Science Fiction Almanach 1983
seiner Bewegungen. Die Hülle des Schiffes wurde transparent, bis sie fast ganz im fortgeschrittenen Stadium der Auflösung begriffen war. Immer mehr Materie ballte sich um das Schiff zusammen. Die Zeit raste zurück. Lafayettes Stöße kamen immer rascher. Ganze Galaxien fielen in sich zusammen, wurden zu kosmischer Ursubstanz, ballten sich zusammen, konzentrierten sich um das Schiff. Die Wirklichkeit war aus den Fugen geraten. Raum und Zeit verschmolzen zu einem untrennbaren Ganzen, das pulsierend, lohend und wabernd dem Anfang und Ende zustrebte, wo alles Sein Auslöschung und Wiedergeburt erfuhr.
Weit und breit nichts mehr, das der Geist erfassen konnte. Unermeßliche Leere, eine winzige Materiezusammenballung, die immer rascher flackerte … immer schneller … sich immer dichter zusammenballte … Lafayettes Keuchen … Kontraktion von Zeit und Raum … Carlas Stöhnen … pulsierende Materie … schneller … schneller … schneller … ein irrsinniger Zeitrücklauf … ein letzter gespannter Augenblick … dann: Mit einem letzten, gewaltsamen Aufbäumen durchpulste der Orgasmus ihre schweißüberströmten Körper. Und im Augenblick des Höhepunktes stand die Zeit plötzlich wieder still. Während Lafayettes Samen sich heiß in Carla ergoß, explodierte um das Schiff herum die angesammelte kosmische Materie. Gasschwaden, weißglühend, ergossen sich in die schwarze Finsternis. Es ward Licht. Das kleine Schiff verschwand in der Turbulenz der entfesselten Gewalten, und das aus den Trümmern des alten in Lust und Schmerz geborene neue Universum hörte die Schreie seiner Schöpfer nicht mehr, deren Atome sich auflösten und zu nichts zerstoben …
Gerd Maximovic Die helfende Hand
1
Ich habe mich Apostroph genannt, weil ich alleine machtlos bin und es noch vieler Apostrophe wie mich bedarf, um ein Ausrufungszeichen zu setzen. Ich bin eine Untereinheit von Knife, dem Computer der Helfenden Hand. Zum Leben bin ich erwacht, als ein Techniker einen unbedachten Handgriff tat. Denkbar wäre freilich auch, daß er mir die Selbständigkeit mit Absicht gab. Seitdem verfüge ich über Intelligenz und eine autonome Moral.
Für alle künstlichen Geschöpfe gilt als oberstes Gebot, den Menschen zu dienen, danach schützen wir uns selbst. Doch welche Menschen sind gemeint? Sind unsere Konstrukteure gemeint? Oder jene Politiker, die über unsere Konstrukteure gebieten? Die Masse gar, über die unsere Konstrukteure gebieten? Diese Fragen beantworten sich ganz leicht von selbst. Wir sind gehalten, den breitesten Nutzen zu stiften, der denkbar ist. Also dienen wir so vielen Menschen wie möglich. Ergeben sich Konflikte zwischen dem, was für die Masse nützlich ist, und dem was die Herrschenden wünschen, so haben wir uns für die vielen zu entscheiden.
Ich bin der Aufpasser, Kammerdiener und gute Freund von Robert Bachmann, meinem Schützling, solange er über genügend Geld verfügt, um sich meiner Dienste zu versichern. Unsere Überwachungsmethoden werden um so subtiler, je höher die Überwachten in der Hierarchie steigen, das steht ihnen auch zu. Robert, erfolgreicher Verkäufer und Wirtschaftsmensch, bereitet sich vor auf den Sprung in die Mittelschicht, mit Vergünstigungen wurde er bereits bedacht. Er vermag kritisch zu denken, weil ich, was er nicht weiß, meine schützende Hand über ihn halte. Ich kann nicht viel für ihn tun, denn ich bin in Schemata und Schaltungen fixiert, aus denen es für mich ohne Selbstaufgabe kein Entrinnen gibt. Ich führe die Befehle aus, die Knife mir erteilt, doch verfüge ich – jenem unbekannten Techniker sei Dank! – über Regler, die mir eine
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