Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
Überraschung!“
Rigoletto lächelte mich an und sagte dann ebenfalls, allerdings eher fragend: „Überraschung?“
„Ich
gehe jetzt ins Wasser.“
Mehr fiel mir als Antwort nicht ein. Ich konnte meine gute
Erziehung nicht komplett abschütteln, obwohl ich einen ungeheuren Drang
verspürte, Ingrid in den Fleischbauch zu treten, meinem Hasen den Kopf
abzureißen und Igerich den Eiswürfel-Krug über
selbigen zu hauen. Dazu hätte ich alle drei gerne hysterisch angeschrien: “Was
wollen deine Eltern hier? Was? Was? Was ?“
Stattdessen versuchte ich, Contenance zu bewahren und stapfte mit
eingezogenem Bauch zum Wasser. Die Sache mit den Wabbel -Eiswürfeln
saß tief. Instinktiv strich ich mir auch noch schnell durch die Haare. Ingrid
hatte wirklich ganze Arbeit geleistet.
Während ich gegen meinen Willen - ich hasste Meerwasser –
schwamm, überlegte ich, was ich als nächstes tun sollte. Abreisen? Meinen Hasen
aufs Hotelzimmer zerren und ihm dort den Kopf abreißen? Oder ihn zumindest zur
Rede stellen, warum seine Eltern in meinem Weihnachtsgeschenk auftauchten?
Immerhin wusste ich jetzt, dass ich nicht paranoid war und den Weihnachtsabend
zu Recht fast stumm in der Annahme verbracht hatte, dass meine künftige
Schwiegermutter mein neues Hobby
teilen sollte, wenn es nach ihrem Sohn ging. Ganz im Gegenteil, ich war gar nicht
paranoid genug. Nie im Leben wäre ich auf die Idee gekommen, dass meine
Schwiegermutter nicht nur das Hobby, sondern auch gleich noch den Hobby-Urlaub
mit uns teilen würde.
„Warum
ich?“, fragte ich mich selbst mehrmals laut und verschluckte dabei eine größere
Menge Meerwasser. Dies löste einen Hustenanfall aus, der so enorm war, dass der
portugiesische Bademeister bereits besorgt auf mich zueilte. Im Gegensatz zu Rigoletto übrigens, der im Schatten seines Fleischberges
von Mutter auf meiner Sonnenliege saß und gemütlich mit seinen Eltern
schwatzte. Da ich noch nicht so weit war, ebenfalls zu tun, als wäre es das
Normalste der Welt, dass die Schwiegereltern als Überraschungsgäste im Urlaub
auftauchten, schwamm ich einfach weiter.
Nach einiger Zeit war meine Hände so schrumpelig, dass ich als
ET-Double gutes Geld hätte verdienen können. Ganz wie ET hatte auch ich das dringende
Bedürfnis, nach Hause zu telefonieren und irgendjemandem von meinen schier
unglaublichen Erlebnissen zu erzählen.
Plötzlich sah ich, dass Rigoletto mir vom
Strand aus zuwinkte. Ich machte selbstverständlich keinerlei Anstalten, auf
sein Winken zu reagieren. Stattdessen blickte ich trotzig in die andere
Richtung, wo ich sehen konnte, wie Ingrid und Igerich in Richtung Hotel abzogen. Vielleicht hatte ihr Sohn sie überzeugt, dass der
gemeinsame Urlaub doch keine so eine gute Idee gewesen war und sie machten sich
auf den Weg zum Flughafen? Der ewige Optimist in mir gab mir neue Hoffnung.
Natürlich wusste ich, dass die Wahrscheinlichkeit unter 0,1 Prozent lag,
dennoch schwamm ich Richtung Rigoletto , allein schon
weil meine Haut mittlerweile aussah wie die von ETs Großmutter.
So grazil wie möglich
entstieg ich dem Wasser, wobei ich auf eine spitze Muschel trat und mir ein
wenig grazienhaftes „Scheißmuschel“ entfuhr.
„Tut
es sehr weh?“ Rigoletto war so mitfühlend, wie eine
Mutter bei ihrem dreijährigen Kind, dem eben eröffnet wurde, dass es
unverschuldet nie wieder auf den Spielplatz darf. Der Mann wusste, was er getan
hatte.
„Soll
ich dir ein Pflaster holen?“
Die Schärfe meines „Nein“ hätte jedem US-Militäroberst, den ein
Rekrut gerade gefragt hatte, ob er schwul sei, zur Ehre gereicht.
„Ich
wollte dir nur sagen, dass unsere Golfstunde in fünf Minuten anfängt?“ Die
Worte meines Freundes klangen erneut mehr wie eine Frage denn wie eine
Feststellung.
Die Golfstunde! Die Erlösung, dachte ich. Eine Stunde Aufschub und
nicht sprechen müssen über das, was vorgefallen war.
„Ok“,
sagte ich möglichst unbeteiligt, trocknete mich ab, zog meine Golfsachen an und
folgte Rigoletto zum Golfplatz.
Nach einer schweigend verbrachten Trainingsstunde gingen mein Hase
und ich in unser Hotelzimmer, von dem ich inständig hoffte, dass es weiterhin
unseres war und es nicht etwa von Ingrid und Igerich in Beschlag genommen worden war. Die Golfstunde hatte mir leider keinerlei
Erleuchtung über mein weiteres
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