Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13
Pixies stochern und sticheln und verstreuen ihre diversen Pülverchen, um für größt-möglichen Ärger zu sorgen - kurz, sie sind lästig, ärgerlich und nervtötend. Es überraschte mich, dass Feddrah-Dahns ein kostbares Artefakt einem solchen Wesen anvertraut hatte, aber jede Regel hatte natürlich ihre Ausnahme. Vielleicht wich Mistelzweigs Charakter von dem seiner Art ab.
Wir erreichten die Nummer 10226 East Parkland Drive kurz vor neun Uhr. Wir waren mit beiden Autos unterwegs, für den Fall, dass wir uns nach dem Termin trennen mussten. Die Wolkendecke war aufgerissen und ließ ein wenig Sonne durch, und die Blattknospen der Bäume glitzerten, wo Regentropfen noch an den Zweigen hingen.
Das Haus war klein, und der Cottage-Stil hätte viel besser nach New England gepasst als nach Seattle. Es stand ein Stück von der Straße zurückversetzt. Die allgegenwärtigen Rhododendren waren nicht gestutzt worden und deshalb baumhoch gewachsen, und darunter überwucherte Moos das Gras - der Vorgarten sah aus wie ein Stück Urwald. Hier und da drängten sich Büschel von Frauenfarnen zusammen, deren Wedel mehr als hüfthoch emporragten. Die Steine des gepflasterten Wegs zur Haustür waren hier und da gebrochen, und Unkraut ragte dazwischen hervor. Ein weiterer Weg - nur ein Trampelpfad -bog nach rechts ab und führte neben das Haus, zu einem ver-witterten Palisadenzaun. Hinter dem Haus ragten zwei Ahornbäume zu beiden Seiten über das Dach hinaus.
Ich gab Delilah einen Wink. »Komm, schauen wir mal, ob sie zu Hause sind.«
Wir eilten die Stufen zur Haustür hinauf, und ich klopfte sacht. Elfen hatten ein phantastisches Gehör. Es war also nicht nötig, an die Tür zu hämmern.
Und tatsächlich spähte einen Moment später eine schlanke, zierliche Elfe durch die Fliegengittertür. Ihre Miene hellte sich auf, als sie uns sah. »Oh, den Göttern sei Dank! Ihr seid wegen der Pixies hier, nicht?« Rasch trat sie zu uns heraus und wies auf den Garten. »Seht ihr, was sie angerichtet haben? Ganz egal, wie viel Mühe wir uns geben, sie machen immer wieder einen Dschungel daraus.«
Delilah und ich schauten auf den Vorgarten zurück. Aus diesem Blickwinkel konnte ich, wenn ich genau hinsah, das verräterische Glitzern erkennen, das Pixie-Pulver auf den Blättern und am Boden hinterlassen hatte. Die hatten hier wahrhaftig eine Pixie-Plage.
Ich wandte mich wieder der Frau zu. »Ich bin Camille D'Artigo, und das ist meine Schwester Delilah. Du hast meiner Schwester Menolly gesagt, dass sich ein fremder Pixie bei dir herumtreibt?«
Sie nickte und errötete. »Entschuldigung, wie unhöflich, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich freue mich nur so, dass ihr da seid! Ich heiße Tish. Ja, wir haben mehrere Pixies hier, aber seit gestern Abend dieser Neue hier aufgetaucht ist, herrscht das Chaos. Vorher war es ja schon schlimm genug, aber jetzt drehen sie völlig durch. Hinten kann ich nicht einmal den Garten betreten, ohne sofort bombardiert zu werden. Mein Mann hat solche Kopfschmerzen, dass er sich hinlegen musste. Er wollte sie endgültig hinauswerfen, und da haben sie sich gegen ihn zusammengetan.«
Pixie-Magie wirkte bei Feen zwar nicht besonders stark, aber wenn sie einem das richtige Pulver in die Augen streuten, konnte man grauenhafte Kopfschmerzen davon bekommen. Und da Elfen und Pixies Erzfeinde waren, zweifelte ich nicht daran, dass beide Seiten nicht gerade zimperlich zu Werke gegangen waren.
»Zeigst du uns den hinteren Garten?«
Während sie uns die Stufen hinunter und den Pfad entlang zum Zaun führte, erzählte sie uns etwas über sich. »Ich bin zuerst erdseits gezogen, vor zwei Jahren, und mein Mann ist letztes Jahr nachgekommen. Wir studieren die menschliche Gesellschaft im Auftrag der Anthrohistorischen Akademie zu Hause in Elqaneve. Ich bin Heilerin, und mein Mann ist Historiker. Als die Akademie uns die Möglichkeit angeboten hat, erdseits praktische Feldforschung zu betreiben, haben wir uns zu einem dreijährigen Studienaufenthalt bereit erklärt. Ich bin früher hergekommen, weil ich mehr Zeit brauchte, um die hiesigen Heilungstechniken zu beobachten.« Sie verzog das Gesicht.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte ich.
Tish nickte. »Ihre Technologie ist ja brillant, aber trotzdem herrschen hier traurige Zustände. Es gibt viel mehr Hungertote als in der Anderwelt, während zu Hause mehr an Krankheiten sterben als hier ... zumindest in den zivilisierten Gebieten. Hier gibt es ein solches Potenzial,
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