Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
Ausstellungsraum waren sechs menschenähnliche Roboterwärter, die an der Nordwand postiert waren, um die Fragen der Besucher zu beantworten. Er mußte diesen Tisch erreichen.
Er wandte sich um, verließ auf Zehenspitzen das Labor und schlich den Korridor hinab. Hier war es bereits dunkel, denn das Licht, das durch den Ausstellungsraum hereinfiel, wurde von dem großen Schiffsrumpf abgehalten. Lautlos erreichte er das Ende der Passage, spähte vorsichtig um das Schiff herum, zu Gnut hinüber.
Sein Atem stockte. Die Augen des Roboters waren direkt auf ihn gerichtet. Zumindest sah es so aus. Lag das nur an der Einstellung der Augen – oder war Cliff bereits entdeckt worden? Gnuts Kopfhaltung hatte sich anscheinend nicht verändert. Sicher war alles in Ordnung – aber er wünschte, er müßte nicht zum anderen Ende des Ausstellungsraums kriechen, von dem Gefühl erfaßt, daß ihm die Roboteraugen folgten.
Er zog sich zurück, setzte sich auf den Boden und wartete. Es mußte erst völlig dunkel werden, bevor er es wagen konnte, zu dem Tisch hinüberzugehen.
Er wartete eine volle Stunde lang, bis der Schimmer der Lampen draußen auf dem Vorplatz den Raum schwach erfüllte, stand auf und spähte wieder um das Schiff herum. Die Roboteraugen schienen ihn zu durchdringen wie zuvor, aber nun wirkte die seltsame Innenbeleuchtung viel heller, was zweifellos auf die Dunkelheit zurückzuführen war. Ein Schauer lief über Cliffs Rücken. Wußte Gnut, daß er da war? Was dachte der Roboter? Was konnte eine von Menschenhand geschaffene Maschine schon denken – auch wenn sie so großartig war wie Gnut?
Es war Zeit, hinüberzugehen, und so schlang sich Cliff die Kamera um den Hals, sank auf Hände und Knie hinab und bewegte sich vorsichtig zur Nordwand des Ausstellungsraumes. Dicht an die Mauer gedrückt, kroch er weiter, Zoll für Zoll, ohne anzuhalten, ohne einen Blick auf Gnuts entnervende rote Augen zu riskieren. Er brauchte zehn Minuten, um eine Strecke von hundert Fuß zurückzulegen. Er war schweißüberströmt, als seine Finger endlich die einen Fuß hohe Plattform berührten, auf der sein Ziel stand – der paneelierte Tisch. Immer noch ganz langsam, lautlos wie ein Schatten, kletterte er hinauf und ging hinter dem Tisch in Deckung. Zumindest hatte er den ersten Teil seines Plans verwirklicht.
Er erholte sich ein paar Sekunden lang von der Anstrengung, dann spähte er vorsichtig um den Tisch herum.
Gnuts Augen waren direkt auf ihn gerichtet. Oder es sah so aus …Im dichten Dunkel ragte der Roboter auf wie ein mysteriöser, noch dunklerer Schatten und schien den Raum zu beherrschen, ebenso diese Plattform, obwohl er hundertfünfzig Fuß entfernt war.
Aber wenn Gnut ihn auch ansah, so tat er zumindest nichts anderes. Cliff nahm auch nicht die geringste Bewegung wahr. Der Roboter stand genauso da wie in den letzten drei Monaten – in der Finsternis, im strömenden Regen und seit einer Woche im Museum.
Cliff beschloß, seiner Angst nicht nachzugeben. Die Kriechtour war mühsam gewesen, und er verspürte noch immer einen brennenden Schmerz in den Händen und Knien. Seine Hose war zweifellos ruiniert. Aber was bedeutete das schon, wenn sich seine Hoffnungen erfüllen sollten? Wenn Gnut sich bewegte und wenn es ihm gelang, diese Bewegung mit seiner Infrarotkamera einzufangen, würde er eine phantastische Story haben. Dann konnte er sich fünfzig neue Anzüge kaufen. Wenn er dann auch noch herausfand, welchen Zweck Gnut mit seinen Bewegungen verfolgte, wenn überhaupt ein Sinn darin lag, würde die Story auf der ganzen Welt Aufsehen erregen.
Er wartete. Er wußte nicht, wann Gnut sich bewegen würde – falls er sich in dieser Nacht überhaupt bewegen sollte. Cliffs Augen hatten sich längst an das Dunkel gewöhnt, und er konnte die größeren Gegenstände gut erkennen. Von Zeit zu Zeit blickte er zu dem Roboter hinüber, starrte ihn lange und intensiv an, bis seine Umrisse zu beben schienen, bis er sich zu bewegen schien, und dann mußte Cliff blinzeln und seinen Augen eine Zeitlang Ruhe gönnen, bevor er wieder hinschaute und feststellte, daß alles nur Einbildung gewesen war.
Wieder kroch der Minutenzeiger auf seiner Armbanduhr ein Stückchen weiter.
Da so lange nichts geschehen war, ließ Cliffs Wachsamkeit nach, und er spähte immer seltener am Tisch vorbei. Deshalb wurde er dann halb verrückt vor Angst, als Gnut sich tatsächlich bewegte. Seine Sinne waren bereits abgestumpft vor Langeweile – und da sah er den
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