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Schwesterlein muss sterben

Schwesterlein muss sterben

Titel: Schwesterlein muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Wolff
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sich.
    »Was? Woher weißt du, dass …«
    Er wollte sie wieder küssen. Julia hatte Mühe, ihn auf Abstand zu halten.
    »He, warte mal …«
    »Was ist los? Was hast du plötzlich?«
    Sein Gesicht leuchtete wie eine helle Maske in dem Dämmerlicht, seine Augen und sein Mund waren wie schwarze Löcher.
    »Du hast gerade von dem Grillplatz und der Hollywoodschaukel geredet – woher weißt du das?«
    »Spinnst du jetzt? Das hast du mir doch selbst erzählt,dass du den Schlüssel für deine bescheuerte Freundin da versteckt hast!«
    Julia war deutlich aus dem Konzept gebracht. Seine Antwort war ohne Zögern gekommen, und er klang aufrichtig irritiert, nicht so, als ob er sich gerade verplappert hätte. Die Gedanken in Julias Kopf überschlugen sich. Es stimmte, was er sagte, sie hatte ihm tatsächlich den Grillplatz beschrieben, und wahrscheinlich hatte sie dabei auch die Hollywoodschaukel erwähnt, aber hatte sie dann nicht auch von den Gärtnern erzählt, die am selben Nachmittag da gewesen waren und …
    »He! Wo ist das Problem? Hab ich irgendwas Falsches gesagt? Wenn du keine Lust mehr hast, ist das okay, ich dachte nur …«
    Er zuckte mit den Schultern und fummelte ein zerdrücktes Päckchen Tabak aus der Tasche seiner Jeans. Julia wartete, bis er seine Zigarette fertig gedreht hatte und nach dem ersten Zug den Rauch ausstieß.
    Erst dann sagte sie: »Sorry, Mikke, aber ich bin ein bisschen durch den Wind.«
    Er legte ihr den Arm um die Schultern, machte aber keine Anstalten, sie sonst zu berühren oder noch irgendwas zu sagen.
    Julia versuchte, sich zu erinnern, was sie genau erzählt hatte. Vielleicht hatte sie wirklich nur davon geredet, wo sie den Schlüssel für Marie versteckt hatte. Und auch wenn es unlogisch schien, hatte sie vielleicht wirklich nichts davon gesagt, dass der Cowboy vor dem Club und der Gärtner vom Nachmittag ein und dieselbe Person gewesen waren.
    »Und jetzt?«, fragte Mikke, während er ihr seine Kippe hinhielt.
    Julia nahm einen Zug und behielt den Rauch in der Lunge, bis ihr leicht schwindlig wurde.
    »Dumm gelaufen«, versuchte sie, die ganze Situation mit einem Spruch zu überspielen. »Genauso wie der ganze Tag.«
    »Da kann man nichts machen«, gab Mikke zurück. »Ist eben manchmal so. Und du stehst anscheinend auch nicht so auf Hollywoodschaukeln.«
    »Warum hast du mich nicht gefragt, ob wir zu mir in die Wohnung gehen wollen?«
    »Keine Ahnung. Hab ich gar nicht dran gedacht, glaube ich. Soll ich jetzt fragen?«
    Julia schüttelte den Kopf.
    »War klar«, sagte Mikke. »Der Zug ist abgefahren, sehe ich genauso.«
    Er schob sich die Kippe zwischen die Lippen und strich Julia eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Bei uns im Norden sagen wir: Es gibt für alles eine zweite Gelegenheit.«
    »Das sagen wir hier auch …«
    Er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und nahm den Arm von ihren Schultern. Als er die Kippe auf dem Pflaster austrat, wirkte er, als wäre er schon weit weg von ihr.
    »Gibst du mir deine Handynummer?«, fragte Julia. »Dann rufe ich dich an …«
    »Don’t call us, we call you«, sagte er, ohne aufzublicken. Dann drehte er sich um und war keine fünf Sekunden später durch die Toreinfahrt verschwunden.
    Julia wurde nicht schlau aus ihm. Blöder Spruch, dachte sie, den hätte er sich auch schenken können. Vielleicht wäre es ohnehin besser, wenn sie nie wieder etwas von ihm hören würde.
    Erst als Julia schon auf der Treppe war, ging ihr auf, dass er sie gar nicht anrufen konnte. Er hatte weder ihre Nummer, noch wusste er irgendetwas anderes von ihr als ihren Vornamen. Womit als einzige Möglichkeit blieb, dass er unerwartet vor ihrer Tür stehen würde. Julia wusste nicht, ob sie das gut finden sollte. Im gleichen Moment ging das Licht im Treppenhaus aus. Sie tastete sich bis zum nächsten Absatz und wollte eben auf den Schalter drücken, als sie von irgendwo weiter oben ein Geräusch hörte.

X
    Er wusste inzwischen, dass er einen Fehler gemacht hatte, trotzdem versuchte er, möglichst ruhig zu bleiben und seinen Plan den veränderten Umständen anzupassen. Er durfte jetzt nur nicht nervös werden und in Panik geraten. Solange das Mädchen in dem Schuppen neben der verlassenen Hütte war, hatte er die Zeit auf seiner Seite. Die Hütte stand auf einem Privatgrundstück, das sich fast über die gesamte Felsnase erstreckte, und das hoffnungslos verschilfte Ufer der Bucht taugte weder wirklich zum Baden, noch war es für irgendwelche Hobbyfischer

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