Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
Vom Netzwerk:
Sause nannte, bestand ich darauf, dabei zu sein. Achtzehn Personen, mit mir neunzehn, würden um einen Tisch sitzen, den sie sich im Volkshaus ausgeliehen hatten. Die tristen Sperrholzplatten verschwanden unter farbenfrohen Tischdecken von Marimekko. Es sah wirklich frappant aus, um ein Lillemorwort zu gebrauchen, dem sie entwachsen war: tiefrote Baumwolle, bedruckt mit stilisierten Pflanzen in Schwarz und einzelnen Ausbrüchen von kräftigem Violett. Wir deckten mit dunkelbrauner Keramik von Arabia, also rundum finnisch. Die Servietten aus Baumwolle, gleichfalls von Marimekko, waren abwechselnd tiefrot, orange und violett. Lillemor hatte sie ebenso wie die Tischdecken aus Meterware zugeschnitten und gesäumt. Woher sie dazu die Zeit genommen hatte, während sie den dritten Teil von Kuckucksspeichel Korrektur las und sich mit ihrer Antrittsrede herumschlug, war mir schleierhaft. Darüber hinaus versuchte sie, sobald sie in Stockholm war, Tompa ausfindig zu machen. Manchmal hatte er eine Adresse, genauso oft aber tauchte er in den Untergrund ab.
    Es war Spätherbst, und sie dekorierte den Tisch mit bronzefarbenen Chrysanthemen in Vasen und steckte flammend roten wilden Wein dazwischen. Warum sie sich mit dem Essen so viel Arbeit machte, war mir unbegreiflich, aber ich habe über alles genaue Notizen und kann die Hand dafür ins Feuer legen, dass es so war, wie ich es beschreibe. Vielleicht mit Ausnahme dessen, was am Ende dieses denkwürdigen Abends gesagt wurde. Denn wer kann sich schon wortwörtlich Repliken merken? An den verbitterten Inhalt aber erinnere ich mich gut.
    Ich half ihr beim Tischdecken und später auch beim Auftragen. Das war der Vorwand für meine Anwesenheit, die Sune eigentlich nicht tolerieren wollte. Servierhilfen kamen jedoch nicht infrage. Es hätte einen unanständigen Eindruck gemacht, wenn solche Hilfen in Schwarz-Weiß hereingeschwebt wären, während diese Menschen, von denen mindestens die Hälfte aufrechte Sozialdemokraten waren, zu Tisch setzten. Als Erstes gab es im Ofen gebackene Paprika mit Pilzfüllung. Das klingt armselig, doch dürfen wir nicht vergessen, dass es für diese Kreise zu Champagner, Gänseleber, Ziegenkäse, Maränenrogen und Serranoschinken noch ein paar Jahre hin war. Die Füllung der Paprika schmeckte übrigens leicht nach Krustentieren, denn Lillemor war auf der Suche nach Heringstäublingen in den Wäldern herumgehetzt und hatte es dann mir überlassen, sie zu putzen. Es gebe leuchtend rote, bräunliche, olivgrüne und goldgelbe, belehrte sie mich, und man bestimme ihren Speisewert, indem man etwas von den Scheiben koste. Jetzt sorgten sie notfalls auch für Gesprächsstoff. Ich hatte zwischen zwei Rektoren aus Sunes Schulverwaltung einen Platz zugewiesen bekommen, war aber die meiste Zeit auf den Beinen, um Platten rein- und rauszutragen.
    In der Mitte der Längsseite hatte Lillemor den Vorsitzenden des Gemeindevorstands als Tischherrn, der nur wenige Jahre später kurzzeitig Verteidigungsminister in der Regierung Palme sein sollte. Sune saß neben der in geblümten Brokat gekleideten Frau des Chefs der Feinblechindustrie. Lillemor schien diese unheiligen Allianzen und die stechenden Blicke zwischen den Damen in Brokat und den Tanten, die noch immer das vom Konsum in den frühen Siebzigern lancierte Basiskostüm anhatten, gewohnt zu sein.
    Ich trug drei große Platten mit Rinderfilet in Blätterteig auf, Saucieren mit dunkelbrauner Madeirasauce, Schüsseln mit gebräunten Kullerkartoffeln und Schüsseln mit Mischgemüse aus grünen Bohnen, Karotten und Blumenkohlröschen. Lillemor hatte natürlich keine ganzen Rinderfilets in Blätterteighülle im Ofen backen und gleichzeitig mit dem Gemeindeboss auf ihrer einen und dem Vorstandsvorsitzenden der örtlichen Papierfabrik auf ihrer anderen Seite Konversation treiben können. Von den Gästen verborgen, arbeitete in der Küche eine Kochfrau. Ihre Stirn war schweißnass, und zwischendurch genehmigte sie sich einen Schluck aus der Madeiraflasche. Und ich rannte. Wenn ich ehrlich sein soll, hatte ich reichlich Spaß. Die Konversation sei mal dahingestellt; darüber habe ich übrigens später geschrieben. Was ich aber über diesen Abend erzählen möchte, geschah, lange nachdem die vom Eis mit Mandelblättchen und Moltebeeren verschmierten Schälchen abgetragen waren, lange nachdem der Kaffee samt Kognak in großen Schwenkern und Drambuie für die Damen eingenommen waren, nach zwei Uhr in der Nacht, als der Whisky

Weitere Kostenlose Bücher