Sean King 03 - Im Takt des Todes
hingegen sucht jedes einzelne Atom parallel nach der richtigen Antwort. Wenn Sie also die Quadratwurzel jeder Zahl von eins bis hunderttausend wissen wollen, dann platzieren sie sämtliche Zahlen auf einer Reihe von Atomen und manipulieren die Atome mit Energie. Anschließend müssen Sie sehr, sehr schnell Ihre Beobachtungen machen, da der Prozess der Beobachtung selbst schon den Zustand verändert. Sind alle diese Bedingungen erfüllt, erhalten Sie sämtliche Antworten zur gleichen Zeit – und das in Millisekunden.«
»Ich verstehe nicht, wie das möglich sein soll.«
Ein Schatten zog über Champs Gesicht. »Natürlich nicht! Sie sind schließlich kein Genie. Aber kommen wir wieder zu etwas zurück, das Sie verstehen könnten. Ein Supercomputer wie dieses Ungetüm Q ernährt sich von Daten in 64-bit-Häppchen. Bringen wir also eine Reihe von 64 Atomen zusammen. Erinnern Sie sich daran, dass Q ein Morgen groß ist? 64 Atome hingegen sind kaum sichtbar. Ein 64-Atom-Quantencomputer kann theoretisch achtzehn Quintillionen Berechnungen simultan durchführen im Gegensatz zu den armseligen dreißig Trillionen pro Sekunde von Q.«
Sean schnappte nach Luft. »Achtzehn Quintillionen? Ist das wirklich eine Zahl?«
»Ich will versuchen, das für Sie in einen Kontext zu setzen. Um der Rechenleistung dieser 64 mikroskopisch kleinen Energieteilchen zu entsprechen, müsste Q eine Fläche einnehmen, die der fünfhundertfachen Sonnenoberfläche gleichkommt, um sämtliche notwendigen Chips unterzubringen.« Er lächelte verschmitzt. »Natürlich müssten Sie dann auch noch einen Weg finden, mit dem Hitzeproblem fertig zu werden. Jetzt wissen Sie, warum Größe in der Computerwelt von so immenser Bedeutung ist – nur dass hier klein besser ist als groß.«
»Und Monk Turing war mit all diesen Dingen vertraut?«, fragte Sean.
»Ja. Er war ein sehr begabter Physiker.«
»Und das, was er wusste, hätte man verkaufen können?«
»Es könnte durchaus Leute geben, die bereit wären, dafür zu zahlen.«
»Hat Ihnen gegenüber je irgendjemand erwähnt, dass es Spione in Babbage Town geben könnte?«
Sean fragte es bewusst beiläufig, um die Reaktion des Mannes zu sehen.
»Wer hat Ihnen das gesagt?«
»Dann wissen Sie also von potenziellen Spionen?«
»Nein … ich meine … nun, möglich ist es schon«, antwortete Champ zögernd. Er war blass geworden.
»Beruhigen Sie sich, und sagen Sie mir die Wahrheit.«
Champ sträubte sich ein wenig. »Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob es hier Spione gibt oder nicht. Und das ist die Wahrheit.«
»Aber falls es welche geben sollte, hinter was wären sie her?«
»Wir haben hier ungeheure Datenmengen aus jahrelanger Forschung, Trial and Error … Daten, die ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Tatsächlich nähern wir uns der Antwort auf unsere Fragen.«
»Und das ist wertvoll.«
»Unbezahlbar!«
»Wäre es die Sache auch wert, einen Krieg dafür zu riskieren?«
Champ starrte ihn an. »Bei Gott, ich hoffe nicht, aber …«
»Monk Turing ist vor acht oder neun Monaten ins Ausland gefahren. Sie müssen seinen Urlaub genehmigt haben. Wissen Sie, wo er gewesen ist?«
»Nein, aber er hat gesagt, er müsse in einer Familienangelegenheit fort. Sie glauben doch nicht etwa, dass Monk Turing ein Spion war?«
Sean antwortete nicht darauf. Er schaute zu einer Arbeiterin, die gerade die Baracke verließ. Als die Frau durch die Tür ging, blinkte kurz eine Lichttafel daneben. Sean hatte die Tafel beim Hereinkommen gar nicht bemerkt.
»Was ist das?«
»Ein Scanner«, antwortete Champ. »Er zeichnet automatisch auf, wer wann geht.«
»Ja, stimmt. Len Rivest hat mir von dem Computerlog erzählt. Auf diese Weise hat man auch Monk Turings Bewegungen nachvollziehen können. Also brauchen wir nur den Computer zu fragen, wann Sie gestern Nacht gekommen und wieder gegangen sind.«
Champ wollte gerade etwas darauf erwidern, als plötzlich die Tür aufflog, Sheriff Hayes rauschte mit einem gequält dreinblickenden Sicherheitsmann herein.
»Ich habe Sie überall gesucht«, sagte Hayes außer Atem zu Sean. »Wir sind zu einem Meeting bestellt«, fuhr er fort. »Sofort. Mit Ian Whitfield. Das heißt, eigentlich hat er nur mich gebeten zu kommen, aber ich will Sie dabei haben.«
»Wer ist Ian Whitfield?«, fragte Sean.
»Er leitet Camp Peary«, antwortete Hayes. »Wir sollten uns beeilen.« Er schaute Sean scharf an. »Sie kommen doch mit, oder?«
»Ich komme.«
37.
N achdem sie sich durch ein
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