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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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der ersten Zeit hatte sie jedoch so viel damit zu tun, es einzurichten, dass sie selten in der Wohnung war, die sie in Borlänge gemietet hatten. Auch Sune war nicht sehr oft zu Hause. Seine parteipolitischen Verpflichtungen riefen ihn oft nach Stockholm. In diesem Frühjahr gab Lillemor Borlänge mehr oder weniger auf. Der Grund, sagte sie, sei Sjunga. In gewisser Weise stimmte das, doch ich wusste, dass sie die Stadt, in der sie gelandet waren, hasste. Für sie bestand sie bloß aus Industrie, Beton und Lokalbonzen.
    Sjunga kam in einer Chiquitabananenkiste an, die auf dem Vordersitz von Antes Opel Kadett platziert war. Sie war das Ergebnis einer Fehlpaarung seiner Laikahündin mit einem kleinen Mischling, in dem möglicherweise ein Dackel enthalten war. Der hatte sie schon von Weitem gerochen und war tatsächlich an die ersehnte Stelle gelangt. Es wurde also nicht wie geplant ein reinrassiger Jagdhundewurf, der Antes Finanzen aufgeholfen hätte. Die Laikahündin bekam sechs Bastarde. Als Ante Sjunga brachte, war sie acht Wochen alt, und er sagte natürlich, es sei ein Geschenk für Lillemor. Eigentlich aber kam er, weil er mich dazu bewegen wollte zurückzukehren. Wieder nach Hause zu kommen, wie er sagte. Beim Abschied war er traurig. Ich war es wirklich auch. Aber was soll man machen?
    Die Hündin erhielt ihren Namen, weil sie die Schnauze tüchtig in die Höhe reckte und heulte. Man musste nur fragen: »Kannst du singen?«, schon tat sie es. Lillemor hatte ja Angst vor der Dunkelheit, was sich aber besserte, als sie den Hund hatte, und außerdem waren die Nächte jetzt hell.
    So war es bei uns. So glaubten wir, dass es sein sollte. Jetzt aber stand eine bleiblasse Lillemor auf dem Steg, die Arme fest um den Körper geschlungen.
    Sie sah aus, als hätte jemand sie zu Tode erschreckt. »Komm mit rauf«, sagte sie. »Ich muss dir was erzählen.«
    Als wir im Haus waren, bat sie mich, Kaffee zu kochen. Sie hatte sich auf einen Küchenstuhl gesetzt und sagte, sie friere. Noch immer hatte sie die Arme fest um den Körper gepresst. Ich wurde ziemlich ungeduldig, aber sie sprach erst, als sie einen Becher heißen Kaffee vor sich stehen und daran genippt hatte.
    Da kam es: »Der Sekretär der Schwedischen Akademie hat angerufen«, sagte sie. »Weißt du, wer das ist?«
    »Ja sicher. Ein guter Autor. Ich verstehe nicht, warum er diesen Job auf sich genommen hat.«
    Ich dachte, die Akademie habe uns einen großen Preis zuerkannt und Lillemor erleide ihre üblichen Qualen. Ich wollte gerade sagen, sie solle nicht immer so einen Zirkus veranstalten und sich damit abfinden, dass es war, wie es war.
    Da piepste sie: »Gestern war Donnerstag.«
    »Ja und?«
    »Da treten sie zusammen.«
    »Das weiß ich wohl«, sagte ich. »Erbsensuppe und Kerzenlicht. Haben wir einen Preis bekommen?«
    »Nein.«
    Jetzt wurde auch mir angst. Ich musste meinen Kaffeebecher ganz vorsichtig absetzen, um nichts zu verschütten.
    »Sie haben mich in die Akademie gewählt.«
    Dann sah sie hoch und korrigierte sich: »Uns.«
    Da hob Sjunga, die vor dem Küchentisch saß, zu einem langen und ausdrucksvoll heulenden Klagegesang an. Wahrscheinlich wollte sie damit nur sagen, dass sie Hunger habe, doch es klang schicksalsschwer.
    »War er stinkig?«, fragte ich.
    »Weswegen?«
    »Als du abgelehnt hast.«
    Sjunga verstummte, Lillemor auch.
    »Hast du nicht Nein gesagt?«
    Sie trank von ihrem Kaffee und saß dann da und biss sich auf die Unterlippe. »Ich habe gesagt … ich weiß nicht … dass wir, ich meine, dass ich erst so wenig geschrieben habe, dass ich nicht verstehe … aber er hat so viel geredet. Er ist fix.«
    »Und was hast du dann gesagt?«
    »Dass ich es mir überlegen wolle«, sagte sie.
    »Warum?«
    Sie seufzte resigniert. »Damit wir auf eine nette Art ablehnen können natürlich. Wir müssen doch erst übereinkommen, was wir sagen wollen. Außerdem wurde mir ganz kalt. Bin gewissermaßen verstummt.«
    »Aha. Aber jetzt rufst du ihn an«, sagte ich. »Sag, dass du aus gesundheitlichen oder politischen oder aus weiß der Geier was für Gründen dem Ruf nicht Folge leisten kannst. Bedanke dich vielmals und grüß von mir, wenn du willst«, fügte ich noch hinzu und fing lauthals zu lachen an. Es lag eine große Spannung in der Luft. Wie elektrisch geladen. Schon fast zu riechen. Und Lillemor fror.
    »Ich möchte es mir nicht mit ihnen verderben«, sagte sie. »Wir müssen uns also was wirklich Gutes ausdenken, etwas, das sie respektieren

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