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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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der Männer, die auf Frauen so verwirrend wirkten. Wo Schweigen dazu diente, Pfade zu vereinen. Wo eine Hand voll belangloser Worte den Geist zweier Wesen in unaussprechlichem gegenseitigen Einvernehmen miteinander verband. Hier waren Mächte am Werk, die sie spüren, ja, sogar sehen konnte, von denen sie aber doch immer ausgeschlossen bleiben würde. Verwirrt und enttäuscht und halb ungläubig.
    Bei Frauen wirkten Worte den Strang. Und die Sprache der Gesten und des Mienenspiels, die sich alle miteinander zu einem Geflecht verwoben, das – wie jede Frau wusste – nur aus einem Grund reißen konnte: durch absichtliche und bösartige Bemühungen. In einer Freundschaft unter Frauen gab es nur einen einzigen Feind, und der hieß Böswilligkeit.
    Also je mehr Worte, desto straffer das Geflecht.
    Seran Pedac hatte den größten Teil ihres Lebens in Gesellschaft von Männern verbracht, und wenn sie jetzt ihr Heim in Letheras besuchte – was ohnehin selten genug vorkam –, wurde sie von den Frauen, die sie kannten, mit Unbehagen betrachtet. Als hätte ihre Entscheidung ihre Loyalität in Frage gestellt und böte Anlass zu Misstrauen. Und sie hatte sich in der Gesellschaft dieser Frauen auf eine unangenehme Weise unsicher gefühlt. Sie woben andere Fäden auf anderen Rahmen und in einander widersprechenden Rhythmen. Sie kam sich zwischen ihnen schwerfällig und ungehobelt vor, gefangen in ihrem eigenen Schweigen.
    Worauf sie mit Flucht reagierte – aus der Stadt, vor ihrer Vergangenheit. Vor Frauen.
    Doch bei der Begegnung zweier Männer mit ihrem fast gleichgültigen Austausch von Grußworten wurde sie binnen eines winzigen Augenblicks beinahe körperlich spürbar einen Schritt zurückgeworfen und ausgeschlossen. Sie stand auf dem gleichen Grund und Boden, auf dem gleichen Pfad mit seinen Felsen und Bäumen, und war doch in einer anderen Welt.
    Es war zu einfach, daraus mit einem heimlichen, höhnischen Lächeln den Schluss zu ziehen, dass Männer schlicht waren. Zugegeben, wären sie Fremde gewesen, hätte es durchaus sein können, dass sie gerade jetzt umeinander herumgeschlichen wären und einander am Hintern geschnüffelt hätten. Womit sie zu Schlussfolgerungen förmlich eingeladen hätten, die alle Vorstellungen von Komplexität beiseite wischten und an ihre Stelle einen Haufen tröstlicher Verallgemeinerungen setzten. Doch die Begegnung zweier Männer, die Freunde waren, machte solche Verallgemeinerungen zunichte und widersetzte sich der darin enthaltenen Geringschätzung, was unausweichlich dazu führte, dass eine Frau wütend wurde.
    Und den merkwürdigen, boshaften Wunsch verspürte, zwischen sie zu treten.
    An einem Kiesstrand schaut ein Mann nach unten und sieht einen Stein, dann noch einen und noch einen. Eine Frau schaut nach unten und sieht … Steine. Aber vielleicht ist sogar diese Sichtweise schon zu stark vereinfacht. Männer als Einzahl und Frauen als Mehrzahl. Wahrscheinlicher ist, dass wir ein bisschen von beidem sind, etwas vom einen im anderen steckt.
    Wir geben es nur nicht gern zu.
    Er war größer als Hull, seine Schultern waren auf Augenhöhe des Letherii. Seine Haare waren braun und zu fingerlangen Zöpfen geflochten. Augen in der Farbe von nassem Sand. Eine Haut wie verschmierte Asche. Jugendliche Gesichtszüge, lang und schmal, abgesehen von dem breiten Mund.
    Seren Pedac kannte den Namen der Familie Sengar. Wahrscheinlich hatte sie bei den Delegationen, mit denen sie auf ihren drei offiziellen Besuchen bei Hannan Mosags Stamm verhandelt hatte, schon Verwandte dieses Mannes gesehen.
    »Hiroth-Krieger«, begann Buruk der Bleiche. Er schrie, um sich trotz der jammernden Nerek verständlich zu machen. »Ich heiße Euch als Gast willkommen. Ich bin …«
    »Ich weiß, wer Ihr seid«, erwiderte Binadas.
    Bei seinen Worten verstummten die Nerek, so dass einen Augenblick lang nur der Wind zu hören war, der heulend den Pass herauf wehte, und das gleichmäßige Plätschern von Schmelzwasser aus den höheren Regionen.
    »Ich bringe den Hiroth«, setzte Buruk ein zweites Mal an, »Eisenbarren …«
    »Und wollt prüfen«, unterbrach ihn Hull Beddict, »wie dick das Eis ist.«
    »Die Jahreszeit hat gewechselt«, wandte sich Binadas an Hull. »Das Eis ist von Rissen durchzogen. Es gab eine unrechtmäßige Jagd auf Stoßzähnige Robben. Hannan Mosag wird darauf reagiert haben.«
    Seren Pedac drehte sich zu dem Kaufmann um. Musterte das Gesicht von Buruk dem Bleichen. Alkohol, weißer Nektar und der

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