Schwur des Blutes
Menschin Amy pfiff auf dem letzten Loch, schenkte mir kaum noch Lebensenergie. Ich brauchte rasch den zweiten Ring!
Ich raste im Slalom an den hupenden Autos vorbei und hatte alle Mühe, Cira nicht vom Bock rutschen zu lassen. Mit einem tiefen Seufzer fuhr ich durch die düstere Röhre des Broadway Tunnels und hoffte, dass Nephilim meine Spur zeitweise verlor. Ich missachtete einen Zebrastreifen, bog rasant rechts ab und krachte fast in so ein dämliches Hybrid Taxi. Zwischen einer Feuerwehrwache und einem der vielen Chinarestaurants brauste ich über die schmale Zuliefereinfahrt direkt in eine große Doppelgarage. Chinatown mit seinem verwirrenden und gefährlichen Untergrund eignete sich perfekt für ein Versteckspiel.
Das Bremsmanöver misslang, die Maschine rutschte seitlich über den Boden und prallte gegen eine Mauer. Werkzeug regnete von Regalen auf uns herab, doch ich sprintete bereits zum Rolltor und drückte den Knopf zum Schließen. Gott, dass Menschen auch jeden Handgriff ohne Magie machen mussten. Wenigstens die paar Zaubertricks hätte Nephilim mir lassen können, dafür, dass ich 650 Jahre lang für ihn geschuftet hatte wie ein Brauereipferd. Oder Ciras beste Freundin hätte zumindest mal ein Blutsauger sein können. Aber nö! Lilith durfte so klarkommen.
Ich knipste das Deckenlicht an und trat auf Cira zu, die mit einem Bein bewegungslos unter dem Motorrad lag. Völlig egal. Wo hatte sie ihre Hände? Wo war der Ring?
Er funkelte mich von ihrem Mittelfinger aus an. „Komm zu Mama!“ Beinahe hätte ich ein Tänzchen vollführt. Beinahe, sagte ich. Du brauchst gar nicht so zu grinsen.
Ich beugte mich vor. Cira bewegte sich blitzschnell. Ich wich zurück, doch ein Radkreuz traf mich im Gesicht. Taumelnd suchte Amys Körper Halt. Blut schoss aus der Wunde, lief mir in die Augen. „Mischtstück.“ Ich spuckte Rote-Bete-Saft. Shit!
Ein Schmerzensschrei, dann humpelte Cira auf mich zu. Ich sah es durch das Rot noch rechtzeitig, duckte mich vor dem Kreuzschlüssel und griff sie wie ein Stier an. Ich rammte meine Schulter in ihren Magen und schob sie durch die Garage. Mit einem Krachen stieß ich sie an eine Garagenwand, an der sie kraftlos hinabsank. Dosen polterten von einem Regal.
„Gib mir den Ring!“ Ich sabberte Blut. Na herrlich!
Ihre Rechte mit dem funkelnden Diamanten umklammerte den Stahl. „Niemals!“
Jetzt hatte ich die Faxen dicke. Ich zog den Lappen aus der Tasche und schüttete Chloroform drauf. Wenn sie nicht bald wieder ohnmächtig war, würde ihr Macker auftauchen. Mit einem Schritt war ich bei ihr. Eine Farbdose traf mich wie ein Schwinger am Oberarm. Ich strauchelte, fing mich, doch das Radkreuz brach mir fast die Kniescheibe. Ich warf das Tuch beiseite, schnappte mir ein langes Holzbrett und hob es zum Schlag bereit über die Schulter.
„Gib ihn mir! Sofort!“
Cira schüttelte mit schmerzverzerrtem Gesicht den Kopf. Ich holte aus. Das Brett prallte auf ihre Unterarme, mit denen sie ihren Grips schützte. Cira kippte zur Seite und schrie vor Qual. Wenn ich euch nun erzähle, dass ich hämisch lachte, mögt ihr mich nicht mehr. Dabei möchte ich nur das, was mir zusteht. Mehr nicht. Sie hätte ihn ja auch freiwillig rausrücken können. Oder? Siehste!
Wo war ich? Ach ja, ich schwang die Holzlatte für einen weiteren Treffer. Urplötzlich zerbarst das Rolltor mit einem ohrenbetäubenden Krachen. Stahl kratzte auf Blech, eine Kühlerfront schob sich wie ein Schiffsbug in die Garage und stoppte abrupt. Ich war vor Schreck bis zum Motorrad zurückgewichen, wischte mir über das blutverschmierte Gesicht. Jemand sprang aus dem Jeep. Das konnte doch nicht … Was machte die denn hier?
„Sofort zurück! Sonst bist du Asche!“
Ich starrte wutentbrannt auf das brennende Feuerzeug und das Haarspray.
~~
Jonas, Nyl und Timothy irrten im Hafen umher. Timothy ballte die Fäuste, zwang seine Sinne zur Höchstleistung – nichts. Es war zum Verzweifeln.
„Ich spüre Cira!“
Unverzüglich raste Timothy neben Nyl in vampirischem Tempo Jonas hinterher. Selbst eine Tsunamiwelle oder eine unüberwindbare Mauer hätten ihn nicht aufhalten können. Sie verließen das Hafengebiet und folgten der 3 rd Street Richtung
City, doch was sie bei Starbucks nach dem Straßenknick erblickten, ließ sie gemeinsam langsamer werden und mit entsetzt
aufgerissenen Augen auf das Schauspiel vor ihren starren.
Eine monströse, schwarzgraue Wolke verdunkelte die Sonne. Ein Unwetter zerrte an ihrer Kleidung und
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