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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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davonlief.
    Anna Maria schlich weiter, als ihr plötzlich elend wurde. Trotz der Dunkelheit erkannte sie das Haus, das den Katzweilern als Rathaus diente und in dessen Verlies ihr Liebster eingekerkert war. Sie huschte leise wie eine Maus auf die andere Seite des Weges, um sich dort gegen den Stamm eines dicken Baumes zu pressen. Niemand würde vermuten, dass hier jemand stand, und so traute sich Anna Maria einen Augenblick zu verweilen. Unglücklich blickte sie zum Fundament des Gebäudes und sandte einen Schwur zu Veit in den Kerker: »Ich werde meinen Vater finden, und zusammen werden wir dich befreien. Das schwöre ich bei meiner Liebe zu dir!«
    Mit Tränen in den Augen wandte sie sich von dem Haus ab und rannte die Straße entlang zum Ort hinaus.

    Bereits am Mittag sah Anna Maria die Dächer von Kaiserslautern vor sich. Sie war mit der Wegstrecke, die sie zurückgelegt hatte, zufrieden und beschloss, an einem geeigneten Platz zu rasten. Zum Glück hat es nicht geschneit, dachte sie, als sie den mit Wolken verhangenen Himmel über sich sah. Frierend rieb sie die kalten Hände aneinander. Einen Augenblick erwog Anna Maria, in Kaiserslautern ein Gasthaus aufzusuchen, um sich mit einem Teller Suppe zu wärmen, doch sie verwarf den Gedanken, weil sie befürchtete, dass die Rast zu viel Zeit kosten würde. Und so folgte sie dem Weg, der um Kaiserslautern herumführte. Hier begegneten ihr nur vereinzelt Menschen, und schon bald schien nur sie allein diesen Weg zu nutzen.
    Obwohl Anna Maria mehrere Socken übereinander angezogen hatte und dicke Lammfellstiefel trug, spürte sie ihre Zehen kaum noch. »Ich muss rasten und mich an einem Feuer wärmen«, murmelte sie und schaute sich suchend nach einem geeigneten
Platz um. Da sie aber nirgends einen Unterschlupf erkennen konnte, marschierte sie weiter.
    Weit hinter Kaiserslautern konnte sie am Waldesrand die Umrisse einer Scheune ausmachen, auf die sie eilends zuging. Beim Näherkommen erkannte sie, dass eine Wand des Schuppens halb zusammengebrochen war und eine andere windschief am Dach hing, das zur Hälfte fehlte. Kritisch besah sich die junge Frau den übrigen Teil des Holzschuppens. »Der Rest des Gebälks wird hoffentlich nicht zusammenbrechen, wenn ich daruntersitze«, murmelte sie und beschloss, trotzdem an diesem Ort zu rasten.
    Anna Maria legte Beutel und Rucksack ab und lief zum Wald, wo sie trockene Zweige und Tannenzapfen sammelte und in der Scheune aufhäufte. Nun ging sie ein weiteres Mal zum Waldesrand und riss grüne und dichte Tannenzweige von den Bäumen, mit denen sie ihre Sitzfläche polstern wollte, um die Bodenkälte fernzuhalten. Dort, wo das Dach der Hütte fehlte, schichtete sie am Boden die dürren Äste übereinander und legte die Tannenzapfen in die Mitte. Mit den beiden Feuersteinen, die sie im Rucksack mitführte, entzündete sie ein kleines Stück des Zunderschwamms, den sie ebenfalls aus dem Beutel hervorgeholt hatte. Sobald der trockene Pilz glomm, legte sie ihn auf die Tannenzapfen und fächerte ihm Luft zu. Schon nach kurzer Zeit knisterte das brennende Holz. Anna Maria konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Ich habe viel dazugelernt«, lobte sie sich selbst.
    Sie zog Stiefel und Strümpfe aus und streckte ihre kalten Füße dem wärmenden Feuer entgegen. Hungrig kramte sie in dem Beutel, den Lena ihr mitgegeben hatte. Sie holte einen Laib Brot, ein dickes Stück Käse, Äpfel und einen Schlauch mit Würzwein hervor. Außerdem waren zwei knusprig gebratene Hühnerbeine in Tuch eingeschlagen. Einen Schlegel nahm sie heraus, während sie den anderen wieder in den Stoff wickelte
und ebenso wie den Käse und die Äpfel zurück in den Beutel steckte. Von dem Brot schnitt sie sich mit dem Messer, das in ihren Rockfalten versteckt war, einen Kanten ab und packte den Rest ein.
    Anna Maria atmete laut aus und biss dann herzhaft in das Hähnchenbein.
    Den Rest des Essens spülte sie mit einigen Schlucken Wein hinunter, der in ihrem Bauch ein wohliges Gefühl zurückließ. Als das Feuer niedergebrannt war, zog sie Strümpfe und Stiefel wieder an, packte ihre Sachen zusammen, nahm den Pilgerstab auf und setzte ihren Weg fort.
     
    Es war bitterkalt, sodass der Altschnee unter Anna Marias Füßen knirschte und ihr Atem als helle Wolke sichtbar wurde. Immer wieder schaute sie sorgenvoll zum Himmel, der grau verhangen war. »Es ist zu kalt zum Schneien«, hoffte sie und ging schneller.
    Anna Maria war seit geraumer Zeit keine Menschenseele

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