Schwester der Finsternis - 11
unten, im untersten Geschoss.
»Kahlan«, murmelte er, doch sie reagierte nicht. »Halt durch…«
Seinen Unterleib fassend, um die Wunde zuzupressen, damit seine Eingeweide nicht hervorbrachen, schob er sich Zoll um Zoll durch das Wasser, über den kalten Steinboden. Die Schmerzen hatten schließlich mit aller Heftigkeit eingesetzt. Er konnte die entsetzlichen Verletzungen in seinem Innern spüren und versuchte die Tränen seiner heißen Qualen fortzublinzeln. Er musste durchhalten. Eiskalter Schweiß legte sich nass auf sein Gesicht. Auch Kahlan musste durchhalten.
Er streckte seine blutverschmierte Hand nach ihr aus. Seine Finger fanden ihre. Sie reagierte kaum, aber wenigstens bewegten sich ihre Finger noch; das machte ihn dankbarer, als er es hätte in Worte fassen können.
Der Plan war gut gewesen, dessen war er sich ganz sicher. Er hätte auch funktioniert, wenn nur nicht jemand Nicci entführt hätte.
Es schien ihm wirklich dumm, auf diese Art zu sterben.
Er fand, dass es ein wenig … eindrucksvoller hätte geschehen können.
Nicht in dem dunklen, kalten, feuchten unterirdischen Palast.
Wie gerne hätte er Kahlan gesagt, dass er sie liebte und dass nicht sie ihn getötet hatte, sondern er sich selbst. Das war sein Tun, nicht ihres. Sie war nur Teil seines Plans gewesen. Es hätte funktioniert. »Kahlan«, rief er leise, ohne zu wissen, ob sie ihn, reglos, wie sie war, überhaupt noch hören konnte. »Ich liebe dich, niemanden sonst, nur dich. Ich bin froh, dass uns unsere gemeinsame Zeit vergönnt war; ich wollte sie gegen nichts eintauschen.«
Richard schlug die Augen auf und stöhnte gequält. Er sehnte sich das Ende herbei, die Schmerzen waren zu groß. Es hatte nicht funktioniert, und er würde den Preis dafür bezahlen müssen. Vor allem aber wollte er, dass die abscheulichen, reißenden, entsetzlichen Schmerzen ein Ende hatten.
Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Er öffnete die Augen und sah Kahlan ausgestreckt auf dem nassen Boden liegen. Sie rührte sich nicht.
Ein Schatten fiel über ihn.
»Sieh an, sieh an, Richard Cypher«, lachte Neal amüsiert. »Man stelle sich vor.« Ein weiteres amüsiertes Lachen, als sein Blick auf Kahlan fiel. »Wer ist diese Frau?«
Richard konnte das Schwert der Wahrheit spüren, seine Magie; es lag unweit seiner Finger.
»Weiß nicht. Sie hat mich tödlich verletzt. Muss eine von euch sein.«
Richards Finger ertasteten das Schwert und schlossen sich um das mit Draht umwickelte Heft.
Neal trat auf die Klinge. »Das kann ich nicht zulassen. Du hast schon genug angerichtet.« Ein Lichtschein leuchtete um Neals Finger auf. Er beschwor Magie herauf, tödliche Magie.
In seinem Zustand, nahe der Bewusstlosigkeit, war es Richard trotz seines Verlangens unmöglich, sich zu konzentrieren und seine Fähigkeiten auf den Plan zu rufen, um Neal irgendwie aufzuhalten. Wenigstens hätten die Schmerzen ein Ende. Wenigstens würde Kahlan nicht denken, sie sei es gewesen, die ihn getötet hatte.
Plötzlich hörte Richard ein überraschendes, entsetzliches Krachen wie von splitternden Knochen. Neal sackte schwer auf die Knie.
Richard, die Hand bereits am Heft, zog das Schwert unter den Beinen des Mannes hervor und bohrte es Neal mit einem einzigen, gewaltigen Stoß durchs Herz.
Überrascht hob Neal den Blick, die Augen glasig. Da erkannte Richard, dass der Mann bereits so gut wie tot gewesen war, als ihn die Klinge durchbohrte. Neal verdrehte die Augen und sackte auf die Seite, als Richard das Schwert herausriss.
Hinter Neal stand die Frau, der Richard geholfen hatte; ihr Bein war bandagiert. Die Marmorhand der Frau, die Richard in Stein gemeißelt hatte, mit beiden Händen haltend, hatte sie Neal mit ihrem Andenken an die Statue den Schädel eingeschlagen.
69. Kapitel
Richard hörte Schritte, die platschend durch den nassen Korridor näher kamen. Die Frau war Hilfe holen gegangen; vielleicht hatte sie jemanden gefunden.
Aus den fernen Kammern und Fluren vernahm Richard gelegentlich Schreie, wenn Detonationen von Magie durch die Nacht hallten, wenn Menschen verletzt und getötet wurden.
Eine Frau erschien im Mondlicht. »Richard? Richard?«
Richard blinzelte in die Dunkelheit. »Wer seid Ihr?«, brachte er leise hervor.
Sie eilte zu ihm hin und ließ sich auf die Knie fallen. Zu ihrem Entsetzen sah sie Kahlan unweit neben ihm ausgestreckt auf dem Boden liegen.
»Was ist mit der Mutter Konfessor passiert?«
Richard runzelte die Stirn. Sie kannte
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