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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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abtrünniger T’lan Imass. Es war einer, dem ich schon einmal begegnet war. Der Einzige, dem ich jemals begegnet war. Und dann ist da noch diese Lady Missgunst und ihre verdammten Seguleh-Diener und ihre vierbeinigen Gefährten – oh, darüber solltest du lieber nicht nachdenken, Toc …
    Wie auch immer. Jetzt reisen wir also zusammen. Nach Norden, wo wir alle hinwollen. Welch ein Glück. Was für ein glücklicher Zufall!
    Toc gefiel das Gefühl, benutzt oder manipuliert zu werden, ganz und gar nicht. Er hatte gesehen, was das seinen Freund Hauptmann Paran gekostet hatte. Paran war stärker als ich es bin. Das habe ich von Anfang an erkannt. Er hat die Schläge eingesteckt, geblinzelt, und hat dann einfach weitergemacht. Er hatte irgendeine Art verborgener Rüstung, irgendetwas in seinem Innern, das dafür gesorgt hat, dass er nicht wahnsinnig geworden ist.
    Das habe ich leider nicht. Wenn’s so richtig unangenehm wird, rolle ich mich wahrscheinlich zusammen und fange an zu jammern.
    Er warf einen Blick zu den beiden Seguleh hinüber. Anscheinend sprachen sie ebenso ungern miteinander wie mit jedem anderen Menschen. Starke, schweigsame Typen. Ich hasse solche Typen. Das habe ich früher nicht getan. Aber jetzt.
    So … hier bin ich also, mitten im Nirgendwo, und die einzig wirklich geistig normale Kreatur in meiner Gesellschaft ist ein ausgestorbener Wolf. Sein Blick kehrte einmal mehr zu Baaljagg zurück. »Und wo ist deine Familie, Kleiner?«, fragte er mit leiser Stimme, während er den Blick der sanften braunen Augen auf sich ruhen spürte.
    Er bekam seine Antwort in Form einer plötzlichen Explosion wirbelnder Farben hinter seiner leeren Augenhöhle – Farben, die sich zu einem Bild zusammenfügten. Verwandte, die drei Moschusochsen anfielen, Jäger und Gejagte, die tief im Sumpf steckten, gefangen, zum Sterben verdammt. Der Blickpunkt war tief, von einer Stelle gleich außerhalb des Schlammlochs, es umkreisend, immer wieder umkreisend. Ein Winseln erfüllte Tocs Geist. Verzweifelte Liebe, die keine Antwort erhielt. Panik, die die kalte Luft erfüllte.
    Die Verwirrung eines Jungtiers.
    Flucht. Eine Wanderung über Schlammflächen und Sandbänke, durch einen sterbenden See.
    Hunger.
    Und dann stand plötzlich eine Gestalt vor dem Tier. Sie trug eine Kapuze, war in grob gewobene schwarze Wolle gekleidet; eine Hand – die bis zu den Fingern mit Lederstreifen umwickelt war – streckte sich aus. Wärme. Willkommen. Spürbares Mitleid. Eine einzige, leichte Berührung. Die Berührung eines Älteren Gottes, wie Toc begriff. Und eine Stimme: Du bist jetzt die Letzte. Die Allerletzte, und man wird dich brauchen, wenn es so weit ist …
    Deshalb verspreche ich dir, dass ich dir … einen verlorenen Geist bringen werde. Der von seinem Fleisch losgerissen wurde. Natürlich einen, der zu dir passt. Aus diesem Grunde könnte es sein, dass meine Suche ziemlich lange dauert. Geduld, meine Kleine … und in der Zwischenzeit mache ich dir dieses Geschenk …
    Die junge Wölfin schloss die Augen, schlief unverzüglich ein – und stellte fest, dass sie nicht mehr allein war. Sie rannte über eine riesige Tundra, und um sie herum waren noch andere von ihrer Art. Eine Ewigkeit voller liebevoller Träume, sorglos und voller Freude, ein Geschenk, das nur durch die wachen Stunden bitter wurde, die wachen Jahre, Jahrhunderte, Jahrtausende, die sie … allein verbracht hatte.
    Baaljagg – unangefochten unter den Ay der Traumwelt, herrschende Mutter zahlloser Kinder in einem zeitlosen Land. Kein Mangel an Jagdbeute, keine schlechten Zeiten. Aufrecht gehende Gestalten an entfernten Horizonten, nur selten zu sehen, die nie näher kamen. Verwandte, denen man dann und wann über den Weg lief. In den Wäldern Agkor, weiße Bendal, gelbhaarige Ay’tog aus dem tiefen Süden – Namen, deren Bedeutung in Baaljaggs unsterblichen Verstand eingesunken war … ewiges Flüstern jener Ay, die sich damals, zur Zeit der Zusammenkunft, zu den T’lan Imass gesellt hatten. Eine völlig andere Art von Unsterblichkeit …
    Im wachen Zustand hatten die Augen der einsamen Baaljagg mehr von der Welt gesehen als man ergründen konnte. Doch schließlich war das Geschenk gekommen, die zerrissene Seele, die zu ihrer eigenen gebracht wurde, wo sie miteinander verschmolzen, schließlich eins wurden. Und das brachte noch einmal Gefühle von Verlust und Schmerz. Das Tier suchte jetzt … etwas. So etwas Ähnliches wie … Wiedergutmachung …
    Was willst du von

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