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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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geblieben wäre, gesagt, dass es jetzt zu spät sei. Er war beschmuddelt und besudelt. Aber ich konnte nicht bleiben. Ich wagte es nicht, mich der Versuchung auszusetzen, ihn einzulassen, eine Weile ein Mordstheater zu veranstalten und ihn dann zurückzunehmen. Das wäre so, als würde man vorsätzlich einen Bissen Gammelfleisch hinunterschlucken.

Puppe Kröte
    Gestern habe ich Lillemor im Fernsehen gesehen. Der Moderator hieß Skavlan. Es gibt noch viele andere, sogar reihenweise: Grosvold, ebenfalls aus Norwegen, Bredal in Kopenhagen, Bardischevska vom europäischen Kanal Arte, der deutsche Herr Hauke, der Däne Thomas Thurah, der sanfte Daniel Sjölin und vor langer Zeit gar auch Lennart Hyland mit seinem falschen Lächeln. Jetzt war es eben Skavlan, und er verblasste ebenso wie die anderen, jedenfalls in meinen Augen. Lillemor saß da, vollendet. Ich nahm eine Handvoll Chips mit Schinken- und Zwiebelgeschmack.
    Sie hat wahrhaft seelenvolle Augen. Sie sind ein Erbe von Astrid Troj, die am Ende nicht mehr Seele besaß als eine leere Flasche. Aber auch ihre Augen hatten dieses tiefe Blau, und in träumerischen Momenten, die von Rosita, Marinella oder, wenn sie bei Kasse war, Campari hervorgerufen wurden, waren sie zum Teil von schweren Lidern verdeckt. Ich weiß, dass Lillemor ihre Lider beim Schminken zuerst mit einem hellen Abdeckstift grundiert, damit sie nicht schwer und dunkel wirken und eine allzu große Portion düsterer Seele zeigen.
    Und wie gewandt sie heutzutage ist! Sie sagt stets das Richtige, und sie sagt es in einem Ton, der nach natürlicher Nachdenklichkeit klingt. Ich musste kichern und prustete Chipskrümel auf den Couchtisch. Ich brauche nicht mehr unten im Publikum zu sitzen, sie weiß auch so, dass ich sie im Auge behalte. Aber eigentlich ist es nicht nötig. Sie ist voll ausgebildet und vollendet.
    Es ist vorgekommen, dass sie mir leidtat. Ich weiß noch, wie wir mal in einer Poliklinik waren, um uns gegen Grippe impfen zu lassen. Es dauerte lange, bis wir an der Reihe waren, und das Wartezimmer war voll. Alle schauten natürlich zu Lillemor. Anfangs waren es rasche Blicke, um zu registrieren, dass es ein Promi war. Es gebe in der Sprache sonst kein derart abscheuliches Wort, sagt Lillemor oft. Es klinge, als hätte man den Mund voller Schleckerkram. Aber sie mag Schleckerkram.
    Zuerst also dieser rasche Blick, der verzeichnete, dass ein Stück öffentliches Eigentum den Raum betreten hatte. Dann krochen die Blicke wie Fliegen auf entblößtem Fleisch, und wie Fliegen hoben sie ab, drehten eine Runde durch die Umgebung, um gleich wieder zurückzukehren. Eine der Frauen kannte keine Scham. Ihr Blick hob nie ab. Er blieb auf Lillemor geheftet und verzeichnete jede Pore ihres Gesichts, jede Nuance ihres Make-ups, jede Wimper und jedes Schüppchen ihrer Lippen. Es war unmöglich zu sagen, was diese Frau sich dabei dachte.
    Dachte sie überhaupt etwas? Vielleicht war ihr Inneres leer und ebenso braungrau wie ihr Äußeres? Schwer zu sagen. Sie sog sich jedenfalls mit Lillemor Troj voll, trank sich aber nicht satt an ihr. Ihr Starren war obszön, doch nur für uns. Sie dagegen gab sich ihm so unbefangen hin, wie ein ganz kleines Kind an seinen Geschlechtsteilen fingert. Ich glaube, ihr kam nicht mal der Anflug des Gedankens, dass sie Lillemor belästigte. Hätte man es ihr gesagt, hätte sie auf ihrem Recht bestanden. Die sie da ansah, war doch zum Anschauen da. Sie stellte sich im Fernsehen zur Schau und ließ sich von Pressefotografen ablichten, damit die Menschen sie sähen. Hier saß das Original. Was war verkehrt daran, es anzuschauen?
    Schließlich hielt Lillemor es nicht mehr aus. Sie hatte versucht zurückzustarren, aber natürlich war sie es, die den Blick zurücknehmen musste. Sie drehte den Kopf weg und bot der Glotzerin eine neue Seite zur Ansicht dar. Sie griff sich den Gesundheitsführer auf dem Tisch, wusste aber, als sie ihn sich vors Gesicht hielt, dass nun ihre Schuhe und Beine und ihre Kleidung begutachtet wurden. Schließlich stand sie auf und sagte leise zu mir, dass sie in den Flur hinausgehe und ich ihr Bescheid sagen solle, wenn sie aufgerufen würde.
    Als ihr Name ertönte, war das eine Fanfare. Alle Köpfe drehten sich. Ein Weilchen herrschte fast Verwirrung. Als ich aber mit Lillemor zurückkam, war die Welt wieder in Ordnung. Lillemor existierte. Die Leute konnten nach Hause oder zu ihrer Arbeit zurückkehren und beim Kaffee sagen: Ich habe heute in der Poliklinik diese

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