Sean King 03 - Im Takt des Todes
los, konnte den Schreien aber nicht entfliehen. Der Flur war glatt, und sie rutschte aus. Beim Sturz schlug ihre Prothese gegen das gesunde Bein und schnitt in die Haut. Sie ließ sich auf den Boden sinken und schluchzte leise, während Seans Schreie durch den leeren Flur hallten.
»Es tut mir leid, Viggie«, schniefte Alicia. »Es tut mir leid.«
90.
D rei weitere Tage war Sean gezwungen, in Habachtstellung zu stehen oder sich auf die Stuhlkante zu hocken. Er bekam kaum etwas zu essen, und ein Becher Wasser war seine einzige Ration am Tag, gerade genug, um ihn am Leben zu erhalten. Dreimal wurde er wieder zu dem Sarg gebracht. Wann immer er einzuschlafen drohte, wurde ihm in die Seite gestochen oder ein Wasserstrahl auf ihn gerichtet. Ohrenbetäubende Musik wurde ohne Vorwarnung in seine Zelle gelassen und dröhnte stundenlang. Auch leiteten sie Strom in seine Zelle, sodass er jedes Mal einen leichten Schlag bekam, sobald er sein Bett, die Wand oder bestimmte Stellen am Boden berührte. Schließlich kauerte er nur noch zitternd in einer Ecke und hatte Angst, sich zu bewegen. Sein Bauch war leer, seine Haut wund, und sein Geist drohte zu zerbrechen.
Nach seinem letzten Ausflug in den Sarg wachte er zwei Stunden später in seiner Zelle wieder auf und schaute sich um. Er wusste nicht mehr, wie lange er schon hier drin war. Es hätten Tage, Wochen oder gar Jahre sein können. Sein Hirn verweigerte ihm schlicht den Dienst. Als die Zellentür sich öffnete, begann er zu schluchzen. Er hatte Angst vor dem, was sie ihm als Nächstes antun würden.
»Hallo, Sean. Willst du jetzt ein braver Junge sein?«, fragte Valerie.
Er konnte nicht einmal mehr den Kopf heben.
»Deine Freundin ist aus härterem Holz geschnitzt. Die haben wir nie zum Weinen gebracht.«
Nun schaute er auf. »Wo ist Michelle?«
»Darüber solltest du dir nun wirklich keine Sorgen machen. Oder, kleiner Mann?«
Als Sean diese eiskalte Frau anschaute, ihr arrogantes Gesicht und ihre selbstbewusste Körperhaltung sah, wurde die Furcht von Wut verdrängt. Sean drückte die Hand an die Wand, um sich abzustützen, und ehe jemand reagieren konnte, stieß er sich ab und war über ihr, die Hände um ihre Kehle gelegt. Er wollte sie töten, jedes Quäntchen Arroganz aus diesem hässlichen, niederträchtigen Miststück herausquetschen.
Wachen zerrten Sean von Valerie herunter und stießen ihn in die Ecke. Als er sich wieder aufsetzte, stand Valerie an der gegenüberliegenden Wand. Sie wirkte gefasst, doch er konnte die Angst in ihren Augen sehen. Und dieser kleine Triumph war alles, was er im Augenblick brauchte.
Sean stand auf zitternden Beinen, stützte sich an der Wand ab und sagte: »Das ist ein hässlicher blauer Fleck, Valerie. Vielleicht solltest du dich auch mal in den Sarg legen. Es heißt, Sauerstoffentzug sei gut bei Würgemalen … falls du nicht erstickst, heißt das.«
»Wenn du glaubst, dass es bis jetzt schon schlimm gewesen ist«, zischte sie, »dann warte nur ab.«
»Wo ist Michelle?«
»Du solltest dir keine Sorgen darum machen.«
»Sie ist meine Partnerin und Freundin; aber ich nehme an, so etwas wie Freundschaft und Partnerschaft ist dir unbekannt.« Er schaute zu einem der Wachmänner, einem jungen Burschen mit kurzen blonden Haaren und kräftigen Muskeln. »He, Junge, du solltest hoffen, die Dame hier nicht zu verärgern. Sonst nennt sie dich vermutlich noch einen Spion und foltert dich, und du könntest nichts dagegen tun.«
Der Mann schwieg, doch Sean sah einen Hauch von Zweifel in seinen Augen, als er verstohlen zu seinem Boss schaute.
Sean drehte sich wieder zu Valerie um. »Wo ist Michelle?«, rief er. Er hatte gar nicht gewusst, dass er noch so viel Kraft in der Lunge hatte.
»Ich sehe schon, wir werden noch eine Menge Arbeit mit dir haben.«
»Ich habe Freunde bei der CIA . Die Agency hat das hier nie im Leben sanktioniert. Dafür wirst du im Knast verrotten!«
Valerie schaute ihn kalt an. »Ich tue nur meinen Job. Du bist derjenige, der dieses Land zum Einsturz bringen will. Du bist der Feind. Du bist hier eingebrochen. Du bist ein Spion. Du bist ein Verräter.«
»Und du bist voll Scheiße.«
»Wir haben sogar Beweise dafür, dass du an Drogenschmuggel beteiligt warst.«
»Oh, und das kommt ausgerechnet von dir .«
»Wenn wir mit dir fertig sind, wirst du uns alles sagen, was wir wissen wollen.«
»Ihr könnt mich durch Folter vielleicht zwingen zu sagen, was ihr hören wollt, an der Wahrheit ändert das
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