Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
anderen Feuerwehrautos, die sich näherten. Gott sei Dank, Hilfe war unterwegs.
King erreichte die Treppe und warf einen Blick hinunter. Durch den Qualm konnte er mehrere Feuerwehrmänner in dicken Schutzanzügen erkennen. Auf dem Kopf trugen sie Helme, vor dem Gesicht Masken und auf dem Rücken Kanister.
»Ich bin hier oben!«, schrie er. »Hierher!«
»Schaffen Sie ’s alleine nach unten?«, rief einer der Männer zurück.
»Glaub ich nicht, hier oben ist alles Rauch und Qualm!«
»Okay, bleiben Sie, wo Sie sind! Wir kommen und holen Sie. Bleiben Sie und legen Sie sich auf den Boden. Wir kommen jetzt mit den Schläuchen. Das ganze Haus brennt.«
King hörte das Sprühgeräusch von Feuerlöschern, als die Männer die Treppe heraufkamen. Ihm war speiübel, und er konnte vor lauter Rauch in seinen Augen kaum noch etwas sehen. Dann fühlte er, wie er aufgehoben und geschwind die Treppe hinuntergeschleppt wurde. Gleich darauf war er im Freien und spürte, wie sich mehrere Leute über ihn neigten.
»Alles in Ordnung?«, fragte einer.
»Gib ihm doch Sauerstoff, verdammt«, sagte ein anderer. »Er muss doch eine ganze Tonne Kohlenmonoxid eingeatmet haben.«
King spürte, wie ihm die Sauerstoffmaske aufs Gesicht gedrückt wurde, und dann hatte er das Gefühl, er würde in einen Rettungswagen gehoben. Einen Moment lang glaubte er, Michelle riefe nach ihm, doch dann wurde alles um ihn herum schwarz.
Die flackernden Lichter, das Sirenengeheul, das Sprechfunkstakkato – die ganze »Geräuschkulisse« erstarb abrupt, als der Feuerwehrmann mit der einen Hand den Hauptschalter seiner Fernbedienung umlegte und mit der anderen die Pistole aus Kings schlaffen Fingern nahm. Nun herrschte wieder absolute Stille. Der Feuerwehrmann wandte sich ab und ging zurück zum Haus, wo der Rauch bereits sichtbar nachließ. Es war ein sehr sorgfältig kontrolliertes, künstliches »Feuer« gewesen, das alle Elemente eines echten Infernos enthielt. Der Mann ging in den Keller, setzte den Zeitzünder an dem kleinen Gerät neben dem Gasrohr in Gang und verließ das Haus. Er stieg hinten in einen Lieferwagen, der sofort anfuhr. Kurze Zeit später bog das Fahrzeug auf die Hauptstraße ein, beschleunigte und fuhr in südlicher Richtung davon.
Zwei Minuten später detonierte die kleine Sprengladung in Kings Keller. Sie zerstörte das Gasrohr, und die folgende Explosion legte Sean Kings schönes Haus in Schutt und Asche, und diesmal war es kein Theaterdonner.
Der Feuerwehrmann nahm Helm und Maske ab und wischte sich den Schweiß vom Gesicht.
Buick-Mann sah auf den Bewusstlosen hinunter. Der »Sauerstoff«, den Sean King bekommen hatte, war mit einem Betäubungsmittel versetzt.
»Schön, Sie endlich zu sehen, Agent King. Darauf habe ich lange warten müssen.«
Rasch verschwand der Lieferwagen in der Dunkelheit.
KAPITEL 66
Die Explosion erschütterte die Nacht, als Michelle gerade in die lange Auffahrt zu Kings Haus eingebogen war. Sie trat die Bremse durch, Kies und Erde flogen auf, der schwere Geländewagen kam schlitternd zum Stehen. Bretter, Glas und andere Teile des zerstörten Hauses regneten herab und blockierten den Weg. Michelle sprang aus dem Wagen, noch während sie auf ihrem Handy die Notrufnummer eintippte. Sie schrie der Frau am anderen Ende zu, was passiert war und dass sofort sämtliche verfügbaren Einsatzkräfte geschickt werden müssten.
Dann rannte sie durch die Ruine, vorbei an Flammen und Rauch, und schrie ununterbrochen seinen Namen: »Sean! Sean!«
Sie holte sich eine Decke aus ihrem Wagen, hängte sie sich um und stürmte durch die Haustür – oder besser: durch das Loch, wo einst die Haustür gewesen war. Die Wand aus Rauch, die sie empfing, war undurchdringlich, und so stolperte sie, halb erstickt, wieder hinaus und fiel auf die Knie. Tief sog sie die frische Luft ein und fand einen anderen Zugang in Gestalt eines klaffenden Lochs in der Außenmauer. Drinnen bewegte sie sich kriechend vorwärts und rief alle paar Sekunden Kings Namen. Sie machte sich auf die Suche nach der Treppe, weil sie glaubte, er könne in seinem Schlafzimmer sein, aber die Treppe gab es nicht mehr. Ihre Lungen pumpten wild und taten so weh, dass sie wieder hinausgehen und saubere Luft schnappen musste.
Eine zweite Explosion erschütterte das Gebäude, und Michelle sprang, Sekunden bevor sie zusammenstürzte, von der vorderen Terrasse herunter. Die Druckwelle einer dritten Explosion warf sie in die Luft, und als sie hart auf dem Boden
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