Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
durch. Meine Lunge brauchte keine Luft, aber ich brauchte dieses Ritual, die Gewohnheit. Ich atmete durch den Mund, damit ich das Blut nicht roch, oder Roz’ Hitze, die ich noch immer auf dem Gesicht spürte. Ich atmete, um den Hunger zu besänftigen, den Durst zu besänftigen, das finstere Feuer zu löschen, das in mir aufgeflammt war. Ich atmete, um mich daran zu erinnern, dass ich zwar das Leben hinter mir gelassen hatte, aber immer noch ein bewusstes, denkendes Geschöpf war, das einen Willen besaß, das sich dafür entscheiden konnte, einem strengen Pfad zu folgen, auf dem Blut und Leidenschaft nur durch Einverständnis zu erlangen waren und nicht, indem man Unschuldige zerfleischte.
Als ich beim Zählen meiner Atemzüge den Faden verloren hatte, hörte ich auf und hob den Kopf. »Ich bin Menolly D’Artigo«, sagte ich. »Ich bin die Tochter eines Gardisten. Ich bin halb Fee, halb Mensch. Und ich bin ein Vampir, der sich dafür entschieden hat, auf dem Hochseil zu balancieren und sich daran zu erinnern, wie es war, im Licht zu tanzen, obwohl ich jetzt im Dunklen wandle. Ich habe die Kontrolle. Nicht meine Natur und nicht das Raubtier in mir. Ich treffe die Entscheidungen.«
Diese Litanei, die der AND mich gelehrt hatte, half mir auch heute noch. Ich blickte zu Wade hinüber, der mir ein dünnes Lächeln schenkte.
»Ich bin wieder da«, sagte ich. Aber irgendwo tief in mir konnte ich finsteres Gelächter hören, während die Worte für den Augenblick durch meine Gedanken huschten. Ausnahmsweise einmal sehnte ich mich nach dem nahenden Morgen, der mich in meine Träume hinabziehen würde. Dort hatte ich zumindest eine Chance, zu entkommen, zu vergessen, den ständigen Kampf ruhen zu lassen, der in meinem Herzen tobte.
Kapitel 11
Auf dem Heimweg wussten wir zwei Dinge: Sharah würde überleben, und der Alarm des Magie-De-tektorsystems hatte die Jungs oben nicht aufgeschreckt, weil jemand ihn mit einem Dämpfungszauber belegt hatte. Im Flur und im Treppenhaus hörte man ihn laut und deutlich. Hinter den Türen des Hauptbüros war kein Ton zu vernehmen.
Alle bis auf mich waren erschöpft, und auch ich war emotional angeschlagen. Wir vermissten noch immer eine Freundin, die Dredge und seine Mannschaft entführt hatten, und es liefen mindestens acht abtrünnige Vampire frei in der Stadt herum – einer davon ein süßer Junge im Teenageralter, der sich vermutlich sofort auf die nächsten Schulmädchen stürzen würde. Ein grausiger Gedanke, aber leider nur zu real.
Roz hatte nicht mit uns nach Hause fahren wollen. »Ich suche weiter nach Spuren«, sagte er. »Ich brauche kaum Schlaf. Ich kann mich umsehen, während ihr euch ausruht.«
Ich wusste zwar immer noch nicht so recht, was ich von ihm halten sollte, nahm seine Hilfe aber dankbar an. Er hatte sich bisher nur bewährt, und das bedeutete nicht unbedingt, dass wir ihm vertrauen konnten, aber es machte mir doch Hoffnung – vielleicht war er wirklich in Ordnung.
Wade hatte sich zu seinem Nest aufgemacht, und Delilah wollte Chase noch bei dessen Wohnung absetzen, ehe sie nach Hause kam. Trillian fuhr mit mir und zog während der gesamten Fahrt ein finsteres Gesicht.
»Was hast du denn?«, fragte ich, als wir über den Highway rasten.
»Camille macht sich völlig verrückt wegen Erin. Sie hat mir gesagt, das sei allein ihre Schuld. Sie hätte niemals Freundschaft mit einem Menschen schließen dürfen, weil die Gefahr von Kollateralschäden einfach zu groß sei, und sie wisse ja, wozu Schattenschwinge und sein Gefolge fähig sind.« Er starrte düster aus dem Fenster. »Ich kann es nicht ausstehen, wenn sie unglücklich ist.«
»Ich auch nicht. Und diese ›Kollateralschäden‹ werden ins Unermessliche wachsen, falls die Dämonen tatsächlich durchbrechen. Aber wenn Dredge nicht hinter mir her wäre, dann würde uns irgendjemand anders bedrohen. Camille sollte stolz darauf sein, dass sie hier ist und echte Hilfe leistet. Wenn wir Bad Ass Luke nicht aufgehalten hätten, hätte er Schattenschwinge womöglich längst den Weg hierher eröffnet. Sie ist diejenige, die dahintergekommen ist, wo seine Schwachstelle liegt.« Ich überholte ein dahinkriechendes Auto und drehte die Musik lauter.
Trillian brummte: »Du weißt das, und ich weiß das, aber ich glaube, Camille ist völlig erschöpft. Sie tut zwar immer so mutig, aber die vergangenen paar Monate haben sie fertiggemacht. Und sie macht sich ständig Sorgen um euren Vater und eure Tante.«
Ein
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