Schwertgesang
werdet unter den Dänen leben, von denen Ihr mir gesagt habt, dass Ihr sie hasst.« »Und du lebst unter Christen, Herr Uhtred«, sagte sie mit einem Hauch ihrer alten Mutwilligkeit. Darüber musste ich lächeln. »Seid Ihr Euch ganz sicher?«, fragte ich, »mit Erik?«
»Ja«, sagte sie gefühlvoll. Die Liebe hatte aus ihr gesprochen. Was auch sonst.
Ich seufzte. »Wenn ich kann«, sagte ich, »werde ich Euch helfen.«
Sie legte ihre kleine Hand auf meine. »Danke.« Nun hatten zwei Hunde angefangen miteinander zu kämpfen und wurden von allen Seiten angefeuert. Binsenlampen wurden entzündet und Kerzen zum obersten Tisch gebracht, während draußen das letzte Licht des Sommerabends schwand. Noch mehr Bier wurde gebracht und auch Birkenwein, und die ersten Betrunkenen stimmten raue Gesänge an. »Bald werden sie anfangen, sich zu schlagen«, erklärte ich Æthelflaed, und so war es auch. Vier Männer hatten vor dem Ende des Festes einen Knochen gebrochen und einem war das Auge ausgestochen worden, bevor sein betrunkener Widersacher von ihm weggezogen werden konnte. Steapa saß neben Weland, und obwohl die beiden Männer unterschiedliche Sprachen redeten, teilten sie sich ein Trinkhorn mit silbernem Rand und machten offenbar geringschätzige Bemerkungen über die Zänker, die sich in betrunkener Wut auf dem Boden wälzten. Auch Weland selbst war augenscheinlich betrunken, denn er legte seinen gewaltigen Arm um Steapas Schultern und begann zu singen.
»Du klingst wie ein Kalb beim Kastrieren!«, schrie Steapa. Darauf verlangte er, dass ein richtiger Sänger geholt würde, und so wurde einem blinden Skalden ein Schemel am Feuer gegeben, und er schlug die Harfe an und sang ein Lied über Sigefrids Tapferkeit. Er erzählte von den Franken, die Sigefrid getötet hatte, von den Sachsen, die Sigefrids Schwert Schreckenspender niedergemäht hatte, und von den friesischen Frauen, die von dem Norweger mit dem Umhang aus Bärenfell zur Witwe gemacht worden waren. In dem Lied wurden viele von Sigefrids Männern mit ihrem Namen genannt, ihre heldenhaften Taten in der Schlacht nacherzählt, und jedes Mal, wenn ein weiterer Name genannt wurde, stand der betreffende Mann auf und seine Freunde bejubelten ihn. Wenn der benannte Held tot war, dann schlugen die Zuhörer drei Mal dröhnend auf den Tisch, sodass der Tote ihren feierlichen Beifall in Odins Totenhalle hören konnte. Doch der lauteste Jubel galt Sigefrid, der immer, wenn sein Name erwähnt wurde, sein Horn mit Bier erhob. Ich blieb nüchtern. Das war schwer, denn ich war versucht, mit Sigefrid Horn für Horn Schritt zu halten, doch ich musste am nächsten Morgen nach Lundene zurück, und das bedeutete, dass Erik seine Unterhaltung mit mir noch in dieser Nacht beenden musste, wenn sich auch der Himmel im Osten schon erhellte, als ich aus dem Palas kam. Æthelflaed war, begleitet von nüchternen älteren Wachen, schon vor Stunden zurück in den kleinen Palas gegangen. Betrunkene Männer schnarchten geräuschvoll zwischen den Bänken, als ich hinausging, während Sigefrid halb über dem Tisch lag. Bei meinem Aufbruch hatte er stirnrunzelnd ein Auge geöffnet. »Haben wir eine Abmachung?«, hatte er schläfrig gefragt.
»Wir haben eine Abmachung«, hatte ich bestätigt. Er hatte noch geknurrt »Bring das Geld, Sachse« und war wieder eingeschlafen. Erik wartete vor Æthelflaeds Palas auf mich. Ich hatte damit gerechnet, ihn dort zu treffen, und wir nahmen unsere alten Plätze auf dem Wall ein. Vor mir breitete sich die graue Helligkeit der Dämmerung wie ein Fleck über dem ruhigen Wasser der TemesMündung aus. »Das ist der Wellenbändiger«, Erik und nickte in Richtung der Schiffe hinunter, die auf dem Schlickufer lagen. Er mochte das wundervolle Schiff ausmachen können, das er gebaut hatte, doch für mich war die ganze Flotte nichts weiter als schwarze Schatten im grauen Licht. »Ich habe seinen Rumpf sauber geschabt«, sagte er, »und ihn abgedichtet, sodass er wieder schnell ist.« »Könnt Ihr Eurer Mannschaft vertrauen?« »Es sind meine Schwurmänner. Ich kann ihnen vertrauen.« Erik hielt inne. Wind fuhr durch sein Haar. »Aber was sie nicht tun werden«, fuhr er mit leiser Stimme fort, »ist, gegen die Männer meines Bruders zu kämpfen.«
»Das wird aber vielleicht notwendig sein.«
»Sie werden sich verteidigen«, sagte er, »aber nicht angreifen. Es gibt Verwandte auf beiden Seiten.«
Ich streckte mich, gähnte und dachte an den langen Ritt zurück nach
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