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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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Ich deutete auf sein blaues Auge und den Riss in der Jacke. »Das war sehr unfair von denen
     und tut mir leid. Ich weiß aber auch, warum die das gemacht haben.«
    Hatte ich das nicht gut gesagt? Der Fuchs hätte es nicht besser gekonnt! Einen Moment lang fand ich mich toll, dann sah ich
     Bernd aus der Garage kommen und hörte Mirko antworten: »Ich weiß nicht, wovon du redest. Ich hab keinem was getan! Ich bin
     ohne jeden Grund überfallen worden! Die Arschlöcher, die das gemacht haben, gehören eigentlich angezeigt!«
    »Julian hat also doch etwas damit zu tun, stimmt’s?«, fragte mich Bernd Vollmer. »Na, ich wollte seine Eltern sowieso längst
     anrufen.«
    »Sie wissen genau, dass Julian nicht dabei war«, rief ich.
    Der Mann verunsicherte mich. Mit dem kurzärmeligen Hemd, das er trotz des umgeschlagenen Wetters trug, der gebräunten Haut
     und dem Dreitagebart sah er gut aus, ein wenig wie ein Filmschauspieler, dessen Name mir nicht einfiel. Aber wie abschätzig
     er mich ansah! Nackt und minderwertig kam ich mir unter seinem Blick vor, und das nicht nur, weil ich ungekämmte Haare hatte
     und außer meinem Nachthemd nur ein übergroßes Sweatshirt von Julian trug.
    Ich zeigte auf Mirko. »Du hast Fotos von Esra gemacht und sie damit erpresst!« Sich so aufzuregen war unglücklich und ein
     Zeichen von Schwäche, aber Vollmers Was-glaubst-du-eigentlich-wer-du-bist-Blick und Mirkos beständiges Kopfschütteln trieben
     mich in die Enge und ließen mich ungewollt Partei für Esra und die Clique ergreifen. »Ich habe die Fotos selbst gesehen, bevor
     wir sie verbrannt haben. Du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht weißt, wie Moslems reagieren, wenn man ihnen solche Bilder
     von ihren Töchtern unter die Nase reibt!«
    Die drei Schnappschüsse erschienen wieder vor meinem inneren Auge: Enge, rauchige Schulfestatmosphäre. Viele Menschen, die
     tanzen, reden, lachen, trinken und feiern, ohne zu wissen, dass sie fotografiert werden. Im Vordergrund Esra und der geheimnisvolle
     Unbekannte – mein Freund?
    Wenn ich ehrlich war, ging es mir natürlich gar nicht um Gerechtigkeit für Esra, sondern allein um mein Verhältnis zu Julian.
    Mirko merkte entweder nicht, worauf ich hinauswollte, oder er wollte mir nicht entgegenkommen. Resigniert schüttelte er den
     Kopf: »Was immer die dir erzählen, seivorsichtig bei dem, was du glaubst. Schwindel ist das halbe Leben. Ich sage dir jetzt, wie es für mich war, okay? Ich habe
     Fotos gemacht, richtig. Anschließend habe ich drei davon ausgedruckt, nur ein einziges Mal und nur diese drei. Esra hat sie
     mir sofort aus der Hand gerissen, hat sich aufgeführt wie eine Furie. Ich schätze, sie bereut genauso wie ihr Lover, dass
     sie sich auf dem Fest so haben gehen lassen: Betrinken sich, knutschen rum, fummeln in der Öffentlichkeit. Für sie nicht gerade
     brav und keusch und so, für ihn   …. Aber das ist deren Problem, nicht meins. ›Ich schenk dir die Fotos‹, hab ich gesagt, ›kannst sie in euer Familienalbum
     kleben. Dein Papa freut sich bestimmt.‹ Das war alles. Ein ironischer Kommentar, mehr nicht.«
    Vollmer hörte mit gerunzelter Stirn zu. »Davon weiß ich ja noch gar nichts. Das kannst du mir gleich noch mal in Ruhe erzählen.
     Immer dieser Ärger   – Fotos, die Sache mit der Clique   …« Er brummelte noch einiges Unverständliche vor sich hin und nahm dann seinen Sohn barsch am Arm. »Komm!«
    »Wenn’s so war, war’s ein Missverständnis«, rief ich Mirko hinterher. »Esra denkt wirklich, dass du sie fertigmachen willst.
     Aber ich kann mit ihr reden. Wenn ich sehe, wie du die Dateien auf deinem PC löschst, und mir die ausgedruckten Fotos und
     am besten auch noch das Handy gibst, weiß sie, dass du sie nicht erpressen willst. Dann kann man das alles regeln, sie kann
     dir das Handy zurückgeben, sobald sie die Sachen gelöscht hat und   …«
    »Stopp mal!«, schnauzte mich Bernd Vollmer plötzlich an. »Mein Sohn muss sich in keinster Weise rechtfertigen oder verteidigen
     oder sonst irgendwas! DeineFreunde können von Glück sagen, dass Mirko auf eine Anzeige wegen Körperverletzung verzichten will, ich an seiner Stelle würde
     das nicht.«
    »Aber   …«
    »Sie haben wohl mit Ihrem Freund Julian ein Problem, so wie ich das mitbekommen habe? Ist er auf diesen Fotos? Ich glaube,
     Mirko, du brauchst da keine falschen Rücksichten zu nehmen, du kannst ihr das ganz klar sagen.«
    Mirko schwieg. Um mich zu schonen oder um mich

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