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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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dich!« Wierührend, dramatisch, fast filmreif. Wer sollte ihm das glauben?!
    »Eva! Wir wollten doch ins
Tropic
!« Natürlich, Laura, wir trinken Schwesternschaft und dann verschwinden wir aufs Klo, um uns in trauter Zweisamkeit die Lippen
     nachzumalen und über die Beine anderer Mädchen zu lästern.
    »Eeeva!« Sie entfernten sich.
    Ich sollte sie nicht gehen lassen. Letztlich war ich auf sie angewiesen und ihre Gesellschaft war das kleinere Übel.
    »Ich bin hier!« Ich steh ja schon auf. Ich stünde schon längst, wenn sich die Welt nicht so unablässig drehen würde, wenn
     meine Beine nicht dort oben in der Luft baumelten und mein Kopf nach unten hinge.
    Es gab doch da irgendeine Übung, die ich mal gelernt hatte. Wofür war die noch, half die? Ich wusste es nicht, aber ich war
     schon unwillkürlich dabei, sie auszuführen, klopfte mir mit dem Knöchel des Zeigefingers leicht, aber schnell auf eine Stelle
     unterhalb der Nase.
    Erst tat sich gar nichts, dann erwischte ich einen Moment, in dem ich mir sicher war, dass ich glatt auf dem Boden lag, und
     überwand die Furcht, nahm Schwung und setzte mich auf. Kurz darauf stand ich, hörte die Stimmen zurückkommen, rief irgendwas
     und packte gleichzeitig einen Ast, an dem ich mich festhalten konnte. Die durchdrehende Welt hielt inne, die Dinge ließen
     sich ordnen: Mein linkes Handgelenk tat weh, ebenso mein rechtes Knie. Sonst aber schien ich unverletzt zu sein. Kein Blut,
     keine starken Schmerzen, keine Taubheitsgefühle.
    »Eva? Wo bist du?«
    Wie tief war ich gefallen? Zwei Meter, drei? Ich drehte den Kopf ein Stückchen nach oben und bereute es sofort. Gut, dass
     da der Ast war, an dem ich mich festhalten konnte!
    »Eva? Da bist du ja! Gott sei Dank!« Das Licht einer Taschenlampe leuchtete mich von oben an. »Alles klar?«, fragte Dustin
     nicht mehr ganz so unfreundlich. »Geh nach links, du kommst hier schlecht hoch. Hundert Meter weiter ist der Abhang am steilsten,
     da gibt es eine Treppe. Wir kommen dahin.«
    »Keine Sorge, da sind jetzt keine Abhänge mehr, du bist ganz unten. Du hast wahnsinniges Glück gehabt, dass du schon hier
     vorn runtergestürzt bist. Da drüben ist’s noch viel höher und steiler, bis zu acht Metern, das ist der Hammer! Ich hab jetzt
     echt Angst um dich gehabt, Evchen. Ist doch alles in Ordnung mit dir, oder?«
    »Ja, Julian, ist okay.« Ich rieb mir über das Gesicht. Er musste wirklich ein schlechtes Gewissen haben, sonst würde er nicht
     so viel reden. Wie auch immer! Ich würde das jetzt hinter mich bringen, gute Miene zu bösem Spiel machen und mich so neutral
     wie möglich gegenüber Julian und seinen Freunden verhalten. Ich würde, wenn nötig, noch einen Cocktail trinken und den Rest
     der Nacht mit Julian in der Mühle verbringen, dann aber gleich morgen früh den ersten Zug nach Hause nehmen. Meine Eltern
     anrufen, damit sie mich vom Bahnhof abholen. Ihnen vorlügen, dass die Zeit mit Julian ganz gut, aber eben nicht perfekt gewesen
     sei – er sei doch nicht die große Liebe. Die Wahrheit musstensie nicht wissen, die würde ich maximal dem Fuchs erzählen. Bis dahin würde ich mir einreden, dass ich trotz allem stark gewesen
     war, alles versucht hätte.
    Mich wie ein Seekranker auf schaukelndem Schiff an jedem Ast festhaltend, schleppte ich mich im Schneckentempo mühsam unterhalb
     des Steilabbruchs durch den Buchenwald. Mein Handgelenk fühlte sich an, als wären splittrige Hühnchenknochen darin, mein rechtes
     Knie war eindeutig die wärmste Stelle meines Körpers und schwoll wohl gerade zu Ballongröße an. Mein Schwindel war hartnäckig,
     ließ aber nach, wenn ich mich mit allen Sinnen auf meine Schritte und die Schmerzen in Hand und Knie konzentrierte.
    Auf das, was links und rechts meines Weges unterhalb der tatsächlich immer höher aufragenden Steilwand lag, achtete ich zunächst
     nicht. Dann aber sah ich direkt neben mir blasse Farben auf dem Boden. Ich schrie gellend.
    Zwar registrierte ich, was ich sah, konnte aber keinen Begriff dafür finden. Die Botschaft wurde in meinem Gehirn erkannt,
     aber nicht an die Stellen meines Körpers gesandt, die Emotionen ausschütten, Entscheidungen treffen, Bewegungen in Gang setzen.
     Ich verstand und wollte nicht verstehen, eine ins Endlose verlängerte Schrecksekunde.
    Also schrie ich. Solange ich schrie, lebte ich – hörte ich auf, fiele ich um und läge im nächsten Moment so da wie sie.
    Das Schreien hatte auch einen praktischen Nutzen, es

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