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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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bevölkert von heiseren Vögeln mit weißen Schwingen.
    Eine Bewegung im Schilf erregte seine Aufmerksamkeit, und seine Hand glitt zum Schwertgriff, als der Kopf eines Tiers erschien, gefolgt von abfallenden Schultern. Eine Hyäne, wie man sie westlich von Aren und weitaus seltener in Karashimesh finden konnte, doch die hier war so groß wie ein Bär. Sie hob den breiten, struppigen Schädel, schnüffelte in der Luft; ihre Augen schienen zu blinzeln.
    Die Hyäne machte einen Schritt vorwärts.
    L’oric zog das Schwert aus der Scheide.
    Bei dem zischenden Geräusch bäumte das Tier sich auf, warf sich nach links und schoss ins Schilf davon.
    Er konnte an den schwankenden Halmen erkennen, wohin es sich auf der Flucht wandte, dann tauchte es wieder auf und rannte den Hang hinauf.
    L’oric steckte seine Waffe wieder in die Scheide und verließ das schlammige Ufer. Er hatte vor, den Pfad zu benutzen, den die Hyäne durch das Schilf geschlagen hatte; nach gerade mal vier Schritten stolperte er über die angenagten Überreste einer Leiche. Sie war schon ziemlich verwest, die Gliedmaßen von den Aasfressern weit um sie herum verstreut, so dass es einen Augenblick dauerte, ehe dem Hohemagier klar wurde, wie sie ausgesehen hatte. Menschenähnlich, schloss er. So groß wie ein normaler Mann, doch waren alle Hautfetzen, die noch da waren, mit einem Pelz aus feinen, dunklen Haaren bewachsen. Die Leiche war aufgeschwemmt, was darauf hindeutete, dass die Kreatur ertrunken war. Er sah sich einen Moment lang um und fand den Kopf.
    Er beugte sich zu ihm hinunter und betrachtete ihn einige Zeit reglos.
    Eine fliehende Stirn, ein kräftiger Kiefer ohne ausgeprägtes Kinn, Augenbrauenwülste, die so kräftig waren, dass sie deutlich über die tief in ihren Höhlen liegenden Augen hinausragten. Das Haar, das noch immer an ein paar Fetzen Kopfhaut hing, war kaum länger als das, was seinen Körper bedeckt hatte, und es war dunkelbraun und lockig.
    Affenähnlicher als ein T’lan Imass … und der Schädel hinter dem Gesicht ist auch kleiner. Doch dieses Wesen war deutlich größer, seine Proportionen menschlicher. Was für eine Art Mensch war das?
    Es gab keinerlei Hinweise auf irgendwelche Kleidung oder irgendeine andere Art von Schmuck. Das Wesen – ein Mann – war nackt gestorben.
    L’oric richtete sich wieder auf. Er konnte die Spur sehen, die die Hyäne im Schilf hinterlassen hatte, und er machte sich wieder auf den Weg.
    Die Bewölkung löste sich in der Wärme auf, und die Luft wurde heißer und heißer und irgendwie auch etwas trüber. Er erreichte die Grasnarbe und betrat zum ersten Mal trockenen Boden. Die Hyäne war nirgendwo zu sehen, und L’oric fragte sich, ob sie wohl immer noch davonrannte. Eine eigenartige Reaktion, dachte er, für die er keine zufrieden stellende Erklärung fand.
    Er hatte kein bestimmtes Ziel im Kopf; er war sich noch nicht einmal sicher, ob er das, was er suchte, hier überhaupt finden würde. Dies war schließlich nicht Tellann. Wenn überhaupt, war er an einen Ort gekommen, der unter Tellann lag, als hätten die Imass für ihre geheiligten Stätten solche Orte ausgewählt, an denen sie eine noch ältere Macht gespürt hatten. Er begriff nun, dass Toblakais Lichtung kein Ort war, der von dem riesigen Krieger frisch geweiht worden war, genauso wenig wie von den T’lan Imass, die er als seine Götter verehrt hatte. Die Lichtung hatte, ganz zu Anfang, zur Raraku gehört, zu der wie auch immer gearteten natürlichen Macht, die das Land besaß. Und so hatte er sich zu einem Ort der Anfänge durchgedrängt. Aber ich habe mich doch gedrängt – oder wurde ich gezogen?
    Eine Herde großer Tiere kam über einen entfernt gelegenen Hügelzug zu seiner Rechten. Die Erde zitterte, als sie schneller wurden, in wilder Panik in eine Stampede ausbrachen.
    L’oric zögerte. Sie rannten nicht auf ihn zu, doch er wusste nur zu gut, dass solche Raserei jederzeit die Richtung ändern konnte. Stattdessen wandten sie sich plötzlich in die entgegengesetzte Richtung, schwenkten wie ein einziger riesiger Organismus herum. Sie waren nun nahe genug, dass er ihre Umrisse ausmachen konnte. Die Tiere ähnelten wildem Vieh, obwohl sie größer waren und stummelige Hörner oder Geweihe trugen. Ihr Fell war weiß und gelbbraun gesprenkelt, ihre langen Mähnen schwarz.
    Er fragte sich, was sie wohl in Panik versetzt haben mochte, und richtete den Blick wieder auf die Stelle, wo die Herde zuerst aufgetaucht war.
    Und dann ging

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