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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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gleich zehn. Soll ich dich heimfahren oder nicht? Noch kann ich.« Chris stand auf.
    »Ja, auf jeden Fall. Danke, dass du’s machst. Ihr bleibt noch?«
    »Klar«, sagte Mickey. »Oder frierst du, Laura? Dann kannst du auf meinen Schoß kommen.«
    »Ich fahre auch mit nach Hause, Chris.« Olga küsste Dustin und schloss sich an.
    »Okay. Und was ist mit euch, Julian?«
    Bitte, bitte, sag, dass wir mitfahren wollen!
    »Wir gehen nachher noch tanzen, oder, Dustin?«, sagte mein Freund.
    »Können wir machen. Wir warten, bis Chris wiederkommt, dann ist es elf und wir können runter ins
Tropic

    »Cool, ins
Tropic
!« Laura musterte ihre helle Jeans. »Hoffentlich hab ich hier keine Grasflecken abbekommen, dann krieg ich aber ’ne Krise,
     Alter, weißt du, wie teuer die Hose war?« Sie schubste Mickey an, den das aber nicht zu interessieren schien. Daher erinnerte
     sich Laura, dass es noch ein Mädchen gab, das vielleicht für ein solches Thema zu haben war. Aber sie lud mich nicht ins Gespräch
     ein, sie sah mich nur an und musterte mich. In dem Moment glaubte ich regelrecht ihre Gedanken zu spüren: »Mit der würde ich
     noch nicht mal reden, wenn weit und breit kein anderer Mensch da wäre.« Und ich fühlte mich schlecht, wertlos, erniedrigt
     und ausgeschlossen; hässlich fühlte ich mich. Chris ging zusammen mit Olga und Esra zum Auto, alle Hoffnung schwand, ich war
     allein. Julian bot mir keinen Schutz, niemand bot mir Schutz, niemand mochte mich und nicht einmal meine Vorstellungskraft
     half noch. Ich konnte mir den Fuchs nicht mehr an meiner Seite vorstellen. Von einer derart Verachteten und Verletzten wiemir musste ja auch er sich abwenden. Ich grub meine Fingernägel in meinen Arm, ich schnappte nach Luft, ich jaulte auf, weil
     mir die Tränen kamen, und das Essen kam mir auch wieder hoch und da konnte ich es nicht mehr aushalten, ich sprang auf, sagte:
     »Ich hau ab!«, und rannte in die Dunkelheit.

17
    Ich kam nicht weit. Nicht, weil Julian mir nachrief, ich sollte bleiben, es sei nicht gut, hier nachts herumzulaufen. Für
     mich gab es nichts, das schlechter war als das Zusammensein mit diesen Leuten. Bei ihnen würde ich mit Riesenschritten auf
     einen Rückfall zusteuern. Die Arme vorm Gesicht, Tränen abwischend, Zweige zur Seite schiebend, stürzte ich durch den Wald.
     Ich lief nicht auf dem Pfad, den wir hinaufgekommen waren, aber es ging bergab und nur das zählte. Ich wollte vor allem den
     Hügel hinunter, hatte die vage Vorstellung, zur Straße zu laufen und dann   … Ja, was eigentlich? Allein irgendwie runter in den Ort zu kommen, womöglich in einer kalten Bahnhofshalle zu schlafen und
     wie eine Flüchtende ohne Gepäck abzureisen?
    Ich hatte keine Ahnung. Auch nicht von der Geografie dieses Gebietes. Ich wusste nicht, dass es dort Höhlen, Schluchten und
     Steilabbrüche gab. Ich fiel einfach.
    Der Boden unter meinen Füßen war plötzlich fort. Meine Arme ruderten durch die Luft und durch meinen Kopf schoss ein letzter
     verrückter Gedanke: Dies alsowar das Ziel, auf das mein Schwindel immer hingesteuert hatte – der Moment des Fallens. Hier war er, zu überraschend und zu
     kurz, um Angst zu empfinden, schrecklich und schön zugleich. Jedes Gefühl für Körper, Raum und Realität war ausgelöscht, und
     das war irre, fast grandios. Für einen kurzen Moment jedenfalls.
    Dann lag ich in der Dunkelheit.
    »Eva! Eeeeevaaaa!«
    Sie riefen meinen Namen, immer und immer wieder. Irgendwo oberhalb von mir waren sie, ließen Zweige knacken, stießen Flüche
     aus, beschuldigten sich gegenseitig.
    »Wenn sie irgendwo runtergestürzt ist, seid ihr schuld, ihr habt ihr Angst gemacht mit eurem blöden Gerede!«
    »Red nicht, Julian! Du hast mal wieder zu viel getrunken und dich gehen lassen. Nur deshalb ist sie abgehauen!« Das kam von
     Dustin.
    »Eben! Warum sollte sie vor uns Angst haben?«, fragte Laura. »Vor uns braucht überhaupt keiner Angst zu haben, wir sind nämlich
     total unschuldig an der ganzen Sache, wir helfen nur den Schwachen!«
    »Wir sind die Robin Hoods des Rabenwaldes!«, brüllte Mickey und rüttelte dem Geräusch nach wie ein Bär an einem Bäumchen.
    Meine Augenlider kamen mir schwer vor wie Garagentore. Warum sollte ich sie mühevoll aufhalten? Mein Kopf tat weh, ich war
     müde, wollte am liebsten schlafen, hier einschlafen in meinem Bett aus Blättern und Lehm.
    »Eeeva!« Julians Stimme klang ernsthaft besorgt. »Komm zurück! Bitte! Eeeeeva! Ich liebe

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