Schwestern Des Blutes
überwunden hatte. Er hatte ihr nicht verziehen und würde es auch nicht. Es waren nicht seine Gefühle, die ihn heute hierher führten, sondern die Tatsache, dass sie ihm von Nutzen sein konnte. Dieselben Motive, die sie veranlasst hatten, seinen Antrag anzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie jede Hoffnung auf Payen aufgegeben gehabt, auch wenn sie weiter von seiner Rückkehr geträumt hatte.
Rupert war nicht ihretwegen hier, wahrscheinlich nicht einmal um seiner selbst willen. Er tat es für den Silberhandorden, und der wollte Payen.
O Gott!
»Ich werde darüber nachdenken.« Es war eine Lüge, aber der einfachste Weg, ihn loszuwerden.
Rupert, der ihr offenbar glaubte, lächelte. »Schön.« Er neigte sich vor, um sie zu küssen, und Violet wandte ihm ihre Wange zu.
»Wir unterhalten uns später«, sagte er, während er schon zur Tür ging.
»Ja, natürlich.« Doch als sie ihn hinausbegleitete, hatte sie nur einen einzigen Gedanken.
Payen musste schnellstens England verlassen.
Payen war im Bad und lag bis zu den Schultern in sandelholzparfümiertem Wasser, als Violet in sein Zimmer kam. Die Sonne war eben erst an den Horizont gewandert, wo sie ihren sommerlich langen Untergang begann, da fing Payens feiner Geruchssinn Violets einzigartiges, zartes Aroma ein. Und außerdem hörte er ihr ganz und gar nicht zartes Herzpochen.
»Vergewisserst du dich, dass ich noch hier bin?«, rief er etwas gereizter als beabsichtigt. »Hast du geglaubt, dass ich weglaufe?«
Sie kam mit rauschenden Röcken ins Bad gestürmt. Die Angst, die sie ausstrahlte, ließ ihn aufmerksam werden, und er setzte sich so abrupt auf, dass Wasser über den Wannenrand schwappte. »Was ist los?«
»Du musst weg!« Nach all ihren Ankündigungen, ihn bis ans Ende ihres Lebens zu jagen, sollte er sich unterstehen wegzulaufen, hätte dieses plötzliche Umschwenken amüsant sein können, wären da nicht ihr dringlicher Ton und das Flehen in ihren Augen gewesen. Sie sank neben der Wanne auf die Knie, ohne darauf zu achten, dass ihr Kleid durchnässt wurde.
Payen ergriff ihre kalten Hände. »Ganz ruhig, Kleines.«
Sie starrte ihn mit riesigen, haselnussbraunen Augen an. »Rupert. Er weiß, was du bist. Und er sagte, dass wir Freunde sein sollten. Payen, ich glaube, dir droht Gefahr!«
»Von Rupert Villiers? Unwahrscheinlich.« Damit wollte er eher sie als sich selbst beruhigen. Rupert Villiers mochte für sich genommen keine Bedrohung sein, doch in Gesellschaft mehrerer anderer kampferprobter Männer, die um die Schwächen eines Vampirs wussten …
Sie zog ihre Hand aus seiner und umklammerte seine Schulter, so dass sich die Fingerspitzen tief in seine Muskeln gruben. »Du musst fort. Noch heute Nacht.«
Sie sorgte sich um ihn. Mehr noch, sie hatte schreckliche Angst. Wann hatte sich das letzte Mal ein Mensch um sein Wohl gesorgt? Das war mindestens Jahrzehnte her. Die meisten Leute hielten ihn für unverwüstlich oder glaubten zumindest, er wäre fast unmöglich zu töten. Nicht so seine Violet. Vielleicht hätte er beleidigt sein sollen, weil sie ihm so wenig zutraute, aber er war nicht dumm. Mit seltsamer Gewissheit wusste er, dass ihre Sorge den Gefühlen entsprang, die sie für ihn hegte, nicht irgendeinem Zweifel an seinen körperlichen Fähigkeiten.
Diese Erkenntnis war gleichermaßen ernüchternd wie erregend. Payen erhob sich aus der Wanne, verunsichert von einer Emotion, die er nicht benennen konnte, und sein Glied war so hart, dass er es als Rammbock hätte benutzen können.
Violet bemerkte es natürlich. Wie hätte sie nicht? Sie stand ebenfalls auf, ihre Hand noch in seiner.
»Mir scheint, du nimmst meine Sorge überhaupt nicht ernst«, sagte sie, wobei ihr Blick nach unten auf seine Erektion fiel, die prompt vor Freude zuckte.
»Ganz im Gegenteil«, antwortete Payen, der aus der Wanne stieg und sie in die Arme nahm. »Ich nehme dich immer ernst. Du bist wie ein Schwert, das über mir schwebt.«
Sie funkelte ihn an. »Welch entzückendes Kompliment.«
Er umfing den dicken Haarknoten in ihrem Nacken, so dass sie ihren Kopf nicht abwenden konnte. »Ich kann nicht von dir loskommen, und ich weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis du mein Herz durchbohrst.« Es war gewiss kein hübsches Kompliment, doch Violet würde es verstehen, wie sie überhaupt immer alles verstand. Leider.
Wärme erhellte ihr Gesicht, vermochte jedoch nicht, den Kummer aus ihren Augen zu vertreiben. »Du kannst es mir auch einfach schenken.
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