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Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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die
     Hoffnung, sie könnten dort Nahrung finden, ließ die Männer ihre Angst überwinden. Weder ihre Hoffnungen noch ihre Befürchtungen
     wurden bestätigt, der Ort war verlassen, die Häuser leer. In der Mitte stand die Ruine einer Kirche. Ihre Mauern waren noch
     intakt, das Dach jedoch nur mehr ein geschwärztes Skelett verkohlterBalken, getragen von hohen Steinsäulen. Es war schwer einzuschätzen, wie lange die Entweihung zurücklag, sicher länger als
     ein paar Wochen oder Monate, möglicherweise schon Jahre.
    Gegenüber der Kirche gab es einen Brunnen, über den die üppig belaubten Zweige einer mächtigen alten Weide hingen.
    Hier ließen sich die Überlebenden zum Rasten nieder. Aimard de Villiers ging es von allen am schlechtesten. Martin holte gerade
     für ihn Wasser aus dem Brunnen, als er ein Geräusch hörte: ein leises, melodisches Glockenläuten. Die erschöpften Männer gingen
     hastig in Deckung und beobachteten, wie eine kleine Ziegenherde durch die schmale Straße auf sie zukam. Die Tiere scharten
     sich um den Brunnen und suchten vergebens den Boden nach Nahrung ab. Manche reckten sich nach den Zweigen der Weide und knabberten
     an ihnen. Dann tauchte ein Ziegenhirte auf, ein gebeugter alter Mann, begleitet von einem kleinen Jungen.
    Martin wechselte einen Blick mit Aimard. Als dieser ihm auffordernd zunickte, übernahm er das Kommando. Mit Handzeichen signalisierte
     er den übrigen Männern, sie sollten rundherum Posten beziehen. Er selbst ging gemeinsam mit Hugues auf den alten Mann zu,
     der beim Anblick der Fremden auf die Knie fiel und sie anflehte, ihn und seinen Enkel am Leben zu lassen. Martin und Aimard
     sprachen wie viele ihrer Brüder ein wenig Arabisch. Dennoch dauerte es einige Zeit, bis sie den Alten beruhigen und ihn überzeugen
     konnten, dass sie ihm nicht nach dem Leben trachteten. Noch länger brauchten sie, um dem Mann begreiflich zu machen, dass
     sie ihm eine Ziege abkaufen wollten, statt sie mit Gewalt zu rauben. Geld oder Wertgegenstände besaßen siezwar nicht, aber sie konnten ein paar Kleidungsstücke entbehren, die doch eine Art Tauschhandel möglich machten. Während der
     Ziegenhirte und sein junger Gehilfe ihre Herde mit Wasser aus dem Brunnen tränkten, schlachteten die Ritter die Ziege, entzündeten
     Holz mit einem Feuerstein und brieten das Tier. Sie luden auch den Ziegenhirten und den Jungen ein, an ihrem Mahl teilzuhaben.
    Diese Freundlichkeit rettete ihnen wohl das Leben.
    Der alte Mann, von dem sie auch den Namen des Ortes erfuhren,
Fonsalis
, war dankbar, dass sie ihn am Leben gelassen hatten. Am späten Nachmittag zog er mit seiner Herde und seinem Gehilfen weiter.
     Die Ritter und die Seeleute beschlossen, nach der kräftigen Mahlzeit noch ein wenig zu ruhen, um ihren Weg am nächsten Morgen
     gestärkt fortzusetzen.
    Doch der Frieden währte nicht lange.
    Der Ritter, der Wache hielt, hörte als Erster ein Geräusch und alarmierte Martin. Jemand kam auf sie zugerannt. Wie sich herausstellte,
     war es der Enkel des Ziegenhirten, der ihnen atemlos und sichtlich verängstigt mitteilte, dass sich eine Horde Mameluken näherte.
     Der alte Mann war den Reitern bereits einmal früher begegnet und von ihnen ausgeraubt worden. Er wusste, dass sie sich bei
     diesem Brunnen mit Wasser zu versorgen pflegten.
    Den Männern blieb nichts anderes übrig, als gegen die Mameluken zu kämpfen.
    Mit Aimards Hilfe plante Martin rasch einen Hinterhalt: Sie würden sich zu einem großen V formieren, dessen offene Enden in
     Richtung des nahenden Feindes zeigten, während der Brunnen die Spitze bildete.
    Sie ergänzten ihren spärlichen Bestand an Waffen mitEisenstücken aus der Kirchenruine und rollten das Seil von der Winde des Brunnens ab. Hugues und ein weiterer Seemann bezogen
     mit je einem Ende an den offenen Schenkeln des V Stellung. Wo das Seil auf dem Weg lag, über den die Reiter kommen würden,
     scharrten sie etwas Erde darüber. Auch die anderen nahmen ihre Plätze ein. Martin vergewisserte sich noch einmal, dass sie
     keine verräterischen Spuren hinterlassen hatten, dann duckte er sich selbst hinter die Brunneneinfassung.
    Die neun Männer brauchten nicht lange zu warten. Schon einige Zeit bevor sie die Mameluken sahen, hörten sie ihr Gelächter,
     das laut durch die Stille schallte. Offenbar hatten sie die Bevölkerung dieser Region bereits so gründlich eingeschüchtert,
     dass sie sich vollkommen unangreifbar fühlten. Diese Krieger waren gefürchtet,

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