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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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geblieben, um sich nach ihr umzusehen. Sie hatte in ihrem weißen Konfessorkleid und ihrem langen, über die Schulter fallenden Haar in der Tür gestanden, ihre Formen ein Sinnbild weiblicher Anmut, und genauso bezaubernd ausgesehen wie bei ihrer allerersten Begegnung. Einen kurzen Moment hatten sie sich in die Augen geblickt. Er war zu weit entfernt, um das Grün in ihren Augen zu erkennen, eine Farbe, die er noch bei keinem anderen Menschen gesehen hatte, eine Farbe von einer solchen ans Herz gehenden Vollkommenheit, dass sein Atem nicht selten stockte und dann schneller ging.
    In Wahrheit aber waren es Herz und Verstand der Frau hinter diesen Augen, die ihn für sie eingenommen hatten. Einem Menschen wie ihr war Richard noch nie zuvor begegnet.
    Seine Zeit schien knapp bemessen, das wusste er. So sehr es ihm zuwider war, den Blick von Kahlan zu lösen, ihr Leben stand auf der Kippe. Sein Entschluss stand fest. Richard stürzte in den Wald hinein.
    Er war den Pfad oft genug gegangen und wusste, wo er laufen konnte und wo er Acht geben musste. Jetzt, da ihm nur wenig Zeit blieb, konnte er sich keine übertriebene Vorsicht leisten, also versuchte er erst gar nicht, einen Blick auf die Hütte zu erhaschen.
    Allein hetzte er durch den Wald, seine Gedanken nichts als Salz in einer offenen Wunde. Zum ersten Mal fühlte er sich in den Wäldern fehl am Platz – machtlos, minderwertig, ohne jeden Mut. Kahle Äste stießen im Wind krachend gegeneinander, während andere wie in geheucheltem Kummer über seinen Fortgang knarzten und ächzten. Er versuchte beim Laufen nicht nachzudenken.
    Mit dem allmählichen Ansteigen des Talgrunds gewannen Tannen und Fichten die Oberhand. Richards Atem ging in schnellen Stößen; in der schattigen Kühle des Waldbodens glich der Wind einem fernen Verfolger hoch über seinem Kopf, der ihn hetzte, jagte und von jenem Ort vertrieb, an dem er so glücklich gewesen war wie noch nie zuvor. An den tiefer gelegenen Stellen, wo größtenteils Zedern wuchsen, war der Waldboden mit schwammigen Hügeln aus grünlich gelbem Moos übersät, die aussahen wie in intensivem Grün gehaltene, mit winzigen schokoladenbraunen, schuppengleichen Zedernadeln verzierte Hochzeitstorten.
    Auf Zehenspitzen über aus dem Wasser ragende Felsen balancierend, querte Richard einen kleinen Wasserlauf, der auf seinem halsbrecherischen Weg den Hang hinunter an manchen Stellen unter Felsen und Flusssteinen hindurchführte und dabei ein hallendes, trommelndes Geräusch erzeugte, das ihn den mächtigen Eichen auf seinem Weg in die Gefangenschaft ankündigte. Im kontrastarmen, grauen Licht übersah er die rötliche Schlinge einer Zedernwurzel, blieb mit dem Fuß darin hängen und stürzte der Länge nach mit dem Gesicht voran auf den Pfad, die endgültige Demütigung nach seiner Verurteilung und der Strafe der Verbannung.
    Richard lag inmitten der klaren, feuchten, abgeworfenen Blätter, der abgestorbenen Zweige und des anderen Waldabfalls und spielte mit dem Gedanken, nie wieder aufzustehen. Er konnte einfach liegen bleiben und alles zu Ende gehen lassen, seine Glieder vom gleichgültigen Wind steif frieren, sich von neugierigen Spinnen, Schlangen und Wölfen zerbeißen lassen und verbluten, bis ihn die teilnahmslosen Bäume mit Laub bedeckten; vermisst von bestenfalls einigen wenigen, wäre sein Verschwinden für die meisten eine Erlösung.
    Ein Bote mit einer Botschaft, die niemand hören will.
    Ein Anführer vor seiner Zeit.
    Warum nicht alles enden lassen, zulassen, dass der stumme Tod ihnen
    beiden ihren Frieden schenkte, und Schluss?
    Voller Verachtung blickten die Bäume auf diesen Unwürdigen herab, gespannt, was er tun würde, ob er den Mut besäße, sich aufzurappeln und sich dem zu stellen, was ihn erwartete. Er wusste es nicht einmal selbst.
    Der Tod wäre einfacher und in diesem Augenblick der Hölle eine weniger quälende Vorstellung.
    So sehr er Kahlan liebte, selbst sie verlangte etwas von ihm, dessen er nicht fähig war: eine Lüge. Sie verlangte von ihm, etwas zu bestreiten, was er mit Bestimmtheit wusste. Er täte alles für sie, aber Tatsachen konnte auch er nicht ändern. Wenigstens war ihr Glaube an ihn so mächtig, dass sie sich von ihm aus den Schatten der Tyrannei führen ließ, die sich über die Welt zu legen drohten. Selbst wenn sie nicht an ihn glaubte, so war sie vermutlich doch die Einzige, die bereit war, sich ihm aus freien Stücken anzuschließen.
    In Wahrheit blieb er nur wenige Sekunden auf

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