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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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in diesem Urlaub
     nichts erspart bliebe. »Wenn Ihnen doch noch etwas einfällt   …«
    »Bestimmt nicht.«
    »Laufen Sie nicht mehr so kopflos und allein durch den Wald! Wir wissen nicht, womit wir’s hier zu tun haben, das habe ich
     Ihnen ja heute Mittag schon gesagt.«
    »Ich weiß. Ich werde mich jetzt daran halten, versprochen.«
    »Gut.« Er lächelte aufmunternd und ging.
    Die Befragungen waren fürs Erste beendet. Wir hattenAlina ja »nur« gefunden, hatten nichts angefasst und nichts verändert. Jetzt warteten wir darauf, offiziell entlassen zu werden.
     In diesem unbeobachteten Augenblick stieß Laura mich an und sagte leise. »Auf dich ist ja doch Verlass. Danke. Unsere Sache
     hat mit der Geschichte ja auch wirklich nichts zu tun.«
    »Nein«, antwortete ich. Weil ich es hundertprozentig glaubte.
     
    Ein Streifenwagen brachte Julian und mich zur Mühle, ein zweiter die drei anderen nach Hause in den Ort, da Laura sich nicht
     traute, selbst zu fahren. Auf halbem Weg kam uns Chris mit dem Geländewagen entgegen, wurde ebenfalls kurz von den Polizisten
     befragt und danach zurückgeschickt.
    »Das war’s dann wohl mit Urlaub«, sagte Julian tonlos, als wir vor der Eingangstür zum Apartment standen und der Wagen davonfuhr.
    »Tja«, flüsterte ich, »meine Stimmung war sowieso nicht mehr die beste, aber   …« Jetzt, da alle anderen weg, keine Fragen mehr zu beantworten und keine Dinge mehr zu erledigen waren, kam das Begreifen.
     Ein Mädchen war umgekommen und auch ich hätte tot sein können. Schon am ersten Abend war mein leichtsinniger Lauf durch den
     Wald lebensgefährlich gewesen, heute war ich sogar an ähnlicher Stelle wie Alina selbst gestürzt. Und hatte das Fallen für
     einen winzigen Augenblick sogar schön gefunden. Das trieb mir die Tränen in die Augen. Ich fühlte mich schuldig. Wie konnte
     ich nur so etwas gedacht haben!
    Julian legte den Arm um mich, schloss die Haustürauf und schob mich hinein. »Jetzt müssen wir uns wohl beide erst mal erholen. Und ich dachte, wir würden glücklich sein, Zeit
     füreinander haben   …«
    Plötzlich begann er zu weinen. Die ganze Zeit hatte er die Tränen wohl zurückgehalten, jetzt konnte er nicht mehr. Er schlug
     die Hände vors Gesicht, wandte mir den Rücken zu, lehnte sich mit der Stirn gegen die Tür. »Mir tut das alles so leid. Dass
     ich dich belogen habe, dass nichts hier gut läuft, und jetzt auch noch das.« Er holte tief Luft und putzte sich die Nase.
     »Das ist einfach zu viel! Und warum ausgerechnet Alina? Ich meine, ich hab die kaum gekannt, aber ein paarmal hab ich sie
     gesehen, die war auch öfter wegen irgendwas hier in der Mühle. Ein bisschen crazy war sie, aber ’ne ganz Nette, die war irgendwie
     so wie du.«
    »Wie ich?«, fragte ich erschrocken.
    »Ja, nein, nicht vom Aussehen, vom Charakter. Die war voller Energie und hatte so viele Träume und Talente, aber die hat das
     nicht so nach außen getragen, so wie Laura zum Beispiel. Nein, die war meistens eher still und verschlossen und zielstrebig,
     ja, zielstrebig, wie du, und da ist das nur manchmal so aufgeblitzt, das hat einen total überrascht. Das klingt jetzt alles
     verworren und ich weiß auch nicht, wie ich das sagen soll, aber die war zum Beispiel mehr als mollig, richtig dick, ja, und
     die sah trotzdem unglaublich klasse und sexy aus, trotz ihres dicken Hinterns! Dagegen ist die Laura gar nix! Dann konnte
     die Alina einem manchmal ganz viel erzählen und einen mit ihren Bildern begeistern, richtig mitreißen konnte sie dich. Ist
     schon klar, dass Laura sie nicht mochte. Alina hat viel intensiver gelebt. Wennsie mal durchgebrannt ist oder gekifft hat – was soll’s? Alina war eben interessant und nicht so leicht zu durchschauen. Manchmal
     war sie sogar ganz schüchtern, irgendwie vorsichtig. Ich weiß nicht, ich glaub, die hat ’ne Menge Geheimnisse gehabt. Ja,
     die war wohl wirklich was Besonderes, eben so wie du.«
    Diese Vorstellung war mir unerträglich. »Oh bitte, sag so was nicht!«
    »Aber es stimmt. Ich wette, die hat auch Tagebuch geschrieben, und wenn man ihr gesagt hat: ›Geh nicht durch den Wald!‹, ist
     sie erst recht gegangen.«
    »Julian, bitte, hör jetzt auf!« Ich legte meine Stirn an seinen Rücken und meine Arme um seinen Bauch. Sein Sweatshirt wurde
     nass von meinen Tränen, und als er sich zu mir umdrehte, vermischten sie sich mit seinen.
     
    Wir schliefen sehr schlecht. Die Nacht schien endlos, dunkel und

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