Schwindelfreie Luegen
unauffällig eingenäht in den zarten Saum des schwarzen Juwelensäckchens. So wird man wenigstens den Schmuck finden, nachdem Alexej, Nicolai und die ominösen Hintermänner meine Leiche nach der Übergabe entsorgt haben.
»Das wirst du mir büßen, und wenn ich dich bis ans Ende der Welt jagen muss«, flüstere ich Nicolai leise zu, der nur auf mich herunterlächelt.
»Ich könnte dich küssen«, sagt er leise.
Vor dem Bahnhof in Paris herrscht ein solches Gewimmel von Pendlern und Touristen, dass der Platz mehr als unüberschaubar ist. Die Sonne geht gerade unter und taucht den Himmel in ein Orangepink, das ich als schön empfände, würde ich nicht in dieser prekären Lage stecken.
E ingekeilt zwischen Alexej und Nicolai könnte ich vor Wut heulen, doch das hebe ich mir für später auf.
Plötzlich verdunkelt die Silhouette eines Mannes die tief stehende Sonne. Im Gegenlicht muss ich die Augen ein wenig zusammenkneifen, ich kann kaum etwas erkennen.
»Sylvie ! Wer hätte gedacht, dass wir uns hier wiedersehen?«
»Herr Kovac ? Was machen Sie denn hier?« Ich fasse es nicht. Tatsächlich, ich stehe meinem Chef gegenüber und sehe an seinem herablassenden Grinsen, wie überflüssig und dumm meine Frage ist. »Sie sind der Auftraggeber!«
»Gib ihm die Tasche!«, befie hlt mir Nicolai und reißt sie mir fast von den Schultern.
Kovac wirft Nicolai einen schnellen Blick zu und runzelt die Stirn.
Für einen Augenblick bin ich irritiert. Kein Hallo, kein Schulterklopfen, nichts? Vielleicht geht man bei der russischen Mafia so miteinander um.
Gierig streckt Kovac die Hände nach meinem Umhängebeutel aus.
» Nein!« Ich will den Eindruck erwecken, dass ich sie unter keinen Umständen loslassen werde.
» Ich will erst die Juwelen sehen.«Kova cʼ Gesicht ist ernst und leicht verzerrt. Als er merkt, dass ich mich nicht von den Juwelen trennen will, öffnet er seinen Mantel ein wenig und ich erkenne, dass er eine Pistole im Hosenbund trägt, auf die er nun seine Hand legt, so, dass die Waffe weiterhin vom Mantel verdeckt und neugierigen Blicken verborgen bleibt. Der einst so nette Juwelier verwandelt sich in Sekunden in einen Gangster und in seinen Augen erkenne ich, dass er von seiner Waffe skrupellos Gebrauch machen wird.
» Los, geh schon!« Alexej schiebt mich vorwärts.
Ich füge mich , und als ich nach zwei Schritten unmittelbar vor Kovac stehe, erkenne ich aus dem Augenwinkel, wie Nicolai eine Hand in seine Manteltasche schiebt. Die Umrisse seiner Waffe werden sichtbar.
» Zeig mir die Diamanten!«Kova cʼ Stimme klingt so, als sei er es nicht gewohnt, zweimal zu fragen.
Ich öffne die Tasche und hole den Ex celsior Ring heraus, dann lege ich ihn in Kova cʼ freie Hand. Er begutachtet das kostbare Schmuckstück nur oberflächlich, dann lässt er es in seiner Tasche verschwinden.
» Ich kann nur hoffen, dass das die echten Diamanten sind, ansonsten werde ich dich suchen lassen. Nun gib mir deine Tasche.«
» Wie hätte ich so schnell Duplikate anfertigen können?«, frage ich gelassen, trotz der bedrohlichen Lage, in der ich mich befinde. Umständlich krame ich meine Papiere aus meiner Tasche, ehe ich sie ihm überreiche, ich muss Zeit gewinnen. Meine Gedanken überschlagen sich auf der Suche nach einer Lösung für meine verzwickte Lage, aber mir fällt keine ein.
»Was ist mit unserem Geld?«, fragt Alexej panisch, doch als Kovac auf den Aktenkoffer zu seinen Füßen zeigt, beruhigt er sich.
»Gut«, nickt er .
Kovac zieht mich mit und bedeutet Alexej mit einem Nicken, den Koffer zu nehmen.
»Sie trauen mir mehr, als Ihrem Neffen?«, fragt Alexej verwundert.
Kova cʼ Blick schnellt zu Nicolai, dann wandert er mit bedrohlicher Ruhe zu Alexej. »Neffe?«, fragt er tonlos und runzelt die Stirn. »Was wird hier gespielt, mein alter Freund?«
Ehe ich mir überhaupt Gedanken darüber machen kann, dass Nicolais Tarnung nun gänzlich aufgeflogen ist und was das für mich bedeutet, hat er bereits »Zugriff!« in ein Mikro gerufen, das er verborgen am Handgelenk trägt . In Sekunden ist der Vorplatz von französischen Polizisten umzingelt, aber noch bevor jemand reagieren kann, zieht Kovac mich in seine Arme und drückt mir die Pistole an die Schläfe.
» Jeder bleibt, wo er ist! Ansonsten stirbt sie hier einen schnellen Tod!«, ruft er.
Die Menschen, die sich auf dem Bahnhofsvorplatz aufhalten, laufen schreiend auseinander und versuchen Deckung zu finden.
»Kovac, lassen Sie sie gehen! Sie
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