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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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überwältigt werden. Und dann wird niemand mehr da sein, um dem Kind zu helfen. »Und wer ist dieser ›Wächter‹, Kollen?«
    Der Mann lächelte. »Ich, Hauptmann. Und nein, mein richtiger Name ist nicht Kollen.«
    Gamet trat so dicht an ihn heran, dass ihre Gesichter kaum noch eine Handbreit voneinander entfernt waren. »Wenn ihr irgendein Leid geschieht, werde ich dich finden. Und es ist mir egal, ob du eine Klaue bist oder – «
    »Ich bin keine Klaue, Hauptmann. Und was das Leid angeht, so muss ich bedauerlicherweise zugeben, dass sie ein wenig wird erdulden müssen. Es geht nicht anders. Wir müssen hoffen, dass sie unverwüstlich ist – dafür steht das Haus Paran doch auch, oder?«
    Nach einem langen Augenblick trat Gamet zurück. Er wirkte plötzlich müde. »Tötest du uns jetzt gleich oder später?«
    Der Mann zog die Brauen hoch. »Ich bezweifle, dass ich das könnte – angesichts der Armbrüste, die auf meinen Rücken gerichtet sind. Nein, aber ich muss Euch bitten, mich jetzt an einen sicheren Ort zu geleiten. Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass das Kind dem Mob in die Hände fällt. Kann ich in dieser Hinsicht auf Eure Hilfe zählen, Hauptmann?«
    »Wo ist dieser sichere Ort?«
    »In der Avenue der Seelen …«
    Gamet verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Zum Urteils-Ring. Zu den Ketten. Oh, Beru schütze dich, Mädchen. Er schritt an Rollen vorbei. »Ich werde sie wecken.«
     
    Perl stand an dem runden Tisch. Er hatte den Kopf gesenkt und beide Arme aufgestützt, während er die Schriftrolle las. Die Mandata hatte den Raum vor einem halben Glockenschlag verlassen, Faust Gamet wie ein missgestalteter Schatten an ihren Fersen. Lostara lehnte mit verschränkten Armen an der Tür, durch die Tavore und Gamet verschwunden waren, und wartete. Sie hatte die ganze Zeit geschwiegen, während Perl die Rolle sorgfältig studierte, doch ihre Wut und ihre Frustration wuchsen mit jedem Augenblick, der verstrich.
    Schließlich hatte sie genug. »Ich werde mich da nicht mit hineinziehen lassen. Unterstellt mich wieder Tene Baraltas Befehl.«
    Perl blickte nicht auf. »Ganz wie Ihr wollt, meine Liebe«, murmelte er und fügte dann hinzu: »Natürlich werde ich Euch irgendwann töten müssen – ganz bestimmt, noch bevor Ihr Eurem Kommandanten Bericht erstattet. Das sind die harten Regeln höchst geheimer Unternehmungen, wie ich Euch leider sagen muss.«
    »Seit wann tanzt Ihr nach der Pfeife der Mandata, Perl?«
    »Nun«, sagte er, schaute auf und begegnete ihrem Blick, »natürlich seit dem Augenblick, da sie ihre Loyalität gegenüber der Imperatrix eindeutig unter Beweis gestellt hat.« Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Rolle.
    Lostara machte ein finsteres Gesicht. »Tut mir Leid, aber ich glaube, den Teil der Unterhaltung habe ich verpasst.«
    »Das überrascht mich nicht«, erwiderte Perl, »denn er hat sich zwischen den Worten abgespielt, die gesprochen wurden.« Er lächelte sie an. »Genau, wie es sein sollte.«
    Mit einem Fauchen begann Lostara auf und ab zu gehen, gegen den unsinnigen Wunsch ankämpfend, ein Messer zu nehmen und all diese verdammten Gobelins mit ihren unzähligen Szenen vergangener Größe zu zerfetzen. »Das werdet Ihr mir erklären müssen, Perl«, knurrte sie.
    »Wird das Euer Gewissen denn ausreichend beruhigen, so dass Ihr wieder an meine Seite zurückkehrt? Also schön. Der Wiederaufstieg des Adels in die Gemächer imperialer Macht ist ungewöhnlich rasch erfolgt. Ja, man könnte sogar sagen, unnatürlich rasch. Es hatte fast den Anschein, als würde er von irgendjemandem unterstützt – doch von wem?, haben wir uns gefragt. Oh, es gab ständig absurde Gerüchte über die Rückkehr der Krallen. Und dann und wann ist irgendein armer Tor, der aus ganz anderen Gründen eingesperrt worden war, hingegangen und hat zugegeben, eine Kralle zu sein, aber diese Burschen waren jung und hatten den Kopf voller romantischer Ideen, waren den Verlockungen irgendwelcher Kulte verfallen und was weiß ich noch alles. Sie mögen sich Krallen nennen, doch sie reichten bei weitem nicht an die wirkliche Organisation heran, an Tanzers eigene Leute – mit denen viele von uns Klauen Erfahrungen aus erster Hand gemacht hatten.
    Wie auch immer, zurück zum vorliegenden Fall. Tavore ist von adligem Geblüt. Und es ist jetzt offenbar, dass eine Gruppe Krallen – die wirklich im Verborgenen lebt – zurückgekehrt ist, um uns heimzusuchen, und dass diese Gruppe sich des Adels bedient

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