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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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Heulen ein und die Geräusche des Waldes drangen wieder in mein
     Ohr. Ein Windstoß fuhr in meine Haare und ich musste mich fragen, ob der Wind jetzt auch durch Alinas Haare fuhr, ob er sie
     leicht anhob und sanft senkte, wie er es getan hatte, als sie noch lebte, nach Shampoo duftete und wahrscheinlich jeden noch
     so kleinen Erdkrümel energisch aus ihrem Haar gekämmt hatte. Jetzt dagegen   …
    Die Gedanken fuhren kreuz und quer durch meinen Kopf.
    Minirock und Maxibeine. Hoffentlich hatte Laura ein ordentlich schlechtes Gewissen. Hoffentlich litt sie richtig. Hoffentlich
     tat ihr das alles mal richtig leid. Da hatten die beiden sich noch auf der Toilette getroffen und nicht geahnt, dass es das
     letzte Mal gewesen war.
    Es war am Dienstagabend auf diesem Schulfest gewesen. Während Esra vielleicht mit meinem Julian geknutscht und gefummelt hatte,
     war Alina hierhergekommen. Warum? Was wollte sie denn hier? Hier gab es doch nichts. Nur die Bäume mit ihren langen Ästen,
     den gleichgültigen Mond und die höhnischen Sterne. Sie hätte auf das Fest viel besser hingehört. Ins Licht, ins Haus, unter
     die Menschen.
    Alina – ich hatte sie nicht gekannt und würde sie doch niemals vergessen – war nach meinem Opa die zweite Tote, die ich in
     meinem Leben gesehen hatte. Mein Opa war im Krankenhaus gestorben, in den frühen Morgenstunden, bevor die Verwandten kamen,
     allein. War Alina auch allein gewesen? Warum sonst hatte ihr keiner geholfen, als sie gestürzt war? War sie denn gestürzt
     – oder war sie gestoßen worden?
    »Es kann nicht mehr lange dauern, Evchen. Halt durch! Wir schaffen das!«, sagte Julian, der merkte, dass ich mich schon wieder
     zusammenkrampfte.
    »Was meint ihr?«, fragte ich langsam und mit großer Anstrengung. »Hat sie sich wohl umgebracht? War das ein Unfall oder   … oder   …«
    Julian räusperte sich, Laura bekam eine Art Heul-Schluckauf.
    »Alter, wenn das kein Unfall war, dann wünsche ich, dass sie den kriegen und dass sie den   …« Mickey knurrte wie ein böser Hund, ballte die Fäuste und knirschte mit den Zähnen. »Wenn ich herausfinden würde, wer das
     war, dann   …«
    »Was dann?«, unterbrach ihn Dustin. »Willst du, dass wir ihn verprügeln wie Mirko?«
    Daraufhin schwieg Mickey und auch ich merkte trotz des Schocks, wie unsinnig sein Gerede war.
    Wir waren schließlich keine Ermittler und hatten keine Ahnung, wer, wenn überhaupt, diesem Mädchen etwas getan hatte. Zwar
     hatten einige von uns sie gekannt und konnten sagen, dass sie sie auf ihrer letzten Party noch gesehen hatten. Das war aber
     auch alles. Im Grunde genommen hatten wir sie einfach nur gefunden, zufällig, weil ich quasi über ihre Leiche gestolpert war.
    Gott, was für eine grausame Vorstellung! Nur gut, dass sich mir der Anblick nicht zu sehr eingeprägt hatte! Schon jetzt wusste
     ich praktisch nur noch, dass Alina nicht nackt gewesen war, dass sie einen blauen Jeansrock und eine weinrote Jacke getragen
     hatte. Alles andere hatte ich kaum gesehen. Bis auf ihre Hand. Falls das helle, mondbeschienene, kleine Etwas da im Blätterbett
     überhaupt ihre Hand gewesen war. Ich kniff die Augen zusammen, um das Bild der Hand zu zerstören, aber vergeblich. Ich blickte
     auf meine eigene zarte Hand, streichelte sie unbeholfen, sagte: »Alles nicht wahr, alles nicht schlimm   …«, und immer so fort und merkte erst, dass mir die Tränen in Bächen die Backen herunterliefen, als Julian sie mir mit einem
     Taschentuch abwischte.

18
    Endlich kamen Lichter auf uns zu, die Polizisten nahten.
    Man führte uns vom Fundort der Toten fort zur Forststraße, wo die Autos standen, stellte uns viele Fragen und versuchte nach
     Kräften, uns zu beruhigen. Ich konnte nicht viel sagen, klammerte mich neben Laura in einem Polizeibus sitzend an eine Tasse
     faden Tee und versuchte nachzuvollziehen, warum ich den Picknickplatz verlassen hatte und blindlings losgerannt war. »Mein
     Freund Julian und ich haben uns gestritten«, erklärte ich. »Ich befürchte, er hat noch eine andere.«
    Das war natürlich nur die halbe Wahrheit. Ich sagte kein Wort vom Schulfest, Mirkos Erpressung, der Rache der Clique. Auch
     als mich der grauhaarige Polizist mit dem Vollbart, dem ich am Nachmittag begegnet war, wiedererkannte und beiläufig fragte,
     ob ich zu der Prügelei etwas ergänzen wollte, verneinte ich.
    »Na, das ist ja jetzt auch wahrlich zweitrangig.« Er nickte und sah mich mitleidig an, dachte wohl, dass mir

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