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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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machte? Was, wenn es sich um denselben Täter handelte? Suchte ich nicht die ganze Zeit schon nach einer Verbindung?
    Und hatte Julian nicht gesagt, Alina und ich, wir seien uns ähnlich?
    »Ha-hast du der Polizei davon erzählt?«
    »Nein!« Esra lachte unfroh. »Weißt du, was mein Vater sagt, wenn ich mit der Polizei zu tun habe?«
    »Aber das solltest du trotzdem!« Ich hätte es auch längst tun sollen.
    »Nein!« Sie erhob sich und wischte unsere freundschaftliche Vertrautheit mit einer einzigen brüsken Handbewegung weg. »Ich
     weiß ja gar nichts. Alina hat mir doch nicht gesagt,
wen
sie in Verdacht hatte. Ey, was passiert ist, tut mir leid, aber ich hab keinen Bock auf Ärger!« Schnell verschwand sie im
     Getümmel.

26
    »Warte!«, rief ich und versuchte vergeblich ihr zu folgen. Im Dschungel aus zuckenden Armen, Beinen und Köpfen war kein Durchkommen.
     Im Nu hatte ich sie aus den Augen verloren.
    Wo waren die anderen? Was, wenn ich sie nicht wiederfand?
    Ich blieb stehen, auf einmal allein in einer Umgebung, die mir feindlich vorkam. Ein Dunkelhaariger zwinkerte mir mit eindeutig
     sexuellem Unterton zu, ein pickeligerBlonder probierte ebenfalls seinen Flirtblick an mir aus, ein dritter Mann schubste mich wie zufällig und die beiden Mädchen
     am Nebentisch kicherten hundertprozentig über mich. »Das ist Einbildung, Eva«, sagte ich mir streng, konnte mich aber nicht
     überzeugen. Das Gefühl des Beobachtetwerdens war so stark, dass ich mit dem Verstand nicht dagegen ankam. Die Angst umklammerte
     meine Beine, meinen Brustkorb, meinen Hals. Gleich würde ich mich nicht mehr bewegen können. Ich musste etwas dagegen tun,
     schnell!
    Was würde der Fuchs mir jetzt raten? Vielleicht langsam zur Bar hinübergehen, ein Mineralwasser bestellen, trinken, ruhiger
     werden, mich bemühen, all die neuen Informationen zu verknüpfen, Julian zu suchen und dann endlich die Polizei anzurufen.
    Ich wollte diesen Plan gerade in die Tat umsetzen, als ich hörte, wie der Discjockey die Musik herunterdrehte und sich, einem
     Radiomoderator gleich, den Wünschen seiner Gäste widmete. Es musste schon ein ziemlich junges oder ziemlich blödes Publikum
     sein, das solche Angebote schätzte.
    »Bevor wir den nächsten Hit spielen, ausgesucht von Carolin für Dominik –
the message is in the song
–, habe ich wie jeden Samstag um elf vor elf ein paar Liebesgrüße zu verlesen. Der erste ist, Moment« – man hörte, wie er
     einen Umschlag aufriss – »für
Eva in der Mühle

    Ich erstarrte und klammerte mich an einen Stehtisch. Ich wusste, was kommen würde, und konnte es nicht verhindern.
    »Hey, da ist ja einer aus lauter Liebe richtig literarischgeworden! Ihr wisst doch, die Spielregel lautet: nicht mehr als drei Sätze. Aber gut, ich les mal, vielleicht gefällt’s uns
     ja.«
    Ahnten die Leute, spürten die Leute   …? Zum Beispiel die Mädchen da, die rüberguckten, kicherten, die Köpfe zusammensteckten – wussten sie, dass ich gemeint war?
    Wer sonst? Das konnte doch nur ich sein. Das sah man mir auf 100   Meter Entfernung an. Ja, stand etwa noch jemand anderer in dieser ganzen bescheuerten Riesendisco so da, als würde er gleich
     einen Herzanfall kriegen?
    Der DJ räusperte sich. »
Ich war nicht schuld an dieser gemeinen Geschichte. Ich geriet in Verdacht, weil niemand mich mochte, weil niemand mich kannte
     und niemand mir glauben wollte
. – Ah, hier haben wir ein Geständnis! Gleich kommt: Bitte, verzeih mir, Eva-in-der-Mühle! Na, wollen wir das hören?«
    Der DJ war dumm und das Publikum sensationsgeil:
»Sogar mein Fuchs, der doch mein Vertrauter, mein Zufluchtsmensch war, hatte Zweifel an meiner Geschichte.«
    Ich quiekte auf. Die hatte er nicht gehabt! Das hatte ich nur befürchtet! Ich hatte diese Worte wider besseres Wissen hingeschrieben,
     aus Selbstmitleid oder um mir wehzutun, ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass er mir von Anfang an geglaubt hatte.
    Dieser Gedanke gab mir Kraft. Nicht dass ich diese Kraft besonders überlegt hätte einsetzen können. Nein, ich stürmte einfach
     nur wild durch die Disco. Als ich mich Menschen anrempelnd, Gläser umstoßend, boxend und schubsend in Richtung Ausgang vorkämpfte,
     hörte ich den DJ sagen: »Also, Freunde, irgendwie ist das einkomischer Liebesbrief. Ich glaub, wir machen mal lieber wieder Musik.«
    Ich stürzte an den Türstehern hinaus ins Freie. Zehn, fünfzehn Schritte, dann war ich zwischen den parkenden Autos verschwunden,
    

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