Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
Erin von ein paar VBM entführt worden war, die sie vielleicht nur berauben wollten. Das war lächerlich, aber dann wäre es so viel einfacher gewesen, sie zu retten.
Tim zerschmetterte meine Hoffnung sofort. »Sie standen vor dem großen Spiegel da drüben.« Er deutete auf einen dreiteiligen Spiegel, in dem man sich von allen Seiten betrachten konnte; Erin hatte ihn im Hauptraum der Boutique aufgestellt. »Und die Einzige, die ich darin sehen konnte, war Erin. Keiner der Männer hatte ein Spiegelbild. Gibt es viele Wesen, die kein Spiegelbild werfen?«
Ich schloss die Augen und überlegte krampfhaft, ob ich daran irgendetwas Hoffnungsvolles finden könnte. »Vielleicht... ein paar Geister, aber... nein, Tim. Wahrscheinlich hast du recht, und es waren Vampire, die sie entführt haben. Erzähl mir, wie sie ausgesehen haben. Drei Männer, hast du gesagt? Bist du sicher, dass keine Frau dabei war?« Die vier Neugeborenen aus dem Kino – die Einzigen, von denen wir sicher waren, dass sie noch da draußen herumliefen – waren zwei Männer und zwei Frauen gewesen. Wenn die Jungs nicht die Mädels sitzengelassen und sich mit einem dritten, männlichen Vampir zusammengetan hatten, war es unwahrscheinlich, dass sie Erin entführt hatten. Neugeborene, die zusammen ihr Nest hatten, neigten dazu, erst einmal unter sich zu bleiben.
Tim runzelte die Stirn, und ich sah ihm an, dass er sich bemühte, sich an jedes Detail zu erinnern. Erin war seine beste Freundin, und was ihr passiert war, tat ihm entsetzlich weh. Er verströmte Schmerz wie Motorenöl, verbrannt und zähflüssig. Außerdem vermutete ich, dass Tim sich schuldig fühlte, weil er sich versteckt hatte, statt Erin zu Hilfe zu kommen. Wenn man das Klügste tat, fühlte es sich eben manchmal doch nicht so an, als hätte man das Richtige getan.
»Der Kerl, der sie festgehalten hat, war klein und stämmig... Er hatte kurzrasiertes Haar. Der zweite Mann war... ich weiß nicht... stinknormal. Diese beiden sahen so aus, als gehörten sie hierher, in diese Zeit, in diese Welt. Aber der Dritte... der hat mir eine Heidenangst eingejagt.«
Ich blickte in seine Augen auf. Schiere Angst. Primitives Grauen. Und in diesem Moment wusste ich Bescheid. »Er war groß, mit langem, dunklem, lockigem Haar, nicht wahr? Und er hatte einen Bartschatten und trug schwarze Ledersachen mit Nieten, oder? Und du wusstest, allein vom Hinsehen , dass du in das Antlitz der Hölle selbst blickst.«
Tim nickte, und seine Augen weiteten sich. »Ja, woher weißt du das?«
»Hat er irgendetwas gesagt?« Mein Magen fühlte sich an, als wollte er sich gleich in meine Kehle hochstülpen.
»Nur zwei Worte. Er hat gesagt: Nehmt sie . Er ist böse, Menolly. Ich schwöre dir, allein von seinem Anblick habe ich solche Angst bekommen, dass ich mir fast in die Hose gepinkelt hätte. Ich wollte Erin helfen, aber... er hat ausgesehen, als würde er mich bei lebendigem Leib auffressen und dann die Knochen ausspucken. Ich habe einfach die Nerven verloren. Ich habe mich versteckt, verdammt noch mal. Ich habe mich versteckt und überhaupt nichts getan!«
Als ich zurücktrat, damit Delilah Tim trösten konnte, wusste ich, dass Dredge Erin in seiner Gewalt hatte. Zumindest für den Augenblick. Das konnte nur Dredge gewesen sein. Er weidete sich an Angst, und wer ihm in die Augen sah, der wusste, dass sein Leben vorüber war, dass er den Kampf verloren hatte und nun die Bestrafung dafür beginnen würde...
»Wie heißt du, Mädchen?« Seine Stimme drang mir bis ins Mark. Sie war eiskalt, und ich wusste, dass Tränen bei ihm nicht funktionieren würden, dass kein Betteln und kein Flehen mich vor dem bewahren konnte, was er mit mir vorhatte. »Nenn mir deinen Namen.«
Obwohl ich wusste, dass man Vampiren niemals seinen Namen nennen darf, konnte ich seinem Befehl nicht widerstehen. »Menolly«, flüsterte ich. »Menolly D’Artigo.«
Dredge beugte sich über mich, und das schiefe Lächeln auf seinem Gesicht drückte finstere Freude aus. Er strich mit einem scharf gefeilten Fingernagel über meine Wange, so leicht, dass gerade noch kein Blut floss. »Nun, Menolly D’Artigo, ich bin im Begriff, dich auf den höchsten Berggipfel zu tragen. Dann werde ich dich in den Abgrund werfen und zuschauen, wie du fällst und fällst und fällst.«
Er riss meinen Anzug auf, und von der feuchten Kälte in den Höhlen wurden meine Brustwarzen hart. Ich hörte leises Lachen und Geflüster um mich herum und erkannte, dass wir
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