Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scream

Scream

Titel: Scream Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Mooney
Vom Netzwerk:
wollte ausspannen, seine Vorstellungskraft aber nicht. Seine Phantasie wurde nie müde, und gerade jetzt tobte sie wie ein Bär, gefangen in einem Wohnwagen.
    Er stemmte die Ellbogen aufs Fensterbrett und schloss die Augen. Früher hatte er sich immer mit gezielten Gedanken an Amanda von den wuchernden Bildern befreit. Er war dann im Geiste zu ihr unter die Decke geschlüpft, hatte sich an sie geschmiegt, ihren Duft eingeatmet und war still geworden.
    Doch Amanda war tot. Jetzt dachte er an Taylor, an ihren sonnengebräunten, straffen Körper, an Freitagnacht auf der Veranda, wie sie sich geliebt hatten. Sex, das beste Antidot gegen den Tod. Sex war wie eine warme Fontäne, die alle Angst und jeden Schmerz wegspülte.
    Die dunklen Traumbilder ließen nicht von ihm ab. Umso energischer konzentrierte er sich auf Taylor. Taylor, Taylor, Taylor. Am Rande nahm er das rhythmische Zirpen der Zikaden wahr, das Rauschen des aufgefrischten Windes in den Zweigen. Ein Dielenbrett knarrte.
    Er riss die Augen auf und wirbelte herum. Ein Schatten trat ins Mondlicht, das durch die beiden Fenster zu seiner Linken ins Zimmer fiel.
    Jack hatte Mühe zu sprechen. »Sie«, krächzte er.
    Die silbernen Strahlen des Mondes trafen auf Malcolm Fletchers Gesicht. Seine seltsam schwarzen Augen glänzten wie polierter Onyx.
    »Gratuliere, Detective Casey. Wie ich sehe, finden Sie zur alten Form zurück.«

XXVI
    Malcolm Fletcher wirkte vollkommen entspannt, als wäre es für ihn das Selbstverständlichste von der Welt, mitten in der Nacht in fremden Häusern herumzuschleichen. Er trug die gleichen Sachen wie in Maine: schwarze Hose und schwarzes T-Shirt. Seine Haare waren zurückgekämmt und lagen eng am Kopf an.
    »Sie freuen sich ja gar nicht, mich zu sehen, Detective Casey.«
    »Ich warte noch darauf, dass Sie eine Pistole auf mich richten.«
    »Seien Sie doch nicht so nachtragend. Hier.« Fletcher warf ihm einen Gegenstand zu.
    Jack fing ihn auf. Es war Fletchers Beretta.
    »Ich habe auch Ihre Akten dabei.«
    »Dafür sind Sie den ganzen Weg von Maine hierhergekommen?«, fragte Jack. »Wie freundlich von Ihnen.«
    Fletcher grinste.
    »Die hätten Sie auch in der Zentrale abgeben können. Warum um drei in der Früh?«
    »Ich liebe den dramatischen Auftritt.«
    »Das gilt wohl auch für Ihre Abgänge. Wie man hört, wohnen Sie nicht mehr in Maine.«
    »Ich bin geschmeichelt. Sie haben sich nach mir erkundigt. Mit wem haben Sie gesprochen?«
    »Mit Sheriff Peterson.«
    Fletcher lachte. »Auf den Trottel würde ich mich nicht verlassen. Der braucht einen Navigationsgerät, um seinen Hosenstall zu finden.«
    »Es war trotzdem recht aufschlussreich, mit ihm zu plaudern, Fletcher. Oder möchten Sie lieber, dass ich Sie Francis Harvey nenne?«
    »Francis Harvey ist ein Pseudonym.«
    Fletchers Offenheit machte Jack neugierig. »Wozu brauchen Sie ein Pseudonym?«
    »Oscar Wilde sagte: Beständigkeit ist die letzte Zuflucht der Phantasielosen. Und Sie sind eine recht interessante Person, wenn Sie aus Ihrem Vorhöllennebel hervortreten.«
    Erschöpft von den Ereignissen des vergangenen Tags, stand Jack nicht der Sinn danach, sich mit Fletcher anzulegen. Trotzdem wollte er unbedingt wissen, was diesen Mann hierher verschlagen hatte.
    »Seltsam«, bemerkte Fletcher, »dass ein Mann mit Ihren Talenten Zuflucht in einer Stadt sucht, deren Bewohner geistig auf die vier Wände ihrer Existenz beschränkt bleiben.«
    »Ich wollte immer am Meer wohnen.«
    »Es wird noch andere Gründe geben. Die Leute hier erinnern mich an Kälber. Können Sie sich vorstellen, wie sie reagieren werden, wenn sie die Wahrheit erfahren über das, was in ihrem Umfeld passiert? Ich schätze, man wird ein starkes Beruhigungsmittel ins Trinkwasser rühren müssen.«
    »Seit wann sind Sie der Stadt?«
    »Lange genug, um die allgemeine Ungeduld zu bemerken. Reporter laufen wie aufgescheuchte Hühner herum und stellen Fragen über einen Serienmörder, der der Sandmann genannt wird. Agenten vom ATF durchsuchen die Trümmer des Roth’schen Anwesens. Mit der vorgeblichen Sicherheit hier in der Stadt ist es vorbei. Raten Sie einmal, nach wem man rufen wird, damit sie wiederhergestellt wird?«
    »Wo wohnen Sie?«
    »Im Washborne Inn.«
    Jack staunte. Das Washborne Inn war eine der besten Unterkünfte in Marblehead. Ein einziges Wochenende kostete dort so viel, wie ein durchschnittlicher Angestellter im Monat verdiente. Seltsam, dass sich ein Mann, der unter spartanischen Verhältnissen in

Weitere Kostenlose Bücher