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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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Zeit, den Wagen zu nehmen, landabwärts zu fahren und mit der Arbeit zu beginnen, denn im Winter verdiente er seinen Lebensunterhalt als Installateur. Er selbst bezeichnete sich als Klempner und sagte, ich hätte großes Glück, denn wer den Klempner kenne, sei nie schlecht dran, wenn das Rohr verstopft ist. Oder wenn es, anders gewendet, überläuft. Ich wusste sehr wohl, wie schwierig es war, einen ins Haus zu bekommen.
    Lasse arbeitete auf großen Baustellen in Stockholm und Umgebung, denn dort verdiente man am meisten Geld. Es widerstrebte ihm jedoch, in den Süden zu fahren. Nachdem das Gras hart geworden war, roch es immer stärker aus Wald und Moor, und es zog ihn hinauf in die Finnmark. Er wolle mir Ruskmyr zeigen, sagte er, und auf diese Weise erfuhr ich, woher sein Spielmannsname kam. So zogen wir mit dem Isuzu und dem großen Bjølseth im Schlepp los. Am ersten Abend bogen wir in eine Forststraße ein und stellten uns auf einen Holzlagerplatz. Als es dunkel wurde, ging mir durch den Kopf, dass rings um uns Wald war und kein Mensch auf der Welt wusste, wo wir uns aufhielten.
    Wir waren jedoch in Schweden, vielleicht in dem, was wirklich unser Land war und ist und es noch sein wird, wenn unter den Flugzeugen der Lichtmüll der Großstädte erloschen ist. Dann versinkt das Land wieder in sein altes Dunkel, in dem verstreut schwache Lichter glimmen, die vom Flugzeug aus nicht zu sehen sind – falls es dann überhaupt noch Treibstoff zum Fliegen gibt.
    Warum glauben, dass man in der Zeit zurückreist in das Schweden der ärmlichen Stunden, wenn man sich in Wirklichkeit in der Gegenwart bewegt und es über unfassbar große Gebiete so aussieht wie hier. Man fährt in ein nördliches Waldland mit einem Netz kleiner Straßen, dem geschotterten Blutkreislauf eines großen Körpers mit glitzernden Gefühlspunkten weit jenseits des Blendenden. Und es ist sicher, dass man in der Gegenwart fährt und diese Gegenwart für diejenigen, die in den verstreuten Häusern und Dörfern leben, ebenso gilt wie für diejenigen, die im stark Ausgebeuteten, im Dichten und Zusammengedrängten leben.
    Wir kamen spät am Nachmittag in Ruskmyr an, und es regnete so fein, dass das Gesicht von einem feuchten Film überzogen wurde. Die kleinen Gebäude der Kätnerstelle hatte der Wind gegerbt, und die rote Farbe war grau geworden. Zwei Fenster der Kate waren eingeschlagen, und wenn man hineinlinste, sah man eine Küche und auf dem Fußboden Glassplitter und eine tote Eule. Lasse starrte stumm auf den Kahlschlag hinterm Haus. Schließlich sagte er, hier habe mal dunkler, dichter Fichtenwald gestanden, was ich ja durchaus von selbst begriff, als ich die Baumstümpfe sah. Nachdem sie den Großvater begraben hatten, war die Kate auf den jüngsten Onkel gekommen, der aber dann weggezogen war.
    Die Tür war abgeschlossen, doch Lasse wusste noch von früher, wo der Schlüssel hing, er holte ihn und schloss auf. Aus der Hütte schlug uns ein strenger Geruch entgegen.
    »Das kommt vom Hermelin«, sagte Lasse. »Es benutzt wohl den Vorraum als Abort und haust in der Küche. Jedenfalls im Herbst, wenn die Ratten eindringen.«
    Frierend standen wir herum und betrachteten den eisernen Herd, der von einer fuchsroten Schicht Rost bedeckt war.
    »Das war mal ein schöner kleiner Herd«, sagte Lasse und zog mit den Fingern die Verzierung der Ofentür und die Buchstaben Marieholm nach. Dann betrachtete er lange einen dreckigen Flickenteppich.
    »Lass uns gehen«, sagte ich.
    Wir gingen hinaus, und als er den Blick über den Kahlschlag schweifen ließ, meinte er, dass zumindest der Waldsee noch da sein müsse. Er blieb stehen und sah schweigend auf den Verhau aus Steinen und Baumstümpfen und auf das Himbeergestrüpp und die Weidenröschen, die sich längst von ihrem Flaum getrennt hatten und langsam rot wurden. Ich dachte, wir hätten nicht hierherfahren dürfen, und hielt es für das Klügste, dass wir uns so schnell wie möglich wieder auf den Weg machten.
    »Früher gab es in dem Waldsee reichlich Fische«, sagte er. »Große, dunkle Biester. Manche hatten Fischläuse auf der Haut, die sahen aus wie Silbernieten. Großvater hat irgendwas über die Läuse erzählt. Irgendwas …«
    Es schien ihm nicht mehr einzufallen, und er fuhr in nüchternerem Ton fort: »Wir suchen jetzt Würmer und versuchen, uns ein paar Forellen zum Abendessen zu fangen.«
    Eine kompakte und beißend riechende Felldecke aus hohen Nesseln hinter dem Stall zeigte an, wo früher

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