Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
könntest.«
Er ging und hörte sie hinter sich her lachen. Als er die Treppe hinaufgestiegen war, rief sie ihm nach: »Endlich bist du erwachsen geworden, Sean! Ich bin zutiefst beeindruckt!«
Er schüttelte den Kopf und fragte sich ernsthaft, aus welcher Irrenanstalt sie ausgebrochen war.
»Danke fürs Frühstück!«, rief er zurück.
Als King geduscht und angezogen die Treppe wieder herunterkam, klopfte es an der Tür. Er sah aus dem Fenster und stellte zu seiner Überraschung fest, dass draußen ein Streifenwagen, ein Kleinbus der U. S. Marshals und ein schwarzer Geländewagen vorgefahren waren. Er öffnete die Tür.
Todd Williams, der Chef der örtlichen Polizei, war ihm persönlich bekannt – schließlich war er, King, einer von Todds ehrenamtlichen Hilfspolizisten. Todd war es sichtlich peinlich, als einer von zwei FBI-Agenten vortrat und King mit einer Geste, die aussah, als zöge er ein Springmesser, seine Dienstmarke präsentierte.
»Sean King? Nach unseren Informationen sind Sie im Besitz einer Handfeuerwaffe, die auf Ihren Namen registriert ist.«
King nickte. »Ich bin ehrenamtlicher Hilfspolizist. Die Öffentlichkeit sieht es ganz gern, wenn wir bewaffnet sind, damit wir im Falle eines Falles mit den bösen Buben fertig werden. Und?«
»Dann zeigen Sie das gute Stück mal her. Offen gesagt: Wir wollen es mitnehmen.«
King warf Todd Williams einen fragenden Blick zu. Der sah ihn an, zuckte mit den Schultern und trat dann einen großen, symbolischen Schritt zurück.
»Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«, fragte King.
»Sie waren früher Agent einer Bundesbehörde. Wir haben gehofft, dass Sie sich kooperativ verhalten werden.«
»Ich bin außerdem Rechtsanwalt, und wir Anwälte sind nicht gerade für unser kooperatives Verhalten bekannt.«
»Es liegt an Ihnen. Ich habe das Dokument bei mir.«
King hatte in seiner Agentenzeit die gleichen Tricks angewendet. Seine »Durchsuchungsbefehle« waren oft nichts weiter als sorgfältig zusammengefaltete Fotokopien eines Kreuzworträtsels aus der New York Times gewesen. »Dann zeigen Sie es mir bitte«, forderte er.
Der FBI-Mann tat, wie ihm geheißen. Das Dokument war echt. Sie wollten seine Dienstpistole.
»Darf ich fragen, warum?«
»Fragen dürfen Sie«, sagte der Agent.
Jetzt trat der Beamte vom U. S. Marshal Service vor. Er war ungefähr fünfzig Jahre alt, etwa eins fünfundneunzig groß und hatte die Figur eines Profiboxers: breite Schultern, lange Arme, gewaltige Pranken.
»Schluss mit dem Geplänkel, okay?«, sagte er zu dem Agenten, bevor er sich an King wandte. »Die Pistole soll daraufhin untersucht werden, ob sie zu dem Projektil passt, das in Jennings’ Leiche gefunden wurde. Ich gehe davon aus, dass das für Sie kein Problem ist.«
»Sie glauben, dass ich Howard Jennings in meinem Büro erschossen habe – und ausgerechnet auch noch mit meiner eigenen Dienstwaffe? Wie käme ich dazu? Aus Bequemlichkeit? Oder weil ich zu geizig bin, mir eine andere Knarre zu besorgen?«
»Wir müssen alle Möglichkeiten überprüften«, sagte der Mann friedlich. »Als Secret-Service-Agent kennen Sie doch das Prozedere.«
»Ex-Agent, wenn ich bitten darf.« Er drehte sich um. »Ich hole die Waffe.«
Der Riese legte ihm die Hand auf die Schulter. »Nein. Sie zeigen den Kollegen, wo sie sich befindet.«
»Das heißt, ich soll sie in mein Haus lassen, damit sie frisch-fröhlich Indizien für eine Anklage gegen mich sammeln können?«
»Ein Unschuldiger hat nichts zu verbergen«, fauchte der Marshal zurück. »Abgesehen davon: Niemand wird herumschnüffeln. Großes Pfadfinder-Ehrenwort!«
Einer der FBI-Agenten folgte King ins Haus. Verwundert registrierte er im Vorbeigehen das Chaos in der Küche.
»Mein Hund spielt ab und zu verrückt«, erklärte King.
Der Mann nickte. »Ich habe einen schwarzen Labrador. Er heißt Trigger. Was haben Sie für einen?«
»’ne Pitbull-Hündin. Sie heißt Joan.«
Sie gingen in sein Arbeitszimmer. King schloss die Kassette auf, in der er die Pistole aufbewahrte, und überließ es dem FBI-Mann, den Inhalt zu inspizieren. Der Agent steckte die Waffe in einen Plastikbeutel, stellte King eine Quittung aus und folgte ihm dann wieder bis vor die Haustür.
»Tut mir Leid, Sean«, sagte Todd. »Ich weiß, dass das alles nur Mist ist.« King fiel auf, dass es nicht so klang, als sei der wackere Polizeichef von seinen eigenen Worten überzeugt.
Die Fahrzeuge mit den Männern fuhren wieder ab, und Joan kam, jetzt
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