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Schwestern der Nacht

Schwestern der Nacht

Titel: Schwestern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masako Togawa
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die Lupe nahm. Shinji wandte sich zum Gehen, doch sein Boss rief ihn zurück.
    »In der Universität heißt es, Honda sei in jeder Beziehung ein Musterstudent gewesen. Immer Klassenerster und von untadeliger Moral.«
    »Was ist denn bloß über ihn gekommen?« rätselte Shinji, aber Hatanaka reagierte nicht darauf.
    Shinji fragte sich, ob Honda damals wohl nur scheinheilig gewesen war. Oder war das, was aus ihm geworden war, eine Reaktion auf sein Studium an der Asia Moral University?
    Warum werden manche Männer zu Weiberhelden? Das hätte Shinji wirklich zu gern gewußt, aber momentan war er damit beschäftigt, die Person aufzustöbern, die Ichiro Honda drei Morde angehängt hatte.
    Er sammelte die Unterlagen ein und marschierte aus dem Raum.

2
    Shinji verließ das düstere Gebäude kurz vor Mittag; das grelle Tageslicht blendete ihn. Er überlegte, wem er zuerst einen Besuch abstatten sollte. Der Alte brauchte seinen Bericht so schnell wie möglich. Er konzentrierte sich noch einmal auf Namen und Details der Detekteiakte.
1. Yuzo Osawa, 58 Jahre, Tagelöhner, Gegenwärtige Adresse: Fukumae Ryokan, Asahicho, Shinjuku. Familie und frühere Adresse unbekannt.
    Meldet sich täglich auf dem Arbeitsamt vom Stadtbezirk Shinjuku und wird meist bei vom Stadtbezirk finanzierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Straßenbau beschäftigt.
    (Anmerkung) Isst jeden Abend in einem billigen Restaurant namens Renko in der Nähe seiner Unterkunft. Nimmt stets das gleiche zu sich: zwei Gläser billigen Fusel und eine Schale Hackfleisch mit Bohnenquark, sein Lieblingsessen. Trinkt, jedoch nicht bis zur Volltrunkenheit.
    Man erreicht ihn am besten vor dem Arbeitsamt oder während des Abendessens.
    >Die meisten Leute würden ihn vermutlich als Versager betrachten<, dachte Shinji, >aber wer kann schon beurteilen, ob er sein Leben nicht so lebt, wie es ihm Spaß macht, und es genießt?<
2. Seiji Tanikawa, 23 Jahre, angestellt bei der T-Filmentwicklungslabor GmbH. Mittelschulabsolvent. Gegenwärtige Adresse: 12-X Chome, Shimorenjaku, Mitaka Stadt, das Wohnheim seiner Firma für alleinstehende Männer.
    (Anmerkung) Im großen und ganzen zufriedenstellende Einstellung zur Arbeit. Macht zwei-, dreimal die Woche Überstunden. Besucht weder Cafés noch Restaurants, geht dafür aber montags und freitags — Tage, an denen er fast nie länger arbeitet — in ein Türkisches Bad in Kanda. Läßt sich dort immer von demselben Mädchen bedienen: Yasue Terada. Weitere Einzelheiten erfahren Sie beim Detektiv.
    Tanikawas Monatslohn beträgt 28 000 Yen, inklusive Überstundenausgleich. Schickt davon jeweils 5000 Yen an seine Mutter in Fukushima. Unsere Nachforschungen haben ergeben, daß er bei jedem Besuch im Türkischem Bad für geleistete Dienste und Trinkgeld 2000 Yen ausgibt, pro Monat also fast 20 000 Yen. Zuzüglich des Geldes, das er seiner Mutter schickt, der Miete, der Kosten für Geschenke oder Sushi für das Mädchen aus dem Bad und des Existenzminimums können seine monatlichen Ausgaben nicht unter 30 000 Yen liegen. Unserer Ansicht nach hat er ein Nebeneinkommen durch Herstellung und Vertrieb dubioser Filme.
    >Ein Kerl, der immer tiefer in den Morast gezogen und zu gegebener Zeit darin versinken wird< dachte Shinji.
3. Rosuke Sada, 33 Jahre, Vertreter der H-Kosmetik GmbH, Filiale Suginami. Gegenwärtige Adresse: Tachibana-So, 2­ Chome, Asagaya, Suginami-Ku.
    Hochschulabsolvent. Verheiratet, kein Kind.
    (Anmerkung) Seine Einsatzgebiete sind die Stadtbezirke Setagaya, Suginami, Shibuya und Nakano. Seine Kundschaft stammt zum Großteil aus der Oberschicht. Sein Verdienst liegt im oberen Mittelbereich; trotzdem haben wir Grund zu der Annahme, daß er sein Gehalt vor kurzem durch Hehlerei von Juwelen etwas aufgebessert hat, die ihm von einem Collegekollegen beschafft worden sind. Monatliches Einkommen über 40 000 Yen. Aufgrund seines Berufs ist sein Tagesablauf schwer vorauszusagen, aber er pflegt gewöhnlich in einem deutschen Restaurant namens >Hamburg< in Shinjuku zu Mittag zu essen. Nach der Arbeit geht er entweder nach Hause und sieht fern oder in ein benachbartes Café, wo er sich mit der Geschäftsführerin unterhält. Scheint sich für Frauen zu interessieren.
4. Nobuya Mikami, 18 Jahre, Barkeeper in der Bar B in Hanazono-Cho, Shinjuku. Gegenwärtige Adresse: obiges Lokal.
    (Anmerkung) Bar B ist eine Schwulenbar. Ihr besonderes Kennzeichen ist, daß alle dort beschäftigten Männer unter 19 Jahren sind und kein einziger in

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