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Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman

Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman

Titel: Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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unangenehm an ihrer Hüfte gescheuert und die Haut darunter wund gerieben. Zur Behebung des Problems hatte sich die Frau an dem kritischen Punkt eine zusätzliche Schicht Stoff in die Bluse genäht. Eine gewisse Irritation war zwar immer noch geblieben, aber damit konnte sie leben, wie mit anderen Irritationen auch. Sie hatte zufällig gehört, wie einige ihrer männlichen Kollegen darüber witzelten, dass eigentlich alle weiblichen Agenten links und rechts Schulterholster tragen sollten, denn dann sähen sie auch ohne teure Brustoperationen knackig aus – nun ja, an Testosteronmangel hatte ihr Gewerbe noch nie gelitten.
    Die Agentin Michelle Maxwell lebte stets auf der Überholspur. Noch gehörte sie nicht zum inneren Kreis der Leibwächter im Weißen Haus, die den Präsidenten der Vereinigten Staaten bewachten, aber viel fehlte ihr dazu nicht mehr. Obwohl sie erst knapp neun Jahre beim Secret Service war, hatte sie es bereits zur Einsatzleiterin gebracht. Die meisten Agentinnen und Agenten verbrachten zehn Jahre mit Fahndungsarbeit im Außendienst, ehe sie wenigstens schichtweise im Personenschutz eingesetzt wurden – Michelle Maxwell aber war es gewohnt, früher ans Ziel zu kommen als andere.
    Ihre derzeitige Aufgabe war sozusagen die Generalprobe vor dem fast sicheren Ruf ins Weiße Haus, und Michelle war beunruhigt. Dieser Aufenthalt war nicht eingeplant gewesen – es hatte also kein Vorab-Team und nur begrenzte Hintergrundinformationen gegeben. Andererseits hatte so eine Reiseplanänderung in letzter Sekunde den Vorteil, dass niemand vor Ort mit dem Besuch rechnen konnte.
    Vor dem Haupteingang legte Michelle dem hoch gewachsenen Mann resolut die Hand auf den Arm und bat ihn zu warten, bis sie und ihre Leute das Gebäude überprüft hätten.
    Im Leichenschauhaus war es still. In der Luft hing der Geruch von Tod und Verzweiflung, konzentriert vor allem in jenen Nischen des Leidens vor den Särgen in den verschiedenen Aufbahrungsräumen. An bestimmten Schlüsselstellen auf dem Weg ihres Schützlings hatte Michelle Agenten postiert – »Füße verteilt«, wie es im Jargon der Dienste hieß. Wenn man es richtig anstellte, wirkte bereits die einfache Postierung eines Bewaffneten mit Sprechfunkgerät im Eingangsbereich eines Gebäudes Wunder.
    Sie sprach ein paar Worte in ihr Walkie-Talkie, und der hoch gewachsene Mann, John Bruno, wurde hereingeführt. Michelle geleitete ihn durch den Flur, verfolgt von Blicken aus den einzelnen Aufbahrungsnischen. Ein Politiker im Wahlkampf und sein Tross waren wie eine Herde Elefanten: Nirgendwo konnten sie leise auftreten. Wo sie mit ihrer Horde von Leibwächtern, Stabschefs, Sprechern, Redenschreibern, PR-Leuten, Assistenten und anderen Hilfskräften durch die Landschaft stampften, wuchs bald kein Gras mehr. Sie boten eine Show, die, wenn sie nicht gerade zum Lachen reizte, so doch zumindest erhebliche Sorgen um die Zukunft des Landes erweckte.
    John Bruno bewarb sich um das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika und hatte nicht die geringste Chance, gewählt zu werden. Der Mann, dem man seine fünfundsechzig Lebensjahre ganz und gar nicht ansah, kandidierte für keine der großen Parteien, sondern als Unabhängiger. Dank der Unterstützung eines kleinen, aber lautstarken Prozentsatzes von Wählern, der so gut wie alles satt hatte, was der politischen Mitte lieb und teuer war, war es ihm gelungen, sich in jedem einzelnen Bundesstaat für die Präsidentschaftswahlen zu qualifizieren. Und damit stand er unter dem Schutz des Secret Service, wenngleich die Zahl der ihm zugebilligten Sicherheitskräfte nicht so hoch war wie die der aussichtsreicheren Kandidaten. Michelles Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass Bruno bis zur Wahl am Leben blieb. Mittlerweile zählte sie die Tage.
    John Bruno, ein knallharter ehemaliger Staatsanwalt, hatte sich im Laufe seines Lebens eine Menge Feinde gemacht, von denen sich zurzeit keineswegs alle hinter Schloss und Riegel befanden. Seine politische Botschaft war simpel: Er verkündete, er wolle das Volk von der Last der Regierung und der Verwaltung befreien und dem freien Unternehmertum freie Hand lassen. Und was war mit den Armen und Schwachen, die in einer Gesellschaft ungezügelten Wettbewerbs unter die Räder kamen? Nun ja, bei allen anderen Arten auf dieser Erde gingen die Schwachen eben zugrunde, während die Starken obsiegten – warum also sollte das ausgerechnet beim Homo sapiens anders sein? Es war im

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