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Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1

Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1

Titel: Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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stieß der untere Rand der Rampe übergangslos gegen eine weite, mit Büschen und Bäumen bedeckte Grünfläche. Es war die gleiche friedliche, üppig gedeihende und vertraute Landschaft, auf die er beim Frühstück mit Diktor geschaut hatte – vor ein paar Stunden erst und gleichzeitig zehn Jahre in der Zukunft.
Eine kurze Zeit blieb er ruhig stehen, genoß den Sonnenschein und ließ die herzbewegende Schönheit des warmen Frühlingstages tief in sich einsinken. „Wunderbar!“ rief er freudestrahlend. „Diese Gegend ist einfach herrlich!“
Langsam ging er die Rampe hinunter, während seine Augen unablässig die Gegend nach Menschen absuchten. Ungefähr die Hälfte des Weges hatte er geschafft, als er eine kleine Gestalt auf einer Lichtung zwischen den Bäumen nahe am Fuße der Rampe auftauchen sah. In froher Erregung rief er sie an. Das Kind – wie er sehen konnte, war es ein Kind – blickte auf, starrte ihn einen Augenblick lang an und floh dann zurück in den Schutz der Bäume.
„Nicht so ungestüm, Robert, nicht so ungestüm“, schalt er sich selbst. „Du darfst sie nicht erschrecken – behutsamer vorgehen.“ Doch der Vorfall entmutigte ihn nicht. Wo es Kinder gab, sagte er sich, mußten auch Eltern sein, eine menschliche Niederlassung, Gesellschaft und günstige Möglichkeiten für einen aufgeklärten jungen Mann. Langsam schlenderte er weiter.
Ein Mann erschien an der Stelle, wo das Kind verschwunden war. Wilson blieb stehen. Der Mann musterte ihn und trat zögernd ein paar Schritte näher.
„Komm her“, lud Wilson ihn mit freundlicher Stimme ein, „ich tue dir nichts!“
Der Mann konnte wohl schwerlich seine Worte verstanden haben, kam aber langsam näher. Am Rand der gepflasterten Rampe blieb er jedoch stehen, warf einen Blick darauf hinunter und wollte nicht weitergehen.
Etwas an seinem Verhalten löste in Wilsons Gehirn eine Erinnerung aus; es paßte ganz zu dem, was er im Palast gesehen und was Diktor ihm erzählt hatte. Wenn ich meine Zeit in .Anthropologie I’ nicht völlig nutzlos abgesessen habe, sagte er sich, ist dieser Palast mitsamt der Rampe tabu, und dadurch, daß ich darauf stehe, bin auch ich tabu. Spiel deine Rolle richtig, Junge, spiel sie richtig!
Er ging bis an den Rand der gepflasterten Rampe, achtete aber sorgfältig darauf, nicht darüber hinauszutreten. Der Mann fiel auf seine Knie, senkte den Kopf und hielt die Hände zu einer Schale geformt vor sich. Ohne zu zögern, berührte Wilson seine Stirn. Mit strahlendem Gesicht stand der Mann auf.
„Das ist noch nicht einmal sportlich“, sagte Wilson. „Ich sollte dich eigentlich erschießen.“
Sein Diener Freitag legte den Kopf auf die Seite, sah ihn fragend an und antwortete mit einer tiefen, melodischen Stimme. Die Worte in einer fremden Sprache flossen wie die Strophe eines Liedes von seinen Lippen. „Du könntest Geld mit deiner Stimme scheffeln“, sagte Wilson bewundernd. „Manche Stars schaffen das mit weniger Begabung. Immerhin – doch jetzt sause erst mal los und hol mir was zu essen. Essen.“ Er zeigte auf seinen Mund.
Der Mann sah ihn zweifelnd an und sagte wieder etwas. Bob Wilson faßte in seine Tasche und zog das gestohlene Notizbuch hervor. Er suchte das Wort für ‚essen’ auf. „Blellan“, sagte er, um eine möglichst deutliche Aussprache bemüht.
„Blellaaan?“
„Blellaaaaaaaan“, wiederholte Wilson. „Du mußt meinen Akzent entschuldigen. Und jetzt beeil dich.“ Er suchte das Wort für beeilen’ in seinem Wörterbuch, fand es aber nicht. Entweder gab es den Begriff in dieser Sprache nicht, oder Diktor hatte es nicht für nötig befunden, ihn aufzuzeichnen. Das werden wir aber bald haben, dachte Wilson; wenn sie diesen Begriff nicht kennen, werde ich ihn schon einführen.
Wilson ließ sich im Türkensitz nieder und vertrieb sich die Zeit, indem er das Wörterbuch studierte. Er war zu dem Schluß gekommen, daß die Geschwindigkeit seines Aufstieges in diesem Land nur davon abhinge, wie lange er brauchen würde, um sich seinen Einwohnern voll verständlich zu machen. Aber er hatte nur Zeit, sich mit ein paar allgemeinen Hauptwörtern vertraut zu machen, als sein erster Bekannter zurückkam, diesmal in Gesellschaft.
Die Prozession wurde von einem sehr alten, weißhaarigen, aber bartlosen Mann angeführt. Keiner der Männer trug einen Bart. Er schritt unter einem Baldachin dahin, der von vier Jünglingen getragen wurde. Er allein von allen Leuten trug ausreichende Bekleidung, um damit irgendwo

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