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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sagte Erik, und seine Stimme klang seltsam wehmütig. Dann wandte er sich um und sah auf das weite Mündungsgebiet der Temes hinaus. Ein Drachenschiff glitt mit der Flut in Richtung des Flussarms, seine Ruderblätter hoben und senkten sich und fingen das Licht der untergehenden Sonne mit jedem trägen Ruderschlag ein. »Wie viel hätte der König für seine Tochter bezahlt?«, fragte er. »Was immer notwendig gewesen wäre«, sagte ich. »Wirklich?«, fragte er eifrig. »Er hat keine Grenze gesetzt?«
    »Er hat mir aufgetragen«, antwortete ich ehrlich, »zu zahlen, was auch immer notwendig wäre, um Æthelflaed nach Hause zu holen.« »Zu ihrem Ehemann«, sagte er rundheraus. »Zu ihrem Ehemann«, stimmte ich zu. »Der am besten tot wäre«, sagte Erik, und ein Schauder überlief ihn. Es war nur ein kurzer Schauder, doch er zeigte mir, dass Erik etwas von dem zornigen Wesen seines Bruders in sich trug. »Wenn der Herr Æthelred mit dem Gold und dem Silber kommt«, sagte ich eindringlich zu Erik, »dürft Ihr ihn nicht anrühren. Er wird im Schutz des Waffenstillstandes kommen.« »Er schlägt sie! Stimmt das?« Die Frage kam unvorbereitet. »Ja«, sagte ich.
    Erik starrte mich einen Augenblick lang an, und ich sah, wie er um Beherrschung rang, damit ihn dieser Zorn nicht übermannte, der verborgen in ihm kochte. Er nickte und wandte sich um. »Hier entlang«, sagte er und führte mich zu dem kleineren Palas. Mir fiel auf, dass alle Wachen ältere Männer waren, und ich vermutete, man vertraute nicht nur darauf, dass sie Æthelflaed bewachten, sondern auch darauf, dass sie von ihnen nicht missbraucht wurde. »Ihr ist nichts geschehen«, sagte Erik, als habe er meine Gedanken gelesen. »So wurde es mir versichert.« »Sie hat drei ihrer eigenen Dienerinnen hier«, fuhr Erik fort, »und ich habe ihr noch zwei sehr freundliche dänische Mädchen gegeben. Und ich habe diese Wachen aufgestellt.« »Männer Eures Vertrauens«, sagte ich. »Meine Männer«, sagte er lebhaft, »und, ja, sie sind vertrauenswürdig.« Er streckte eine Hand aus, um mich aufzuhalten. »Ich bringe sie zu Euch heraus«, erklärte er. »Sie ist gern draußen im Freien.« Ich wartete, während Pater Willibald unruhige Blicke auf die Nordmänner warf, die vor Sigefrids Palas standen und uns beobachteten. »Warum sprechen wir hier draußen mit ihr?«, fragte er. »Weil Erik sagt, sie ist gern an der frischen Luft«, erklärte ich.
    »Aber werden sie mich nicht töten, wenn ich ihr hier draußen die Sakramente erteile?« »Weil sie denken, Ihr vollführt einen Eurer Christenzauber?«, fragte ich. »Das bezweifle ich, Pater.« Ich sah zu Erik hinüber, der den Ledervorhang beiseite zog, der als Tür des Palas diente. Zuvor hatte er etwas zu den Wachen gesagt, und sie rückten nun in zwei Reihen zur Seite und ließen zwischen sich eine freie Fläche, die von der Stirnseite des Gebäudes bis zur Wehranlage reichte. Der Wall bestand aus einem breit aufgeschütteten Damm Erde von nur etwa drei Fuß Höhe, aber ich wusste, dass der Hang auf der anderen Seite steil abfiel. Auf dem Damm war eine Palisade aus kräftigen, oben zugespitzten Eichenpfosten errichtet worden. Ich konnte mir nicht vorstellen, von dem Flussarm den Hang heraufzuklettern und dann noch diesen beeindruckenden Wall zu überwinden. Doch auch ein Angriff von der Landseite schien mir schwer denkbar, denn dort wäre es notwendig, über die ungeschützte Senke zu kommen, und dann hätte man immer noch den Erdwall und die Palisade vor sich. Es war ein gutes Lager, zwar nicht uneinnehmbar, doch seine Eroberung würde sehr viele Männer das Leben kosten. »Sie lebt«, sagte Pater Willibald aufatmend, und als ich mich wieder zum Palas wandte, sah ich Æthelflaed, die sich unter dem Vorhang hindurchduckte, der von einer unsichtbaren Hand aufgehalten wurde. Sie wirkte kleiner und jünger denn je, und wenn sich ihre Schwangerschaft nun auch schon zeigte, war sie immer noch sehr zierlich. Zierlich und verletzlich, dachte ich, und dann sah sie mich, und ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Pater Willibald wollte auf sie zulaufen, doch ich legte ihm die Hand auf die Schulter, damit er stehen blieb. Irgendetwas an Æthelfteds Verhalten ließ mich ihn zurückhalten. Ich hatte halb erwartet dass sie schnell und voller Erleichterung zu mir laufen würde, doch stattdessen zögerte sie an der Tür, und das Lächeln das sie mir zugeworfen hatte, schien mir kaum mehr als pflichtbewusst. Sie war

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