Schwestern des Mondes 07 - Hexenzorn-09.06.13
Strömen vergossen. In der Anderwelt streifen nicht wenige Abkömmlinge jener Feen herum, die wir getötet haben. Sie haben nicht vergessen, und aus ihrer Erinnerung heraus hassen sie uns dafür, dass wir damals Widerstand geleistet haben.«
»Ihr glaubt also, statt sich gegen unser aller gemeinsamen Feind zu vereinen, hätten die Feenfürsten in ihrer unendlichen Weisheit beschlossen, einen neuen Krieg gegen Euch anzufangen? Und dass die Keraastar-Ritter irgendetwas damit zu tun haben?« Der Gedanke machte mich schwindeln, aber das Volk meines Vaters konnte ziemlich kleinkariert sein und einen Groll sehr lange hegen.
»Das halte ich durchaus für möglich. Nehmt nur Lethesanar als Beispiel. Sie ist die Enkelin eines der Fürsten, der damals gegen Aeval und mich gekämpft hat. Tanaquar mag im Vergleich zu ihrer Schwester ein Muster an Vernunft sein, aber eines garantiere ich euch: Sie wird sich ihren Titel und den Platz im Rampenlicht gewiss nicht freiwillig mit dem Hof der Drei Königinnen teilen.«
Delilah räusperte sich. »Ich glaube, wir haben noch nie direkt danach gefragt, was eigentlich passieren würde, wenn die Grenzen und Portale versagen und die Welten wiedervereint werden? Während der Spaltung gab es große Verheerungen - Vulkanausbrüche, schwere Erdbeben und riesige Flutwellen. Viele Legenden erzählen von Naturkatastrophen, die sich alle auf die Spaltung der Welten zurückführen lassen ... Aber was würde diesmal passieren?«
Aeval runzelte die Stirn. Sie tippte einen Moment lang mit einem langen Fingernagel auf den Tisch. »Um ehrlich zu sein, wir wissen es nicht. Möglicherweise würde die Realität nur ein wenig verschwimmen - wie bei einem Wurmloch im Gewebe des Universums. Oder es könnte gewaltige Umwälzungen geben. Ich glaube, niemand weiß genau, was geschehen würde.«
»So unnatürlich die Spaltung der Welten auch gewesen sein mag - die Reiche dürfen nicht einfach so wieder aufeinanderknallen.« Menolly ließ sich langsam zu Boden sinken. »Wir müssen die restlichen Geistsiegel finden, aber ehe wir sie abliefern, sollten wir uns überzeugen, dass Tanaquar und Asteria auf der richtigen Spur sind. In jedem Fall müssen wir verhindern, dass die Schleier und Portale weiter aufreißen. Und außerdem müssen wir uns noch damit befassen, dass Gruppen wie diese Bruderschaft der Erdgeborenen allmählich anfangen zu spinnen.«
Chase meldete sich zu Wort, obwohl er sich sichtlich unwohl dabei fühlte, die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Als die Erdwelt-Feen und Übernatürlichen sich geoutet haben, gab es eine erste Phase der Begeisterung, aber jetzt macht sich auch Angst in der Bevölkerung breit. Ich dachte, wir wären nicht mehr so rückständig, aber ...«
»Ach, tatsächlich?«, fragte Menolly. Sie klang nicht sarkastisch. »Ich habe den Abschaum des Abschaums erlebt - ich ernähre mich von den Schmarotzern und Schädlingen der Gesellschaft. Wenn man glaubt, man hätte den Fanatismus an einer Ecke ausgelöscht, kommt er in einer anderen wieder zum Vorschein.«
Chase seufzte. »Ja, ich weiß. Allerdings glaube ich wirklich nicht, dass die Mehrheit so empfindet. Jedenfalls möchte ich das nicht glauben. Aber in wirtschaftlich schlechten Zeiten, wie wir sie gerade durchmachen, beklagen sich die Leute immer, wenn sie glauben, jemand würde bevorzugt. Das ist wieder so ein Kampf um Bürgerrechte. Nur dass es diesmal nicht um Schwarze, Frauen oder Homosexuelle geht, sondern um die ÜWs und Feen, die bisher benachteiligt wurden.«
»Das glaube ich gern«, sagte ich. Ich hatte von meiner Kundschaft genug Klagen über Lebensmittelpreise, teure Mieten und Arztrechnungen gehört. Wenn die Leute glaubten, die Feen nähmen ihnen die Arbeit weg, würden sie stinkwütend werden.
Menolly schüttelte den Kopf. »Wir sind unterhaltsam, aber niemand sieht uns als Nachbarn, die auch ihre Miete bezahlen müssen. Eine Menge Leute glauben, wir könnten von unseren besonderen Fähigkeiten allein leben, und bei Vampiren liegen sie damit fast richtig. Aber für die anderen ÜWs ist das Leben hier nicht gerade ein Sonntagsspaziergang. Nur, jemanden eines Besseren belehren, der Angst hat, seinen Job im Supermarkt an der Ecke zu verlieren, ist eine Herkulesaufgabe. Was tun wir also?«
Ich holte ein Notizbuch und begann, unsere Sorgen aufzulisten. »Da wäre als Erstes Schattenschwinge. Dann die ganze Sache mit den Keraastar-Rittern. Dazu noch die Probleme, die sich in der VBM-Gesellschaft
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