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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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und denen fühlt sie sich verwandt, den Gotteslästerern und Blasphemisten.
    »Verbirgst du noch mehr?«, hatte Sune gefragt. »Ich finde, wir sollten uns die Wahrheit sagen.«
    Das tat er dann. Sagte er.

Massenmord Fuchsboa PV444
    Als Lillemor von der Reise nach Leningrad und Moskau zurückkehrte, erzählte sie mir, im selben Hotel, in dem Lenin gewohnt habe, als er mit dem Zug aus Schweden gekommen sei, um eine Revolution zu machen, hätten Sune und sie eine Nacht der Wahrheit gehabt. Schon vor ihrer Abreise hätten sie beschlossen zu heiraten, und da ginge es nicht mehr an, etwas voreinander zu verbergen. Zu lügen oder etwas zu verschweigen würde ja bedeuten, die Ehe auf faulen Grund zu bauen. Diese Beichte sei Sunes Idee gewesen und habe bis in die frühen Morgenstunden gedauert. Dann sei er eingeschlafen und habe einen zufriedenen Eindruck gemacht, denn er war ein gewissenhafter Mann, und ich nehme an, dass er nicht schrecklich viel zu beichten hatte. Lillemor dagegen hatte wach gelegen, gepeinigt vom Gedanken an das, was sie ausgelassen hatte. Als sie nach Hause kam, sagte sie zu mir, sie müsse Sune jetzt die Wahrheit über uns erzählen. Es sei schlimm genug, dass sie in der Nacht der Wahrheit nichts davon gesagt habe. Aber er würde vielleicht verstehen, dass sie zuerst mit mir darüber sprechen musste.
    Aha. Jetzt bewegten wir uns also wie Planeten um die Sonne Sune und sein Rechtsempfinden. Ich werde nicht leicht von Panik ergriffen, aber da musste ich mich aufs Bett legen und tief durchatmen. Lillemor klang ängstlich, als sie sagte: »Du verstehst mich doch, oder?«
    Sie hatte sowohl vor mir als auch vor Sune Angst. Wie kann man bloß in so einem Elend landen? Im Grunde wusste ich die Antwort: weil man von allen geliebt werden möchte. Und am liebsten auch bewundert. Piep, piep. Da verwandelt man sich in ein verscheuchtes Kaninchen.
    »Was, glaubst du, wird Sune machen, wenn du ihm von uns erzählst?«
    »Ich glaube, er wird mir verzeihen«, sagte sie tapfer.
    »Was denn?«
    »Dass ich es neulich Nacht nicht erzählt habe.«
    »Das glaubst du.«
    Ich versuchte ruhig zu bleiben. Ich wusste, dass dies unser wichtigstes Gespräch war, wenn man von dem bei Güntherska damals absieht, als wir übereinkamen, dass sie meine Luciageschichte unter ihrem Namen und mit ihrem Foto einschicken würde.
    »Begreifst du denn nicht, was er verlangen wird?«
    »Ich verstehe nicht«, sagte sie und klang verwirrt.
    Ich lag nach wie vor mit geschlossenen Augen auf dem Bett, und ich hörte den Korbsessel, in dem sie saß, unruhig knarren. Es kam jetzt darauf an, ruhig und besonnen zu bleiben.
    »Er wird verlangen, dass du dem Verlag jede Krone, die du mit unseren Büchern verdient hast, zurückzahlst.«
    »Aber das geht doch nicht! Ich habe das Geld nicht mehr. Außerdem war es nur die Hälfte. Wirst du denn auch zurückzahlen?«
    »Nein«, sagte ich. »Ich habe die Bücher schließlich geschrieben. Der Verlag wird es aber nicht gnädig aufnehmen, dass du bei ihren Diners und Empfängen herumscharwenzelt bist und in allen Anzeigen gestanden hast und im Lauf der Jahre weiß der Himmel wie viele Interviews gegeben hast. Sie werden wissen wollen, wer die Bücher geschrieben hat.«
    »Aber was können sie denn machen?«
    »Es wird eine Anklage geben«, sagte ich. »Betrug. Untreue gegen den Auftraggeber. Und du blamierst Sune Wahrheit. Er wird die Schule verlassen müssen, und wer weiß, was er dann für einen Job bekommt. Wahrscheinlich geht es nach Afrika. Alle werden glauben, dass er es wusste. Das wird der schönste Skandal seit der Flucht von Carl Snoilsky mit der Gräfin Piper. Nein, warte. Seit Henning Hamilton wegen Unterschlagung aus der Schwedischen Akademie flog.«
    Sie schwieg lange, und dann sagte sie, Sune werde es bestimmt mit ihr zusammen tragen.
    Klar, dass ich mich einen Dreck um die hochliterarische feine Welt scherte, als ich da siebenhundert Kilometer von ihr entfernt auf Antes wackliger Ranch saß. Aber nicht ich musste mich in diese Welt begeben, sondern Lillemor mit dem, was ich schrieb. Und jetzt wollte sie aus dieser Welt ausbrechen, bevor wir richtig drinnen waren. Und das nur, weil sie durch diesen verdammten Sune einen moralischen Besserungsklaps erhalten hatte.
    Die literarische Welt ernst zu nehmen fiel mir schwer. In den Sechzigerjahren war sie zu einer Spielwiese geworden, auf der man sprachliche Verkleidungen ausprobierte. Es ist wohl schwer vorstellbar, dass die Herren, die jetzt auf Treppen

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