Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
vielen Sprüchen bin ich schon besser geworden.«
»Ja, wenn man Todesmagie dazuzählt. Aber ich spreche von der Mondmagie – deinen angeborenen Fähigkeiten.« Delilah lächelte mit blitzenden Zähnen. »Das war doch nicht böse gemeint, Camille. Du scheinst wirklich ein Händchen für die dunkle Magie zu haben, in der Morio dich unterweist, aber kannst du ehrlich behaupten, dass du bei den Sprüchen, die du von klein auf gelernt hast, besser geworden bist?«
Camille seufzte tief. »Ich weiß es nicht. Und ich verstehe selbst nicht, warum mir die Todesmagie so zu liegen scheint. Das ist mir unheimlich, aber ich weiß, dass ich die Dinge lernen muss, die Morio mir beibringt. Es fühlt sich wichtig an, aber ich weiß nicht, warum.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Wir brauchen alle Schlaf. Delilah und mir bleiben ohnehin nur noch ein paar Stunden. Menolly, wir wecken dich vor der Versammlung, dann fahren wir alle gemeinsam hin.«
Ich nickte. Meine Schwestern küssten mich auf die Wange, winkten Iris zu und verschwanden die Treppe hinauf. Sie wandelten in der Welt des Tages. Ich lebte nur in der Nacht. Zwei sehr verschiedene Welten, die die Sonne auseinanderhielt.
»Ich fahre dann mal zu Sassy.« Ich stand auf und warf einen Blick auf die Uhr. Noch vier Stunden bis Sonnenaufgang – reichlich Zeit, um nach Green Lake hinüberzufahren und festzustellen, ob da irgendetwas vor sich ging, wovon ich wissen sollte. »Iris, pass gut auf das Haus auf«, sagte ich.
Sie tätschelte meine Hand. »Das tue ich immer, Liebes. Gib gut auf dich acht, hast du gehört?«
»Laut und deutlich«, sagte ich, schnappte mir Schlüsselbund und Handtasche und ging hinaus zu meinem Jaguar.
Die Fahrt zu Sassy dauerte mitten in der Nacht etwa zwanzig Minuten. Die Straßen von Seattle waren fast leer, nur hin und wieder schlich ein Auto die schummrig erleuchteten Straßen entlang. Das Eis auf den Bürgersteigen schimmerte im Licht der Straßenlaternen, und die Welt fühlte sich an wie schallgedämpft von der Schneeschicht, die in den vergangenen paar Tagen überall festgefroren war. Wieder einmal nahm ich mir vor, Camille nach diesem seltsamen Winter zu fragen. Sie und Iris konnten der Sache mal nachgehen und feststellen, ob hinter der plötzlichen arktischen Kälte, die Seattle fest im Griff hatte, irgendetwas Magisches steckte.
Sassys Haus war eigentlich eher eine Villa, umgeben von achttausend Quadratmetern sehr gepflegten Gartens hinter einem schmiedeeisernen, mit Spitzen bewehrten Zaun. Das Tor war mit einer Sprechanlage ausgestattet, und ich drückte auf den Knopf, dankbar, dass ich nicht aus dem Auto steigen und das Ding selbst würde öffnen müssen. Nicht dass die Kälte oder das schwere Tor mir etwas ausgemacht hätten – auch das Eisen wäre nicht allzu schlimm gewesen, wenn ich mich beeilte –, aber die Nacht war schon so stressig gewesen. Ich wünschte mir, dass dieser Besuch leicht und locker verlief.
»Ja?«, drang Janets Stimme aus der Sprechanlage. Janet war Sassys persönliche Assistentin und arbeitete schon seit vierzig Jahren für sie, seit Sassy mit sechzehn debütiert hatte.
»Hier ist Menolly. Ich muss mit Sassy sprechen. Ist sie zu Hause?« Janet wusste, wer ich war. Abgesehen von meinen Schwestern war sie außerdem der einzige Nicht-Vampir, der wusste, dass Sassy jetzt eine Goldkarte für die Mitgliedschaft im Blutsauger-Club besaß. Offenbar hatte die ältere Frau diese Veränderung ebenso gelassen akzeptiert wie etwa den Hinweis, dass die Müllabfuhr jetzt an einem anderen Tag käme oder der Supermarkt um die Ecke diese Woche alles um fünfzig Cent reduziert hätte.
Janet machte nicht viele Worte. Sie antwortete mir nicht, aber das Tor gab ein Klicken von sich und schwang langsam auf. Ich wartete, bis ich durchfahren konnte, ohne mein Auto zu zerkratzen, und kroch dann im Schritttempo die schmale, gewundene Auffahrt entlang, um nicht etwa irgendein streunendes Tier anzufahren. Das Bransonsche Anwesen war bewachsen mit alten Trauerweiden und Eichen, Tannen und Flieder.
Sassy hatte sich gut verheiratet, trotz ihrer lesbischen Neigung, und als Johan gestorben war, hatte er ihr so viel Geld hinterlassen, dass sie sich nie Sorgen um ihr Auskommen machen würde. Na ja, er hatte natürlich nicht damit gerechnet, für alle Ewigkeit vorsorgen zu müssen, aber das Problem würde Sassy lösen, wenn es so weit war.
Ich parkte vor der vierstöckigen Villa, die an das Herrenhaus einer Plantage erinnerte, mitsamt
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