Schwester der Finsternis - 11
Bastarde!«
»Es ist schon in Ordnung – beruhige dich. Sie haben nichts einbehalten. Ich habe alles mitgebracht.«
Der Mann seufzte. »Eins sag ich dir, Richard, es ist geradezu ein Wunder, dass ich meine Schmelzöfen in Betrieb halten kann.«
Richard riskierte eine gefährliche Frage. »Du hast mit diesem … Ärger in der Stadt doch nichts zu tun, oder?«
Im Licht, das aus dem Fenster seines Büros fiel – das eigentlich nicht mehr als ein Schuppen war –, betrachtete Priska ihn eine Weile abschätzend. »Es stehen Veränderungen bevor, Richard. Veränderungen zum Besseren.«
»Was soll sich denn ändern?«
»Eine Rebellion hat begonnen.«
Abermals fühlte Richard seine Hoffnung aufkeimen, allerdings stärker diesmal – nicht so sehr für sich selbst, dafür war er viel zu sehr in seinen Ketten gefangen, eher für die Menschen, die sich nach Freiheit sehnten. Faval war ein netter Kerl, aber er war kein so gerissener und findiger Fuchs wie Priska, denn Priska war besser informiert, als es für einen Mann seines Schlages möglich schien. Priska hatte Richard die Namen sämtlicher Beamten gegeben, die man wegen offizieller Papiere bestechen konnte, und hatte ihm obendrein geraten, wie viel er ihnen anbieten sollte.
»Eine Rebellion?«, fragte Richard. »Eine Rebellion für was?«
»Für uns – für die Menschen, die ihr Leben so leben wollen, wie sie es für richtig halten. Der Neuanfang steht unmittelbar bevor. Noch heute Abend. Tatsächlich hat er schon begonnen.« Er drehte sich um, ging zu seinem Gebäude und riss die Türen auf. »Wenn du zu Victors Werkstatt kommst, musst du auf ihn warten. Er muss unbedingt mit dir reden.«
»Worüber?«
Priska winkte ab. »Los, mach schon, gib mir deine Holzkohle, und dann lade deinen Stahl auf. Victor reißt mir den Kopf ab, wenn ich dich aufhalte.«
Richard zog den ersten Korb vom Wagen und schleppte ihn zur Seite, wo Priska gleich daneben einen weiteren abstellte.
»Was haben diese Leute getan, um die Rebellion auszulösen? Wie lauten ihre Pläne?«
Als Richard den nächsten Korb zur hinteren Ladekante schleppte, beugte Priska sich ganz nah zu ihm. »Sie haben mehrere Beamte des Ordens gefangen genommen. Hohe Beamte.«
»Haben sie sie umgebracht?«
»Sie umgebracht! Hast du den Verstand verloren? Sie werden ihnen kein Härchen krümmen. Man wird sie festhalten, bis sie sich bereit erklären, die Bestimmungen zu lockern und die Forderungen der Bevölkerung zu erfüllen.«
Richard starrte den Mann offenen Mundes an. »Die Bestimmungen lockern? Was fordern sie denn überhaupt?«
»Alles muss anders werden. Die Menschen wollen, dass man ihnen bei ihren Geschäften, im alltäglichen Leben und bei ihrer Arbeit mehr Mitspracherecht einräumt.« Er nahm einen Korb mit Holzkohle auf. »Weniger Versammlungen. Die Menschen fordern, dass man ihren Bedürfnissen mehr Bedeutung beimisst.«
Diesmal verblasste Richards Hoffnungsfunke nicht, sondern er erlosch, als hätte man ihn in eiskaltes Wasser getaucht.
Er hörte Priska kaum noch zu, während sie erst den Wagen ab- und anschließend den Stahl aufluden. Im Grunde verspürte er nicht die geringste Lust, sich die Pläne für diese Rebellion anzuhören, konnte aber nicht verhindern, trotzdem die wesentlichen Punkte aufzuschnappen.
Die Revolutionäre hatten sich alles ganz genau zurechtgelegt. Sie verlangten öffentliche Verhandlungen für die vom Orden verhafteten Personen sowie die Möglichkeit, Gefangene zu besuchen. Sie wollten den Orden dazu bewegen, ihnen eine Liste auszuhändigen, auf der stand, was mit einer Reihe von verhafteten Personen geschehen war, von denen man nie wieder etwas gehört hatte. Es folgten noch weitere Details und Forderungen, doch Richard war in Gedanken längst woanders.
Als Richard auf seinen Wagen kletterte und losfahren wollte, packte Priska seinen Arm mit eisenhartem Griff. »Der Augenblick ist gekommen, Richard, dass alle Interessierten sich der Rebellion anschließen.«
Die beiden sahen sich lange in die Augen. »Victor wartet.« Priska ließ Richards Arm los und grinste. »Das tut er allerdings. Ich sehe dich nachher, Richard. Vielleicht hat der Orden vor deiner nächsten Fahrt hierher die Forderungen schon erfüllt, und du kannst am hellichten Tag herkommen, ohne Papiere.«
»Das wäre großartig, Priska.«
Als Richard schließlich bei Victors Werkstatt anlangte, plagten ihn Kopfschmerzen. Ihm war schlecht von dem, was er bereits gehört hatte und was er fürchtete, sich
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