Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
Januar 1908
    Ich hatte in der Nacht sehr schlecht geschlafen und sehr unruhig geträumt. Als ich allein am Vormittag im Laboratorium war, machte ich wieder alles still, ließ auch, obschon durch die Fenster kein Licht drang, die elektrische Beleuchtung nicht funktionieren; ich zündete nur ein kleines Öllämpchen an. Ich war sehr ruhig und hielt nun wieder das Schallrohr ans Ohr, und da sagte die zarte, leise Stimme zu mir hastig: „Sie dürfen nicht wieder Ihren Diener rufen; der ist für das, was ich Ihnen zu sagen habe, nicht reif. Ich komme vom Planeten Neptun und habe einen maßlos dünnen fadenförmigen Körper, den Sie nicht sehen können mit Ihren menschlichen Augen. Nach großen Mühen ist es mir gelungen, mich Ihnen durch Ihren neuen Transmissionsapparat, der ja den Schall in ungemein heftiger Weise verstärkt, hörbar zu machen. Aber sichtbar machen kann ich mich Ihnen vorläufig noch nicht. Wenn Sie zu mir sprechen wollen, so dämpfen Sie, bitte, Ihre Stimme und sprechen Sie leise in eine der langen dünnen Röhren, die auf Ihrem Schreibtisch liegen. Aber Sie müssen ganz leise und ganz langsam sprechen. Regen Sie sich nicht auf. Sie erleben ein Abenteuer, das Sie schlechterdings allen anderen Personen gegenüber vorläufig verschweigen müssen. Ich bin stets in Ihrer Nähe und höre jedes Wort, das Sie zu andern sagen.“
    „Aber“, sagte ich da leise in ein langes dünnes Rohr hinein, „wenn Sie meine Stimme in jedem Falle hören können, so ist es doch eigentlich nicht nötig, daß ich leise spreche.“
    „Das kann ich Ihnen doch“, versetzte die Stimme wieder, „etwas später erklären. Zunächst haben wir doch Wichtigeres miteinander zu sprechen.“
    Da ergriff mich ein so starkes nervöses Zittern, daß ich bat, mir doch erst Zeit zur Erholung zu lassen. Sie sagte darauf:
    „Gut! Sprechen wir nach achtundvierzig Stunden weiter. Schreiben Sie auf, was Sie erlebten. Lassen Sie aber das Aufgeschriebene von keinem Menschen lesen – wenigstens vorläufig nicht.“
    Ich ging darauf in den Garten und schrieb da alles, was ich erlebte, auf.
    Das nervöse Zittern kommt leider immer wieder.
     
    12. Januar 1908 (Sonntag)
    Mir war zumute, wie einem Nachtwandler zumute sein dürfte, der nachts im Mondenschein auf den Dächern herumspaziert; ich fürchtete immer, daß mich ein lautes Wort neben mir aus allen meinen Träumen raus- und runterwerfen würde.
    Ich glaubte noch immer nicht an das Veritable meines Abenteuers. Aber nach den achtundvierzig Stunden saß ich wieder beim matten Schimmer meiner kleinen Öllampe an meinem Transmissionsapparat; neben mir lagen die langen dünnen Metallröhren, und das Schallrohr hielt ich am rechten Ohr.
    Ich mußte dieses Mal warten.
    Dann aber hörte ich wieder die mir schon bekannte Stimme.
    Sie sagte leise:
    „Das Allerwichtigste scheint mir, daß ich zunächst Ihre Ansichten über die Erkennbarkeit der Sie umgebenden Materie ein wenig korrigiere. Mein Körper ist auch ganz und gar ein materieller Körper. Und doch bin ich leider gezwungen, daran zu zweifeln, daß ich Ihnen diesen meinen materiellen Körper jemals sichtbar machen könnte. Vielleicht geht es trotz allem. Doch ich weiß nicht, ob es geht. Ich bin keineswegs allwissend.“
    Eine Pause trat ein, und ich sagte leise:
    „Hochverehrter Herr vom Planeten Neptun! Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen. Und Sie können überzeugt sein, daß ich alles tun werde, was in meinen Kräften steht, um Ihnen gefällig zu sein. Verzeihen Sie nur, wenn ich gelegentlich etwas erregt werden sollte. Aber es ist denn doch ganz unglaublich, daß ich plötzlich das Glück habe, mit dem Bewohner eines anderen Planeten in deutscher Sprache zu sprechen. Mir würde das niemand glauben.“
    „Das glaube ich schon“, erwiderte die Stimme, und dabei klang ein heiseres Lachen, „aber für mich ist das gar nicht so seltsam; ich habe mich schon mit den Bewohnern andrer Sterne sehr oft unterhalten. Ich lebe schon recht lange. Und dabei ist mein Körper so dünn wie ein Spinngewebefaden. Glauben Sie das? Oh – glauben Sie das nicht. Wäre der so dick, so wäre ich Ihnen längst sichtbar. Aber mein Körper ist trillionenmal dünner. Sie wissen ja, wie alle gebildeten Menschen, daß jedes noch so kleine Stück Materie immer noch teilbar ist und immer wieder teilbar ist – daß jeder Teil bis ins Unendliche hinein immer von neuem teilbar ist. Darum ist meine Behauptung, daß ich trillionenmal dünner bin als ein Spinngewebefaden,

Weitere Kostenlose Bücher