreien erfüllten.
»Vierundsechzig Schiffe«, sagte Erik. Er war neben mir auf den Erdwall gestiegen.
»Ich weiß«, sagte ich. »Ich habe sie gezählt.«
»Und nächste Woche«, sagte Erik, »werden wir hier hundert Schiffsmannschaften haben.«
»Und Euch wird die Verpflegung ausgehen, wenn Ihr so viele Münder zu stopfen habt.«
»Es gibt reichlich Nahrung hier«, sagte Erik leichthin. »Wir haben Fischreusen und Aalreusen, wir fangen Wildgeflügel und essen gut. Und mit dem Silber und Gold, das in Aussicht steht, kann man sehr viel Weizen, Gerste, Hafer, Fleisch, Fisch und Aal kaufen.«
»Und Männer auch«, sagte ich.
»Und Männer auch«, stimmte er mir zu.
»Und so«, sagte ich, »bezahlt Alfred von Wessex für seinen eigenen Untergang.«
»So kann man es sehen«, sagte Erik ruhig. Er blickte nach Süden, wo sich große Wolkenberge über Cent türmten, die oberen Ränder silbrig weiß und die unteren dunkel über dem grünen Land. Ich drehte mich um und betrachtete das Lager mit seinem Ringwall. Steapa kam leicht hinkend und mit verbundenem Kopf aus einer Hütte. Er wirkte betrunken. Als er mich sah, winkte er mir zu und ließ sich im Schatten von Sigefrids Palas nieder, wo er offenbar augenblicklich einschlief. »Glaubt Ihr nicht«, sagte ich, Erik noch den Rücken zuwendend, »dass Alfred sich denken kann, was Ihr von dem Lösegeld kaufen werdet?« »Was könnte er daran ändern?« »Es ist nicht an mir, Euch das zu sagen«, bemerkte ich und deutete damit an, dass es eine Antwort auf seine Frage gab. In Wahrheit hätten wir, wenn siebentausend oder achttausend Nordmänner Wessex angriffen, keine andere Wahl als zu kämpfen, und diese Schlacht würde vermutlich grauenvoll werden. Es wäre ein noch größeres Blutvergießen als bei Ethandun, und danach hätte Wessex sehr wahrscheinlich einen neuen König und das Königreich einen neuen Namen. Norwegerland vielleicht.
»Erzählt mir von Guthred«, sagte Erik unvermittelt. » Guthred!« Überrascht von der Frage drehte ich mich zu Erik um. Guthred war Giselas Bruder und der König Northumbriens, und was er mit Alfred, Æthelflaed oder Erik zu tun haben sollte, konnte ich mir nicht vorstellen.
»Er ist Christ, nicht wahr?«, fragte Erik.
»So sagt
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