Sean King 02 - Mit jedem Schlag der Stunde: Roman
Elternschlafzimmer an; alle drei hatten den Blick auf die tote Hausherrin gerichtet.
Michelle prallte zurück, als sie sah, was man der Frau angetan hatte.
Sylvia schaute sie an und nickte. »Stigmata.«
Jean Robinsons Handflächen und Füße waren auf eine Art und Weise verletzt worden, dass die Wunden den Kreuzigungsmalen Jesu glichen. Auch lag ihr Leichnam so, wie der Gottessohn am Kreuz gehangen haben musste.
»Bobby Joe Lucas«, sagte Bailey matt. »Anfang der Siebziger hat er in Kansas und Missouri das Gleiche mit vierzehn Frauen gemacht, nachdem er sie vergewaltigt hatte.«
»Ich bin sicher«, meinte Sylvia, »dass hier keine Vergewaltigung vorliegt.«
»Ich habe nichts dergleichen behauptet. Lucas ist 1987 im Gefängnis an Herzstillstand gestorben. Und nach Aussagen des Ehemanns fehlt das Nachthemd. Das passt zum Profil unseres Mörders.«
»Wo ist Sean?«, erkundigte sich Williams.
»Unterwegs, um ein paar Fragen zu klären.«
Misstrauisch blickte Bailey sie an. »Wo?«
»Ich weiß es nicht genau.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass Batman sich ohne Robin in ein Abenteuer stürzt«, sagte der FBI-Agent spöttisch.
»Willst du ihn nicht anrufen?«, fragte Williams, bevor Michelle eine unfreundliche Erwiderung von sich geben konnte. »Er möchte bestimmt Bescheid wissen.«
»Als Roger Canney auf uns Jagd gemacht hat, ist Seans Handy kaputtgegangen.«
»Er erfährt sowieso bald davon«, sagte Sylvia. »Schlechte Nachrichten verbreiten sich jedes Mal schneller als gute.«
»Wo steckt der Ehemann?«
»Bei den Kindern«, antwortete Williams. »Zur Tatzeit war er auf der Autobahn unterwegs. Er ist Vertreter einer Hightechfirma. Er sagt, er hat kurz nach ein Uhr morgens über das Handy seiner Frau einen Anruf erhalten. Die Stimme teilte ihm mit, seine Frau wäre tot. Er hat das Handy zurückgerufen, doch ohne Erfolg. Als er über den Festnetzanschluss anrief, war die Leitung tot. Das Kabel ist zerschnitten worden, haben wir inzwischen entdeckt. Robinson hat daraufhin die Polizei verständigt.«
»Wann ist er hier angekommen?«
»Ungefähr eine Stunde nach meinen Leuten. Er war auf dem Weg zu einer Vertreterkonferenz in Washington.«
»Er fährt wohl gern spätnachts durch die Gegend?«
»Seiner Aussage zufolge wollte er vor der Abfahrt die Kinder zu Bett bringen und noch ein wenig mit seiner Frau zusammen sein«, erklärte Bailey.
»Gibt es irgendeinen Grund, ihn zu verdächtigen?«, fragte Michelle.
»Abgesehen davon, dass sich keine Hinweise auf ein gewaltsames Eindringen finden lassen, eigentlich nicht«, antwortete Williams.
»Und niemand hat etwas beobachtet?«, lautete Michelles nächste Frage.
»Nur die drei Kinder waren im Haus. Der Jüngste kann uns natürlich keine Hilfe sein. Der Älteste…«
Ein weiblicher Deputy kam ins Zimmer. »Chef, ich habe gerade die Befragung Tommys abgeschlossen, des zweitältesten Jungen. Er sagt, er sei in der Nacht aufgewacht und habe seinen Vater im Haus gesehen. Um welche Uhrzeit, weiß er nicht. Sein Vater soll ihm gesagt haben, er hätte etwas vergessen und Tommy sollte wieder ins Bett gehen.«
Kaum hatte sie ausgesprochen, kam ein anderer Deputy ins Zimmer geeilt. »Das hier haben wir im Keller gefunden, in einem Abflussrohr.«
Sie legten den Plastik-Einkaufsbeutel auf den Esstisch und betrachteten durch das Klarsichtmaterial den Inhalt.
»Eine Christophorus-Medaille, ein Nabelring, ein goldenes Fußkettchen und ein Amethystring«, zählte Williams die Gegenstände auf.
»Sämtliche Gegenstände, die den ersten fünf Opfern weggenommen wurden«, sagte Bailey.
Unverzüglich wandte Williams sich an einen der Deputys. »Harold Robinson ist sofort festzunehmen.«
KAPITEL 83
Kings erster Besuch galt einem befreundeten Arzt in Lynchburg, der auch als angesehener Pathologe galt. Eingehend besprachen sie die Ergebnisse der an Battle durchgeführten Autopsie. Mittlerweile lag ein detaillierter Bericht Sylvias vor, der auch die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung sowie der mikroskopischen Begutachtung des Battle’schen Hirngewebes einschloss.
»In Anbetracht des festgestellten Umfangs der ungewöhnlichen Verrunzlung der Halsschlagader und der mikroskopisch feinen, krankhaften Veränderungen des Gehirns kann ich es keinesfalls verneinen, Sean«, fasste Kings gelehrter Freund zu guter Letzt zusammen. »Auf alle Fälle sind es bekannte Symptome dieser Krankheit.«
»Kann es auf einen Fötus übergreifen?«
»Du meinst, durch die
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